Sie interessieren sich für eine Phytotherapie-Ausbildung?
Phytotherapie – die Anwendung von Heilpflanzen – ist ein faszinierendes Fachgebiet, doch müssen Sie wissen: Phytotherapie ist kein geschützter Begriff. Jede und jeder kann eine Phytotherapie-Ausbildung anbieten, weil es dafür keine Qualitätskontrollen gibt. Weder bei den Ausbildungs-Instituten noch bei den Dozentinnen und Dozenten. Daher ist es empfehlenswert, dass Sie sich vertieft mit Fragen der Qualität auseinandersetzen, wenn Sie Interesse an einer Phytotherapie-Ausbildung haben. Dieser Text soll dazu Anregungen vermitteln. Er dürfte auch nützlich sein für Ausbildungen in anderen Verfahren der Naturheilkunde oder  in komplementärmedizinischen Methoden.

Phytotherapie als Begriff stammt ursprünglich aus der ärztlichen Anwendung von Heilpflanzen gestützt auf wissenschaftliche Erkenntnisse. Als Pionier der Phytotherapie in diesem Sinne gilt im deutschsprachigen Raum der Internist Dr. med. Rudolf Fritz Weiss (1895-1991). Er prägte mit seinem “Lehrbuch der Phytotherapie” und mit Heilpflanzenkursen für die ärztliche Weiterbildung über Jahrzehnte dieses Fach.
Weil Phytotherapie aber kein geschützter Begriff ist wird zunehmend jede Behandlung mit Heilpflanzen so bezeichnet. Dadurch wird der Begriff allerdings verwässert und verschwommen, weil nun verschiedenste Theorien und Überzeugungssysteme damit verbunden sein können.

Daraus folgt:

Wer eine Phytotherapie-Ausbildung machen will, müsste eigentlich genau nachfragen, auf welchen Grundlagen das vermittelte Wissen basiert. Wo kommt dieses Wissen her? Wer hat es zusammen getragen? Wer hat es überprüft? Wie wurde es überprüft?
Dabei wird man dann oft hören, dass dieses Wissen auf Jahrtausende alten Erfahrungen beruht. Eine solche Antwort ist zwar wohltönend, aber nichts sagend. Erfahrungen können sich auch über Jahrtausende irren – sie taten das jedenfalls oft. Fragen Sie also genauer nach, wenn Sie mit nebulösen Antworten abgespiesen werden.

Fehlende Qualitätskontrollen bei Phytotherapie-Ausbildungen

Mir scheint, dass sich die “normale” Bevölkerung wohl kaum eine Vorstellung davon machen kann, wie fundamental der Mangel an Qualitätskontrolle im Bereich von Naturheilkunde – Pflanzenheilkunde – Komplementärmedizin ist. Irgendwie schliesst man ja aus den Erfahrungen mit anderen Schulen, dass es genauer definierte Stoffpläne gibt, dass Dozierende gewisse fachliche Bedingungen erfüllen und Prüfungsfragen ein kontrolliertes Niveau haben. Davon sind wir im Bereich der Phytotherapie-Ausbildung meilenweit entfernt (das gilt aber auch für andere Bereiche der Naturheilkunde / Komplementärmedizin).

Meine eigene Grundlage im Bereich Heilpflanzenkunde / Phytotherapie basiert auf der vierjährigen Drogistenlehre und dem Studium an der Höheren Drogistenschule in Neuenburg. Ich bin seit 1983 spezialisiert auf Phytotherapie und habe das ganze Fachwissen in diesem Gebiet intensiv recherchiert für mein Buch “Heilpflanzen-Therapie” (2. Aufl. 1984, vergriffen). Während meiner Tätigkeit als Dozent für Phytotherapie an der Akademie für Naturheilkunde in Basel von 1994-2005 arbeitete ich acht Jahre lang zu 50% nur für die Erstellung von fundierten Kursunterlagen.

