Ein Inhaltsstoff aus Heidelbeeren wirkt in einem Laborexperiment genauso effektiv wie gebräuchliche Cholesterinsenker, ohne aber deren Nebenwirkungen zu verursachen. Das berichteten Agnes Rimando vom amerikanischen Landwirtschaftsministerium und ihre Kollegen an einer Konferenz der Amerikanischen Gesellschaft für Chemie (ACS) in Philadelphia.
Die Forscher hatten in Heidelbeeren verschiedene Inhaltsstoffe identifiziert, die chemisch dem bereits aus Trauben und anderen roten Beeren bekannten Antioxidationsmittel Resveratrol ähnelten. Die gefundenen Substanzen wurden von den Wissenschaftlern auf ihre Fähigkeit getestet, in kultivierten Zellen ein bestimmtes Protein namens PPAR-alpha-Rezeptor zu aktivieren. Dieser Rezeptor spielt eine wichtige Rolle bei der Regulation des Cholesterinspiegels und ist auch der Angriffspunkt verschiedener heute verwendeter cholesterinsenkender Arzneimittel.
Besonders effektiv in diesen Experimenten an Rattenleberzellen war das so genannte Pterostilben, ein Stoff, der ebenfalls schon aus roten Trauben bekannt ist: Es aktivierte den Rezeptor ebenso wirksam wie Ciprofibrat, ein kommerziell erhältlicher Wirkstoff gegen zu hohe Cholesterinwerte. Die Heidelbeer-Substanz hatte aber einen entscheidenden Pluspunkt gegenüber dem Vergleichswirkstoff: Sie wirkte ausschließlich auf den Rezeptor ein, während Ciprofibrat daneben auch noch andere Stoffwechselprozesse in den Zellen beeinflusste.
Diese breitere Wirkungsweise sei der Grund, warum Wirkstoffe wie Ciprofibrat einige unangenehme Nebenwirkungen wie Muskelschmerzen und Übelkeit verursachen, schreiben die Forscher. Pterostilben dagegen wirke viel genauer und sollte demnach wenige bis gar keine unerwünschten Nebeneffekte zeigen. Doch auch wenn die bisherigen Resultate sehr vielversprechend seien, müsse sich erst noch zeigen, ob der Heidelbeer-Inhaltsstoff im Organismus genauso wirke wie im Experiment, dämpfen Rimando und ihre Kollegen verfrühte Erwartungen.
Jedenfalls können die Forscher noch nicht sagen, wie viele Heidelbeeren gegessen werden müssen, um allenfalls den Cholesterinspiegel zu senken.
Quelle: www.wissenschaft.de
Kommentar: Inhaltsstoff aus Heidelbeeren wirkt wie Cholesterinsenker
Heidelbeeren gehören zu den vielfältigsten Heilpflanzen.
Wegen ihrem Gehalt an Gerbstoffen wirken getrocknete Heidelbeeren gegen Durchfall.
Im Mittelpunkt der Forschung stehen heute aber die blauen Farbstoffe aus der Gruppe der Anthocyane. Hier wurden Stoffe gefunden, die ausgeprägt als Antioxidantien wirken und möglicherweise entzündungswidrige Effekte im Darm entfalten. Beschrieben wurden auch durchblutungsfördernde Effekte auf die Kapillargefässe, zum Beispiel bei Augenerkrankungen.
Der Bericht über cholesterinsenkende Effekte des Inhaltsstoffes Pterostilben aus der Heidelbeere ist interessant, doch relativieren die Forscher die Erwartungen ja selber. Es ist relativ einfach und vergleichsweise billig, im Labor mit irgendwelchen Pflanzen irgendwelche Reaktionen zu bekommen. Ob die ganze Sache dann auch am lebendigen Menschen noch genauso wirkt, bleibt auch hier ungeklärt.
Darum ist es ausgesprochen wichtig, dass man bei Schlagzeilen über wunderbare neue Forschungsergebnisse immer genau nachfragt, ob die Erkenntnisse aus dem Labor stammen oder aus Untersuchungen mit Patienten. Das gilt auch für Heilungsversprechungen aus dem Umfeld von Naturheilmitteln, bzw. aus Phytotherapie und Pflanzenheilkunde.
Aus dem Bereich der Heilpflanzen gilt übrigens die Artischocke (Cynara scolymus) als bezüglich cholesterinsenkender Wirkung am besten durch Patientenstudien dokumentiert. Dies trifft allerdings nur auf wenige der angebotenen Artischocken-Präparate zu.
Ein gewisser cholesterinsenkender Effekt könnte auch erwartet werden von Haferkleie, Flohsamen, Guar, Bockshornkleesamen und Pektin.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Kräuterexkursionen in den Bergen / Heilkräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Klinik, Palliative Care
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