Ohne Hinweise auf eine bakterielle Ursache sind Antibiotika bei akuter Bronchitis nicht sinnvoll. Alternativen sind unter anderem Heilpflanzen-Präparate auf der Basis von standardisiertem Myrtol.
In den Wintermonaten leiden bis zu zwei Drittel der Patienten in allgemeinmedizinischen Praxen an Atemwegsinfektionen. Meist sind die Erkältungskrankheiten viral bedingt, und nur bei Hinweisen auf eine bakterielle Ursachen ist eine Antibiotika-Behandlung sinnvoll.
Das gilt speziell für die akute Bronchitis, wie Professor Adrian Gillissen vom Klinikum Kassel erklärt hat.
Lassen sich bei Verdacht Zeichen einer Lungenentzündung ausschließen und fehlen auch Hinweise auf eine bakterielle Infektion wie Fieber oder grün-gelblicher Auswurf, dann werden bei akuter Bronchitis hauptsächlich Mukopharmaka (Schleimlösende Medikamente) wie Ambroxol und Acetylcystein (ACC) empfohlen, die dem Patienten das Abhusten erleichtern sollen.
Durch Reduktion der Viskosität des Schleims wird damit die Reinigung der Bronchien erleichtert. Solche Schleimlöser sollten ein bis zwei Wochen angewandt werden. Harte Studiendaten für ihren Einsatz fehlen allerdings, räumt Gillissen ein.
Wegen ihres erweiterten Wirkspektrums bevorzugt der Internist und Pneumologe bei akuter Bronchitis Phytopharmaka mit standardisiertem Myrtol. „Das sind eigentlich ideale Medikamente, weil sie in vieler Hinsicht wirken“, stellt Gillissen fest.
Heilpflanzen-Präparat auf der Basis von Myrtol
Für ein Heilpflanzen-Präparat auf der Basis von Myrtol wurde in Studien außer einer sekretolytischen und antientzündlichen Wirkung auch ein antimikrobieller Effekt belegt, und zwar gegen speziell häufige Atemwegskeime wie Pneumokokken und H. influenzae. Zudem fördert Myrtol-Medikament die mukoziliäre Clearance (die Aktivität der Flimmerhärchen) und damit die Selbstreinigungsmechanismen der Bronchien.
In einer doppelblinden Vergleichsstudie an 40 Prüfzentren in Polen wurden die Wirksamkeiten standardisiertem Myrtol, dem Antibiotikum Cefuroxim sowie von Ambroxol und Placebo verglichen (Arznm.-Forsch./ Drug Res 50 (8); 2000: 700). 676 Patienten mit akuter Bronchitis wurden dabei nach dem Zufallsprinzip je einer von vier Behandlungsgruppen zugeteilt.
Resultat: Nach zwei Wochen lagen die Responderraten bei allen aktiv Behandelten über 90 Prozent, im Vergleich zu 85 Prozent unter Placebo. Keine Differenzen bei den Behandlungsresultaten gab es zwischen Myrtol standardisiert und dem Antibiotikum.
Die Auskultationsbefunde nach zwei Wochen sprachen insgesamt für eine ebenbürtige Wirksamkeit von standardisiertem Myrtol und Cefuroxim, beide Substanzen waren bei diesem Kriterium Ambroxol und Placebo deutlich überlegen.
79 Prozent der Ärzte beurteilten die Wirksamkeit von Myrtol standardisiert mit „gut“ oder „sehr gut“, verglichen mit 74 Prozent (Cefuroxim), 66 Prozent (Ambroxol) und 42 Prozent (Placebo).
Ein postinfektiöser Husten
Ein postinfektiöser Husten kann den Bronchialinfekt um mehrere Wochen überdauern. Wird dabei die Lebensqualität etwa durch gestörten Schlaf wesentlich beeinträchtigt, rät die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie zu einer bis zu zwei Wochen dauernden Behandlung mit zentralwirksamen Antitussiva wie Codein.
Antibiotika sind beispielsweise bei bakteriellen Superinfektionen einer akuten Bronchitis angezeigt. Anzeichen dafür können verschlechterte Symptome bei einer meist verschleppten Erkrankung sein, ebenso Fieber, eitriger Auswurf oder erste Symptome einer Lungenentzündung.
In der Annahme, die Patienten erwarteten eine Antibiotika-Therapie, verschreiben Ärzte manchmal wider besseres Wissen diese Medikamente. Diese vorauseilende Wunscherfüllung ist jedoch meist überflüssig, wie vor Kurzem eine Umfrage von Forschern des Robert Koch-Instituts und der Charité ergeben hat
(http://www.eurosurveillance.org/ViewArticle.aspx?ArticleID=19655).
Einstellungen zu Antibiotika
In der Untersuchung wurden bundesweit 1076 Personen im Alter von 15 bis 78 Jahren über ihre Einstellungen zu Antibiotika befragt. Nur gut jede zehnte teilnehmende Person (n = 113) gab dabei an, dass sie erwarte, bei einer Erkältung ein Antibiotikum verschrieben zu bekommen.
