Zur Prävention von Herzattacken bei Menschen ohne Vorerkrankungen halten sich die Vor- und Nachteile einer langfristigen Aspirin-Einnahme die Waage. Eine vorbeugende Verabreichung des Medikamentes bei diesen Menschen (Primärprävention) ist demnach nicht sinnvoll. Anders sieht es aus bei Patienten, die schon an einer Gefäßverschlusskrankheit leiden (Sekundärprävention).
Das geht laut dem Fachmagazin „The Lancet“ aus einer Analyse von sechs Studien zur Primärprävention und 16 Studien zur Sekundärprävention mit insgesamt 112 000 Teilnehmern hervor, die von Wissenschaftlern der Universität Oxford durchgeführt wurde.
Bei Menschen ohne Vorerkrankungen reduziert Aspirin die Wahrscheinlichkeit, eine Herzattacke zu erleiden, um etwa ein Fünftel. Allerdings steigert der Wirkstoff auch das Risiko innerer Blutungen um etwa ein Drittel. Deshalb ist der langfristige Aspirin-Einsatz zur Prävention wenig sinnvoll. In der Sekundärprävention überwiegen aber die Vorteile gegenüber den geringen Risiken.
Nach Angaben der Wissenschaftler sind darum allgemeine Behandlungsrichtlinien, die den routinemäßigen Einsatz von Aspirin bei allen gesunden Personen befürworten, scheinbar nicht gerechtfertigt. Zudem betonen die Forscher, dass neben der medikamentösen Behandlung die Wichtigkeit geänderter Lebensführung nicht vergessen werden darf. Bei einem erhöhten Herzinfarkt- oder Schlaganfallrisiko sollten stets die notwendigen Veränderungen in der Lebensführung vorgenommen werden, dazu zählen das Einstellen des Rauchens, eine Umstellung der Ernährung auf ausgewogene und gesunde Kost sowie regelmäßige körperliche Bewegung.
Quelle:
http://de.news.yahoo.com/12/20090602/thl-aspirin-kein-nutzen-vorbeugender-ein-d343981.html
Kommentar & Ergänzung: Aspirin
Vorbeugen ist besser als Heilen”, sagt der Volksmund. Und irgendwie leuchtet dieser Spruch ja auch sofort ein.
Trotzdem ist es aber sehr wichtig, dass wir in jedem Einzelfall prüfen, ob eine präventive Massnahme auch sinnvoll ist. Unter dem Stichwort “Vorbeugung” wird uns nämlich auch jede Menge unnötiger Schrott angedreht. Ich denke da vor allem an die grosse Zahl von Nahrungsergänzungsmitteln auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen, von denen immer klarer wird, dass sie gesunden Menschen möglicherweise mehr schaden als nützen.
Die Frage nach Sinn und Nutzen präventiver Massnahmen stellen sich jedenfalls nicht nur bei synthetischen Medikamenten wie dem Aspirin, sondern genauso auch im Bereich Phytotherapie bzw. Pflanzenheilkunde:
In welchen Fällen ist es angemessen, Heilpflanzen vorbeugend anzuwenden?
Dazu ein Beispiel:
Weissdorn wirkt gut bei leichten Formen von Herzinsuffizienz (Herzschwäche) und bei leichten Formen von Angina pectoris.
Weissdorn wirkt herzstärkend und verbessert die Durchblutung der Herzkranzgefässe. Da steht schon die Frage im Raum, ob Weissdorn auch vorbeugend gegen Herzinfarkt nützlich sein könnte. Macht ja von den Wirkungen her durchaus Sinn. Nur: sollen nun alle Leute über 50 Weissdorn prophylaktisch für ihr Herz Weissdorn einnehmen? Und für‘s Gehirn dann Ginkgo? Für die Venen Rosskastanie und – nur für Männer natürlich – gegen Prostatavergrösserung Sabal oder Kürbissamen?
Ich finde, mit dieser Art der Vorbeugung sollte man zurückhaltend sein, auch wenn es sich im gut verträgliche Heilpflanzen handelt.
Älterwerden ist nämlich für sich allein genommen noch kein behandlungsbedürftiger Zustand. Es scheint mir eine fragwürdige Unsitte, dass das Älterwerden zunehmend medikalisiert wird. Ohne spezielle Medikamente, Nahrungsergänzungsmittel und Heilpflanzen-Präparate – so lautet eine von der Werbung penetrant verbreitete Botschaft – kann man gar nicht normal älter werden.
Diesem Trip sollten wir auch im Bereich Phytotherapie bzw. Pflanzenheilkunde zurückhaltend begegnen.
Für das Älterwerden allein braucht es jedenfalls nicht ein ganzes Sortiment von Heilpflanzen-Produkten.
Um auf unser Beispiel Weissdorn zurückzukommen:
Liegen relevante Risikofaktoren für das Herz vor, kann man meines Erachtens über die prophylaktische Anwendung von Weissdorn-Präparaten nachdenken. Aber nicht jedes älter werdende Herz braucht generell Weissdorn.
Die beste Prophylaxe gegen Herzerkrankungen ist sowieso ein möglichst herzfreundlicher Lebensstil.
Einen Text zur “Philosophie des Herzens” finden Sie hier.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Kräuterexkursionen in den Bergen / Heilkräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Klinik, Palliative Care
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
Schmerzen? Chronische Erkrankungen? www.patientenseminare.ch