Phytotherapie

Ich glaube daher, dass ich einen guten Boden habe im Bereich Phytotherapie. Ich schreibe das nicht, um mich hochzujubeln. Doch im nachhinein erschüttert es mich ziemlich, wie ungeprüft ich zu diesem Lehrauftrag als Dozent an der Akademie gekommen bin. Während über zehn Jahren als Phytotherapie-Dozent innerhalb dieser Naturheilkunde-Ausbildung hat sich eigentlich nie eine Schulleitung oder eine andere Kontrollinstanz ernsthafter dafür interessiert, was ich da im Unterricht genau vermittle. Mit einer solchen Kontrolle wären die Schulleitungen auch fachlich überfordert gewesen. Als einzige Kontrolle könnte noch gelten, dass die Studentinnen und Studenten nach diesem 4jährigen Vollzeitstudium kantonale Prüfungen bei der Sanitätsdirektion ablegten, doch waren die Prüfungsexpertinnen und -experten dort in der Regel deutlich schlechter ausgebildet als die Prüflinge.

Und meine Beobachtungen zeigten mir über viele Jahre eine mangelhafte bis fehlende Qualitätskontrolle bei Dozentinnen und Dozenten in den Bereichen Naturheilkunde, Komplementärmedizin und Pflanzenheilkunde. Ich habe in dieser Zeit fundierte, aber auch total fragwürdige Dozentinnen und Dozenten getroffen.
Das alles ist eigentlich aus der Perspektive von Qualitätssicherung ein Desaster. Immerhin geht es doch um die Gesundheit von Patientinnen und Patienten.

Dann gibt es im Bereich der Naturheilkunde ja noch das Erfahrungsmedizinische Register (EMR), das im Auftrag von einigen grösseren Krankenkassen festlegt, wer von den Praktizierenden im Gebiet Naturheilkunde Leistungen über die Zusatzversicherung abrechnen darf und wer nicht. Das EMR erweckt den Eindruck, dass es diese Unterscheidung macht, indem es sich auf Qualitätskriterien stützt. Das ist irreführend, weil das EMR eigentlich hauptsächlich die konsumierten (und bezahlten) Ausbildungsstunden zusammenzählt. Die Qualität dessen, was in diesen Stunden vermittelt wird oder gar das Prüfungsniveau interessieren das EMR nicht.
Diese Art von Qualitätskontrolle ist eine reine Farce.

Zusammenfassend gilt für Phytotherapie-Ausbildungen (aber auch für andere Ausbildungen im Bereich Naturheilkunde / Komplementärmedizin):

Sie haben keinerlei Gewähr für Qualität beim vermittelten Inhalt und bei den Dozierenden. Sie können die Qualität letztlich nur selber prüfen, was aber nicht einfach ist, wenn man sich in einem Fachgebiet nicht auskennt. Fragen Sie deshalb kritisch nach. Wenn Sie auf kritische Fragen von Schulleitungen oder Dozierenden genervte oder ausweichende Antworten bekommen, dann sollte ein Warnlämpchen aufleuchten.

Eine Checkliste mit Anregungen zur Überprüfung der Qualität finden Sie hier:

Heilpflanzen-Kurse: Die Checkliste – so prüfen Sie die Qualität!

Pflanzenheilkunde: Woran Sie fragwürdige Aussagen erkennen können

Meines Erachtens braucht es bezüglich der Ausbildungen im Bereich von Naturheilkunde – Pflanzenheilkunde – Komplementärmedizin eine intensive Auseinandersetzung um die Frage von Qualität und Qualitätssicherung.

Ein weiterer Beitrag zu diesem Thema:

Naturheilkunde-Ausbildung: Mehr kritisches Denken – weniger blinden Dogmatismus

Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde

Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz

Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Kräuterexkursionen in den Bergen / Heilkräuterkurse

www.phytotherapie-seminare.ch

Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Klinik, Palliative Care

Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch

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