Curcuma, die Gelbwurz, ist in Asien ein beliebtes und verschwenderisch verwendetes Gewürz. Gelbwurz ist der farbgebende Bestandteil in der Curry-Mischung. Curcuma könnte einer der Gründe dafür sein, dass es in Indien nahezu keinen Darmkrebs gibt. “Denn es ist erwiesen, dass dieses Gewürz die Entstehung von Darmkrebs verzögert oder sogar verhindert, indem es das Wachstum von Darmkrebszellen hemmt und den programmierten Tod von Krebszellen auslöst”, erklärt der Gastroenterologe Univ.-Prof. Dr.Christoph Gasche, Leiter des Christian-Doppler-Labors für molekulare Karzinom- und Chemoprävention in Wien.
Gasche hat zusammen mit Kollegen am AKH Wien Studien zu Curcumin durchgeführt, dem Farbstoff der Gelbwurz. Eine von rund 3100 wissenschaftlichen Studien, die es weltweit zu Curcumin gibt. Über seine antioxidativen und antientzündlichen Eigenschaften wird Dr. Christoph Campregher, der ebenfalls an den Wiener Untersuchungen teilgenommen hat, beim Kongress “Menopause Andropause Anti-Aging” berichten (3. bis 5.Dezember, Hotel Hilton in Wien).
Radikalfänger
Curcumin wirkt als starker Radikalfänger, “einer der am besten untersuchten”, stellen die Wiener Wissenschaftler fest. Und als potenter Radikalfänger könnte Curcumin Alterungsprozesse tatsächlich ein wenig hintanhalten. “Wissenschaftlich ist dazu aber die Datenlage noch ein wenig dünn”, erklärt Gasche.
Erwiesen ist jedoch: Curcumin bleibt zum größten Teil im Dickdarm, wird vom restlichen Körper kaum aufgenommen, findet sich also praktisch nicht in der Blutzirkulation, hat jedoch im Darm multiple Effekte.
Zum einen entfaltet es eine starke antibakterielle Wirkung, hält die Bakterien im Darm unter Kontrolle. “Das ist umso bemerkenswerter, als speziell der Dickdarm ein riesiges Bakterienreservoir ist.” Die antibakterielle Wirkung sei nicht selektiv, sondern “man kann es mit einem Breitbandantibiotikum vergleichen”.
Entzündungsaktivitäten
Außerdem vermindert Curcumin Entzündungsaktivitäten, was hauptsächlich Menschen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn eine wertvolle Erleichterung bietet (diese beiden Erkrankungen gelten übrigens als Risikofaktoren für die Entstehung von Dickdarmkrebs).
Allerdings – so betont Gasche – müsse man ordentlich viel Gelbwurz ins Essen geben, um diesen Nutzen zu erzielen. “Leichter geht es mit Nahrungssupplementen.” Dennoch: Der Gelbwurz-Inhaltsstoff Curcumin sei gegenüber gängigen Medikamenten gegen chronische Darmentzündungen etwa 1000-mal aktiver.
Quelle: www.diepresse.com („Die Presse“, Print-Ausgabe, 24.11.2009)
Kommentar & Ergänzung: Curcumin aus Gelbwurz: Antibiotikum und Schutzfaktor gegen Darmkrebs?
Curcumin ist einer der am intensivsten untersuchten Inhaltsstoffe aus Heilpflanzen.
In der Phytotherapie kennt man Curcumin als Bestandteil von Javanischer Gelbwurz (Curcuma xanthorrhiza, Temoe Lawak) und von Kurkuma (Curcuma longa = Curcuma domestica).
Curcumin zeigt im Labor Eigenschaften, welche wohl zu Recht als für die Krebsforschung interessant betrachtet werden. Allerdings wird der Curry-Bestandteil leider in manchen Kreisen generell als Krebsheilmittel angepriesen und vermarktet. Ich habe schon vor einiger Zeit einmal hier im Blog darauf hingewiesen, dass einer der schwierigen Punkte bei der Curcumin-Anwendung dessen schlechte Resorbierbarkeit aus dem Verdauungstrakt ist. Diese stark eingeschränkte Resorbierbarkeit bestätigt nun auch Professor Gasche. Das macht die von unseriösen Curcumin-Propagandisten versprochenen Heilwirkungen auf Krebserkrankungen im ganzen Organismus unwahrscheinlich. Direkte Wirkungen gegen Tumorerkrankungen im Darm scheinen aber nicht ausgeschlossen.
Laboruntersuchungen an Zellen
Allerdings handelt es sich auch bei den Wiener Studien wohl am reine Laboruntersuchungen an Zellen. Es deutet im Artikel der “Presse” jedenfalls nichts darauf hin, dass Erfolge an krebskranken Menschen dokumentiert worden sind. Zwischen Erfolgen im Labor und Heilungen bei Krebskranken besteht aber ein sehr grosser Unterschied.
Es stellt sich vor allem die Frage nach der nötigen Dosis an Curcumin. Braucht es – wie Gasche betont – “ordentlich viel Gelbwurz”, so wäre zu beachten, dass antioxidative Substanzen in hohen Dosen auch negative Wirkungen entfalten können. Darauf deuten jedenfalls einige neuere Untersuchungen hin.
Und antibakterielle Effekte im Darm, die “mit einem Breitbandantibiotikum” vergleichbar sein sollen, werfen ebenfalls Fragen auf. Was geschieht dann mit der natürlichen und notwendigen Bakterienflora im Darm? Wird auch abgeräumt? Oder verschont Curcumin in antibakteriell wirksamer Dosierung die nützlichen Darmbakterien? Kaum denkbar. Andernfalls würde man aber bei hohen Curcumin-Dosen mit Durchfall rechnen müssen wie bei der Gabe von Antibiotika.
Antientzündliche Effekte von Curcumin
Interessant scheinen mir mögliche antientzündliche Effekte von Curcumin bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa.
Die Angabe, Curcumin sei “gegenüber gängigen Medikamenten gegen chronische Darmentzündungen etwa 1000-mal aktiver” tönt allerdings kaum glaubwürdig. Das wäre sensationell. Hier müsste man mehr und genaueres darüber wissen, wie diese Zahl zustande gekommen ist. Erst wenn man den Weg kennt, auf dem ein solches Resultat entstanden ist, kann man sich eine einigermassen fundierte eigene Meinung dazu bilden.
Auch Andeutungen bezüglich einer möglichen Verzögerung des Alterungsprozesses durch Curcumin sind meines Erachtens fragwürdig und sollten besser unterbleiben, wenn die Datenlage schon dünn ist. Mit solchen hingestreuten und sehr nebulösen Bemerkungen feuert man nur das Geschäft der Curcumin-Verkäufer an.
Mir scheint, dass dieser Text auf www.diepresse.com sehr viele Fragen aufwirft.
Nicht in Frage stellen würde ich aber die Curcumin-Forschung als solche, die Verwendung von Gelbwurz als interessante Heilpflanze und den Einsatz von Kurkuma bzw. Curry als feines und gesundes Gewürz.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Kräuterexkursionen in den Bergen / Heilkräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
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