Ärzte verordnen Antibiotika häufig nicht korrekt. Eine Untersuchung an drei Walliser Spitälern fand über einen Drittel unnötige Verschreibungen. Und war eine Antibiotikatherapie sinnvoll, verschrieb sie der Arzt in fast der Hälfte aller Fälle nicht korrekt.
Die Forscher um Nicolas Troillet vom Zentralinstitut der Walliser Spitäler untersuchten die Krankenakten von total 600 Patienten, denen zwischen November 2002 und April 2003 ein Antibiotikum verordnet worden war. Sie kamen zum Resultat, dass ein Antibiotikum nur in 62,9 Prozent der Fälle das Mittel der Wahl war.
Viele unnötige Verschreibungn gab es bei Patienten mit akuter Bronchitis, wie die Forscher im Fachmagazin „Journal of Hospital Infection“ berichten. Auch bei – zumeist älteren – Patienten mit Bakterien im Urin, jedoch ohne Infektionssymptome, griffen die Ärzte häufig auf Antibiotika zurück.
Antibiotikabehandlung
War eine Antibiotikabehandlung angezeigt, bekamen die Patienten nur in 55,1 Prozent das richtige Antibiotikum in der richtigen Dosierung und für die richtige Dauer. Zudem entschieden sich die Mediziner oft fälschlich für Tabletten statt für eine Injektion.
Die Wissenschaftler stellten fest, dass in der Studie die unnötig verordneten Antibiotika 20 Prozent der Gesamtkosten ausmachten. Diese Ausgaben könnten vollständig vermieden werden. Sie fanden jedoch auch, dass die unnötigen Medikamente deutlich günstiger waren als die ungeeigneten – wahrscheinlich, weil sie häufiger oral verabreicht werden.
Beim Vergleich zwischen den ungeeigneten und den richtigen Antibiotika ergibt sich ein weniger deutliches Bild: ungeeignete waren im Durchschnitt teurer, der Unterschied jedoch nicht signifikant. Trotzdem: Für die Wissenschaftler ist dies ein guter Grund, um Massnahmen für eine höhere Verschreibungsqualität voranzutreiben.
http://www.medical-tribune.ch/deutsch/news/news.php, 13. 2. 2009
Kommentar: Jedes dritte Antibiotikum unnötig verordnet
Die Resultate dieser Studie sind eindrücklich. Angesichts der weltweit zunehmenden Resistenzprobleme mit Antibiotika stellt sich die Frage, ob die Qualitätssicherung der Ärztegesellschaften hier versagt hat und ob die Weiterbildung den fachlichen Ansprüchen genügt.
Die Resistenzprobleme sind schon seit Jahren ein Thema. Meines Erachtens müsste ein solch niederschmetterndes Studienresultat Konsequenzen haben. Und das nicht nur im Wallis.
Dabei ist es mir wichtig festzuhalten, dass ich dies nicht aus einer Feindbildhaltung gegenüber der “Schulmedizin” heraus schreibe, wie sie leider in der Naturheilkunde-Szene weit verbreitet ist. Ich bin überzeugt davon, dass Antibiotika in vielen Fällen wichtige und lebensrettende Medikamente sind.
Im Übrigen könnte die Phytotherapie an manchen Punkten eine sinnvolle Alternative zu unnötigen Antibiotika-Behandlungen bieten. Zum Beispiel bei zwei Problempunkten, welche die Studie anspricht:
Bei akuter Bronchitis könnte beispielsweise Umckaloabo oder Meerrettichwurzel in Frage kommen.
Bei Bakterien im Urin und bei leichteren Fällen von Blasenentzündung (Zystitis) zeigt Preiselbeersaft eine gute Wirkung, und ebenfalls die Meerrettichwurzel.
Es wäre Zeit, an solchen Punkten über seriöse Alternativen aus der Phytotherapie ernsthaft nachzudenken. Das kann man nämlich, ohne dabei in eine extreme “Antibiotika-nie!”-Haltung zu fallen. Differenziertes Denken ist gefragt – und zwar auf Seiten von Medizin und Naturheilkunde.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Kräuterexkursionen in den Bergen / Heilkräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Klinik, Palliative Care
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
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