Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) informiert über das vermeintliche Krebsarzneimittel „Ukrain“, dass derzeit in Deutschland und in anderen EU-Staaten ungesetzlich in den Verkehr gebracht wird.
Nach dem BfArM vorliegenden Informationen werden gegenwärtig große Mengen des vermeintlichen Krebsarzneimittels „Ukrain“ in Deutschland und in anderen EU-Staaten illegal in den Verkehr gebracht. Zusätzlich wird dieses Produkt im Internet mit verschiedenen Heilversprechen propagiert. Hier findet man zum Beispiel folgende Aussagen: „Ukrain could replace chemotherapy in treating almost all cancers“ (Ukrain kann die Chemotherapie bei fast allen Krebsarten ersetzen) oder „Cancer can be reversed“ (Krebs kann rückgängig gemacht werden). Für solche und ähnliche Aussagen sind keine Belege bekannt, die einer wissenschaftlichen Überprüfung standhalten.
Das BfArM warnt dringend vor der Anwendung von Ukrain.
Das Produkt Ukrain stammt von der Firma Nowicky Pharma (mit wechselndem Geschäftssitz, gegenwärtig Lviv, Ukraine oder Vereinigte Arabische Emirate). Bei Ukrain handelt es sich offenbar um ein semisynthetisches Mischpräparat aus dem Zytostatikum Thiotepa und aus Alkaloiden des Schöllkrauts (Chelidonium majus L.). Bezüglich der Zusammensetzung von Ukrain existieren allerdings auch abweichende Angaben.
Ukrain ist weder in Deutschland noch in der übrigen Europäischen Union zugelassen und es gibt gegenwärtig auch keine Zulassungsanträge. Frühere Zulassungsanträge im EU-Ausland scheiterten. Eine Zulassung wurde im Jahr 2001 von der Ukraine erteilt, diese wurde allerdings am 14. November 2011 widerrufen.
Wirksamkeit und Sicherheit ungeprüft
Belege für eine angemessene oder genügende Prüfung der Wirksamkeit und Sicherheit von Ukrain bei Krebserkrankungen sind nicht bekannt. Bei den zugänglichen Publikationen über klinische Untersuchungen mit Ukrain handelt es sich überwiegend um Einzelfallberichte oder um Untersuchungen, die ohne einen Vergleich mit einer Standardtherapie durchgeführt wurden und/oder die andere erhebliche Mängel aufweisen und deren Resultate wegen dieser Mängel nicht beurteilbar sind.
Seit 2002 gibt es Bemühungen in mehreren Verfahren, Ukrain durch die Europäische Kommission als Arzneimittel für seltene Erkrankungen („Orphan Drug“) zu Therapie des Pankreaskarzinoms ausweisen zu lassen. Der für derartige Anträge zuständige „Ausschuss für Arzneimittel für seltene Leiden“ (COMP) der Europäischen Zulassungsbehörde (EMA) lehnte diese Anträge regelmäßig ab, da es der Antragsteller nicht schaffte, die für derartige Anträge nötigen wissenschaftlich bewertbaren und belastbaren Belege zu liefern.
Gegen diese Entscheidungen wurde Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) erhoben. Diese Klage wurde zwischenzeitlich vom EuGH in allen Punkten abgewiesen (Urteil vom 9.9.2010 T-74/08). Durch diesen Entscheid hat der EuGH bestätigt, dass die Sicht des COMP’s über das fehlen relevanter Belege zur Bewertung von Ukrain korrekt ist.
Aus Sicht des BfArM muß vor dem Einsatz von Ukrain als Krebsmittel dringend gewarnt werden. Krebspatienten sollten sich nur mit zugelassenen Arzneimitteln therapieren lassen, deren Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und Qualität nachvollziehbar belegt und bei deren ein günstiges Nutzen-Risiko Verhältnis in einem Zulassungsverfahren geprüft und für akzeptabel befunden wurde.
Quelle:
http://www.bfarm.de/DE/Pharmakovigilanz/risikoinfo/2011/ukrain.html
Kommentar & Ergänzung:
Im Bereich Komplementärmedizin / Alternativmedizin gibt es eine riesige Menge an Versprechungen. Natürlich kann man sich im Modus der Beliebigkeit durch diesen Dschungel wuseln und ungeprüft konsumieren, was einem über den Weg läuft. Ein mündiger Konsument oder eine mündige Konsumentin sehen aber anders aus. Und schliesslich ist die Wirksamkeit für Krebspatienten der zentrale Punkt.
Gegen die Beliebigkeit hilft es, wenn wir lernen, kritische Fragen zu stellen: Wie genau? Wann? Warum? Wo? Wer?
Im Bereich Komplementärmedizin /Alternativmedizin besteht meiner Erfahrung nach ein grosses Manko an kritischen Fragen. Sie werden sehr oft als Bedrohung empfunden, statt als Chance erlebt. Ohne kritische Fragen unterbleibt aber die Weiterentwicklung.
Ohne gesunde Zweifel und mit fragloser Gläubigkeit bleiben wir aber an der Oberfläche.
Wer lernen will, wie man Heilungsversprechungen auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft, kann das in der Phytotherapie-Ausbildung, im Heilpflanzen-Seminar oder im Tagesseminar Komplementärmedizin.
Falls Sie an sorgfältigem Wissen über Wirkung und Anwendung von Heilpflanzen interessiert sind, finden Sie dazu meine Kurse und Lehrgänge oben über den Menüpunkt „Kurse“.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
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