Und von diesen würden wiederum über drei Viertel die ärztliche Entscheidung gegen ein solches Medikament akzeptieren. Ärzte und Ärztinnen haben also praktisch keine Nachteile zu befürchten, wenn sie bei Erkältungen mit Antibiotika zurückhaltend sind.
Im Zweifelsfall habe sich zudem bewährt: Die Patienten erhalten ein Rezept für ein Antibiotikum, das sie nur im Bedarfsfall einlösen. Damit bekommen sie die Möglichkeit, sich bei Verschlimmerung der Symptome das Mittel ohne erneute Arztkonsultation in der Apotheke zu besorgen.
Quelle:
http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/infektionskrankheiten/erkaeltungskrankheiten/article/636377/bronchitis-nur-selten-antibiotika-noetig.html?sh=21&h=-1351492366
Kommentar & Ergänzung: Akute Bronchitis – Myrtol meist sinnvoller als Antibiotika
Bemerkenswert beim Thema akute Bronchitis ist tatsächlich, dass die Wirkung von synthetischen Schleimlösern (Mukolytika) wissenschaftlich nicht überzeugend belegt ist. Im Vergleich dazu stehen Heilpflanzen-Präparate geradezu gut da. Nicht nur für standardisierte Myrtol-Präparate, auch für Umckaloabo sowie für Kombinationspräparate mit Efeu, Schlüsselblumenwurzel und Thymian existieren ziemlich gute Studienresultate.
Der oben aufgeführte Bericht wirft einige interessante Fragen auf:
1. „Nach zwei Wochen lagen die Responderraten bei allen aktiv Behandelten über 90 Prozent, im Vergleich zu 85 Prozent unter Placebo“ – Verblüffend hier wieder einmal, wie gering diese Differenz ist. Spricht sehr für die Selbstheilungskräfte unseres Organismus und für die Selbstheilungstendenz der akuten Bronchitis.
2. „Keine Differenzen bei den Behandlungsresultaten gab es zwischen Myrtol standardisiert und dem Antibiotikum.“
Na, wenn Antibiotika bei viraler Bronchitis sowieso sinnlos und dadurch unwirksam sind, dann ist eine Gleichwertigkeit von Myrtol noch keine Ergebnis, die vom Stuhl reisst.
3. „79 Prozent der Ärzte beurteilten die Wirksamkeit von Myrtol standardisiert mit „gut“ oder „sehr gut“, verglichen mit 74 Prozent (Cefuroxim), 66 Prozent (Ambroxol) und 42 Prozent (Placebo).“
Hier ist die Differenz zwischen Myrtol und Placebo sehr deutlich. Allerdings ist mir nicht klar, wie die Verblindung durchgeführt wurde. Entscheidend bei Vergleichen mit Placebo ist, dass das reale Medikament und das Placebo von den Probanden nicht unterschieden werden können. Myrtol verrät sich meiner Erfahrung gemäss aber nach der Resorption in der Atemluft.
4. Ich bin kein fundamentalistischer Antibiotika-Gegner. Manchmal braucht es diese Medikamente. Skeptisch bin ich aber gegenüber der in diesem Bericht skizzierten Lösung eines Antibiotika-Rezeptes für den Bedarfsfall, wenn Antibiotika zwar nicht indiziert sind, der Patient sie aber erwartet. Meiner Ansicht nach soll ein Arzt oder eine Ärztin Antibiotika nicht verschreiben, wenn sie unsinnig sind – wie beispielsweise bei viralen Erkältungskrankheiten.
Zu Myrtol hier noch ein paar ergänzende Informationen (aus Wikipedia):
„Myrtol ist kein eindeutig definierter Begriff, er wird teilweise mit dem ätherischen Öl der Myrte (Myrtus communis), einem immergrünen Strauch, der im Mittelmeergebiet und in Vorderasien verbreitet ist, in Zusammenhang gebracht. Die exakte Bezeichnung dafür ist Myrtenöl.
In Arzneimitteln wird ein standardisiertes pflanzliches Mischdestillat als Myrtol bezeichnet, das laut Herstellerangaben nicht weniger als 25 Prozent Limonen, 25 Prozent Cineol und 6,7 Prozent (+)-α-Pinen enthält. Dieses Stoffgemisch hat die CAS-Nr. 8002-55-9 und weist eine Dichte von 0,895 g/cm3 auf. Es wirkt auswurffördernd und wird daher bei akuten und chronischen Bronchitiden sowie bei einer Nebenhöhlenentzündung (Sinusitis) angewandt.
Myrtol wird am häufigsten in Form von magensaftresistenten Weichgelatinekapseln, die das Myrtol erst im Dünndarm freisetzen, verabreicht.“
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
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Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital:
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