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Zur Geschichte der Heilpflanzen: Fenchel

Phytotherapie

Avatar-FotoMartin Koradi16.07.2009

Die Nutzung von Heilpflanzen begleitet den Menschen wohl seit seinen Anfängen. Phytotherapie verbindet die Erfahrungen traditioneller Pflanzenheilkunde mit den Erkenntnissen moderner Arzneipflanzenforschung. Dieser weite Bogen ist einer der vielen spannenden Aspekte der Phytotherapie.
Eine interessante Figur aus der Geschichte der Heilpflanzen ist der Abt Walahfrid Strabo vom Benediktinerkloster Reichenau. Nachfolgend einen gekürzten und überarbeiteten Text aus der “Ärztezeitung”, welcher auf den Fenchel Bezug nimmt:

Aus dem so genannten “Hortulus” (11. Kapitel), verfasst um 830 oder um 840; geschrieben von Walahfrid Strabo:

 

(De cultura hortorum. Über den Gartenbau. Lateinisch-Deutsch. Übersetzt und herausgegeben von Otto Schönberger. Stuttgart: Reclam 2002, Seite 21.):

“Fenchel (Foeniculum).
Auch sei der Ruhm des Fenchels nicht verschwiegen, der mit kräftigem Spross emporwächst und die Arme der Zweige weit ausstreckt; er schmeckt ziemlich süß und verbreitet auch recht süßen Duft. Wenn Schatten die Augen verdunkeln, soll er nützlich sein; auch soll sein Samen, getrunken mit der Milch einer Mutterziege, Blähungen im Bauch lindern, soll auch prompt die Verstopfung des zaudernden Leibes lösen. Zudem vertreibt die Wurzel des Fenchels, vermischt mit Lenaeischem Trank [1], den keuchenden Husten.”

[1] Das heißt: Wein.

Walahfrid Strabo (809-849) war ab 839 Abt des Benediktinerklosters auf der Reichenau, wo er auch begraben liegt. Sein Lehrgedicht über den Kräutergarten umfasst 23 Heilpflanzen und zeigt, wie heutige Gewürz-, Gemüse- und Zierpflanzen damals vor allem als Heilpflanzen angesehen wurden. Der “Hortulus” zählt zu den bedeutendsten botanischen Werken des Mittelalters.

Der Fenchel (Foeniculum vulgare) ist eine der wichtigsten Heilpflanzen der Pharmaziegeschichte. Er wird von der Antike bis in die Gegenwart verwandt, unter anderem als Magenmittel, Diuretikum, Augenarznei.
Die Samen des Wasserfenchels – in alten Kräuterbüchern als heilkräftig gepriesen – kamen erst um 1880 in die Apotheken, als Mittel gegen Husten und Schwindsucht sowie zur Linderung von Blähungen und als Diuretikum.

Quelle: www.aerztezeitung.de

Kommentar: Fenchel

Interessant ist hier die Erwähnung des Wasserfenchels.
Als Wasserfenchel? wird Oenanthe aquatica bezeichnet, ein ?Doldengewächs.
Er wächst in stehenden und fließenden Gewässern, in Röhricht, in Gräben und Tümpeln bis zu einer Wassertiefe von 1 m. ?Wasserfenchel ist fast in ganz Europa verbreitet, in der Schweiz nur in gewissen Regionen im Jura und in der Umgebung von Schaffhausen.
Er enthält Oenanthotoxin.?Eine Vergiftung mit Wasserfenchel kann durch Verwechslung mit der Wilden Möhre geschehen. ?Es können Krampfanfällen auftreten; die Symptome einer Wasserfenchelvergiftung sind mit einer Vergiftung durch Wasserschierling vergleichbar, jedoch milder.
Wasserfenchel wird heute nicht mehr als Heilpflanze verwendet, was angesichts seines Giftpotenzials wohl sehr angezeigt ist. Lernen lässt sich daraus auch, dass nicht jede Empfehlung in alten Kräuterbüchern unbesehen übernommen werden sollte.
Foeniculum vulgare ist dagegen unter der Bezeichnung Fenchel immer noch eine bedeutende Gewürzpflanze und Heilpflanze. Er wurde sogar zur Heilpflanze des Jahres 2009 erkoren.

Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde

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