Laxantien wie Abführtees, Abführpulver oder Abführkapseln sollen den Körper von „Giften“ befreien, so lautet eine kaum ausrottbare und immer wieder verbreitete Vorstellung. Manche Menschen lassen sogar eine Darmspülung über sich ergehen. Wie steht es da mit unerwünschten Nebenwirkungen?
Die Darmreinigung erfreue sich hauptsächlich im Bereich der Alternativmedizin wachsender Beliebtheit, schreibt Dr. Henrike Ruschewski vom Israelitischen Krankenhaus Hamburg in der Zeitschrift „internistische praxis“. Präparate, die den Darm durchputzen und den Körper entgiften sollen, enthalten beispielsweise Natriumphosphat, Probiotika, Koffein, diverse Pflanzenzubereitungen oder Enzyme. Manche dieser Darmreinigungsmittel sind mit Ballaststoffen und verschiedenen Laxantien angereichert. Diese oral oder rektal anzuwendenden Produkte sollen wahre Wunderwerke vollbringen, versprechen die Werbeslogans.
Auch Darmspülungen werden oft angewendet: Dem Patienten wird im Liegen durch einen Schlauch Wasser (mit oder ohne Zusätze) in das Rektum gespült. Über einen zweiten Schlauch wird die Spülflüssigkeit wieder abgeleitet. Bis zu 60 Liter Wasser fließen bei diesem Vorgang durch den Darm! Manche Patienten lassen sich ihren Darm sogar wiederholt auf diese Art „entgiften“.
Doch die Darmreinigung habe keinen nachgewiesenen Nutzen, sondern zahlreiche unerwünschte Wirkungen, warnt die Autorin. Übelkeit, Erbrechen und Durchfall gehören dabei zu den eher harmlosen Begleiterscheinungen. Beschrieben wurden auch Dehydratation, Störungen im Elektrolythaushalt, akutes Nierenversagen, Pankreatitis, Darmperforation, Herzinsuffizienz und Infektionen.
Einige Kasuistiken berichten sogar über Beckenabszesse, Sepsis und tödliche Ereignisse nach Darmspülungen. Die Darmreinigung ist als obsolet ( = veraltet, überholt) anzusehen, schreibt Dr. Ruschewski. Patienten, die sich für eine solche Darmreinigung interessieren, sollten über die häufigen Nebenwirkungen und den fraglichen Nutzen informiert werden.
Quellen:
H. Ruschewski, int. prax. 2011; 51: 841–843
http://www.medical-tribune.at/dynasite.cfm?dsmid=111070&dspaid=962384
Kommentar & Ergänzung:
Es gibt bestimmte Situationen, in denen eine Darmreinigung sinnvoll bzw. nötig ist:
„ Medizinisch notwendige Darmreinigung
Je nach Anforderung an die „Sauberkeit“ des Darmes kommen unterschiedliche Methoden zur Darmreinigung in Betracht. Die dabei gängigste Methode zur Vorbereitung auf diagnostische Maßnahmen, wie z. B. eine Koloskopie oder einen Colon-Kontrasteinlauf, oder zur Operationsvorbereitung ist die orthograde Darmspülung mit einer PEG-Lösung. Der Darm kann auch mit Einläufen und/oder mit Abführmitteln in höherer Dosierung oder auch ohne Verwendung traditioneller Abführmittel mit einer Kombination spezieller Kräutermischungen entleert und gereinigt werden.“
(Quelle: Wikipedia)
Und darüber hinaus gibt es eben fragwürdige bis sehr fragwürdige Anwendungen der Darmreinigung:
„Darmreinigung vor Fastenkuren
Für Fastenkuren spielen immer noch das Glaubersalz (Natriumsulfat) und die Einläufe eine wichtige Rolle. Zu Beginn der Fastenkur und dann alle zwei Tage wird meistens abwechselnd mit Glaubersalz oder dem Einlauf abgeführt, wodurch der Darm von „Schlacken“ befreit werden soll. Ein gesundheitsfördernder Effekt solcher Maßnahmen lässt sich nicht nachweisen.“
(Quelle: Wikipedia)
Immer wenn es um die angebliche Entfernung von „Schlacken“ geht, ist sehr viel Skepsis angebracht. „Schlacken“ sind ein Phantom.
Siehe auch:
Entschlackung – unnötig und ungesund
Schlackenstoffe – ein Phantom macht Karriere
Entgiften und entschlacken – höchst fragwürdige Versprechungen
Entschlackung: Illusionäre Hoffnung auf Gewichtsreduktion
Darmreinigung ist überflüssig bis gefährlich
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Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
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