Im „Phyto-Forum“ der „Ärztezeitung“ wurde vor kurzem folgende Frage gestellt:
„Einer meiner Patienten will trotz bestehender Reflux-Erkrankung keinen Protonenpumpenhemmer nehmen. Gibt es pflanzliche Alternativen für eine Langzeitanwendung?“
Darauf Antwort gab Prof. Karin Kraft vom Lehrstuhl für Naturheilkunde an der Universität Rostock:
„Aus dem Bereich der Phytotherapie kann besonders Leinsamenschleim empfohlen werden.
Hierzu werden zwei bis drei Esslöffel eines geschroteten oder zerkleinerten speziellen Leinsamens (Linusit-Leinsamen) am Abend zuvor in einem viertel bis halben Liter Wasser eingeweicht. Morgens kurz aufkochen, durch Mulltuch Schleim vom Leinsamen trennen. Der Schleim wird in eine Thermosflasche gefüllt und handwarm über den Tag verteilt getrunken.“
Um die Wirkung zu erhöhen, könne man zusätzlich ein Konzentrat aus Kamillenblüten nach der Vorschrift des Herstellers einnehmen. Es seien auch Teeaufgussbeutel mit Leinsamenschleim erhältlich.
Quelle:
http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/infektionskrankheiten/article/658848/phyto-forum-protonenpumpenhemmer-abgelehnt-dann-hilft-leinsamenschleim.html?sh=28&h=-1436656583
Kommentar & Ergänzung: Refluxösophagitis
Die Empfehlung von Prof. Karin Kraft bezieht sich auf die sogenannte Refluxösophagitis, die bei Wikipedia beschrieben wird als „Erkrankung der Speiseröhre (Ösophagus), die durch den anormal (unphysiologisch) langen Rückfluss (Reflux) von Magensäure hervorgerufen wird. Es findet daher auch der eigentlich allgemeinere Begriff der Refluxkrankheit Verwendung, oder man spricht nach dem häufigsten Symptom von chronischem Sodbrennen, als das man im Volksmund einen brennend-stechenden Schmerz im Hals bis hinab zum Magen bezeichnet, der individuell unterschiedlich hoch lokalisiert ist und sich gelegentlich auch nur als Druckgefühl im Hals oder Brustkorb äußert. Etwa 7 % der deutschen Bevölkerung leiden täglich unter Sodbrennen.“
Leinsamen stammt vom Gemeinen Lein (Linum usitatissimum), auch Saat-Lein oder Flachs genannt. Lein ist eine alte Kulturpflanze, die zur Faser- (Faserlein) und zur Ölgewinnung (Öllein, Leinöl) angebaut wird.
Leinsamen ist hauptsächlich bekannt als Heilpflanze gegen Verstopfung (Obstipation).
Es gibt aber darüber hinaus eine ganze Reihe von sinnvollen Anwendungsbereichen für Leinsamen.
Wikipedia schreibt zur Verwendung von Leinsamen:
„Leinsamen haben sich als natürliches, nicht apothekenpflichtiges Abführmittel bewährt, das bei Verstopfung angewendet wird. Ihre abführende Wirkung beruht darauf, dass in ihrer Samenschale Schleime enthalten sind, die durch Wasseraufnahme quellen. Der Stuhl wird ferner erweicht. Die mit der Quellung einhergehende Volumenzunahme reizt die in der Darmwand befindlichen Dehnungsrezeptoren, so dass es zum Stuhlentleerungsreflex kommt. Leinsamenschleim kann zum Schutz der Magenschleimhaut bei Gastritis als morgendliche Rollkur oder auf den Tag verteilt eingenommen werden. Es gibt Hinweise darauf, dass Leinsamen auch gegen Prostatakrebs vorbeugen können.
Leinsamen enthalten cyanogene Glycoside (Linustatin und Neolinustatin). Diese Blausäure-Vorstufen entsprechen nach ihrer Umwandlung einer Menge von rund 50 mg Blausäure auf 100 g Leinsamen. Der geringe Wassergehalt der Samen, der zu saure pH-Wert im Magen und der Abbau durch Rhodanasen verhindert jedoch Vergiftungen bei Aufnahme normaler Mengen. Jede vorherige Erhitzung durch Backen, Kochen oder Braten zerstört die Glykoside darüber hinaus.
Unbehandelter Leinsamen
Unbehandelter Leinsamen (auch nach Quellung) verlässt weitestgehend unverändert das Verdauungssystem des Menschen, weshalb es zu keiner nennenswerten Aufnahme der Inhaltsstoffe (z. B. Linustatin, Cadmium, Linolsäure und Linolensäure) kommt.
Gepulverter Leinsamen und Leinkuchen (der Presskuchen ist Nebenprodukt der Leinölproduktion) werden für erweichende und schmerzlindernde breiige Umschläge bzw. als heiße Packung bei Gallenblasenkolik und anderen Erkrankungen der Leber und Galle verwendet.“
Zu den in Wikipedia erwähnten Hinweisen auf eine mögliche Vorbeugung von Prostatakrebs ist zu ergänzen: Es handelt sich um Experimente an isolierten Zellen im Labor und an Mäusen, sowie um Untersuchungen an Prostatakrebsgewebe, das bei Prostatakrebs-Operationen (Prostatektomie) entfernt wurde, nachdem die Patienten vorgängig durchschnittlich während 30 Tagen je 30 g Leinsamen pro Tag einnahmen. Die Krebszellen in den mit Leinsamen behandelten Gruppen wuchsen dabei deutlich langsamer. Langzeitstudien, die eine vorbeugende Wirkung belegen würden, fehlen aber. Als wirksame Inhaltsstoffe für diesen Anwendungsbereich werden die Lignane vermutet, die zu den Phytoöstrogenen gehören.
Quelle: http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=3426&no_cache=1&sword_list
Lignane werden allerdings nur in den Körper aufgenommen, wenn die Leinsamen geschrotet wurden, nicht jedoch aus ganzen Leinsamen.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
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