Gerbstoffe sind wichtige Wirkstoffe in der Phytotherapie. Sie bestimmen die Wirkung vieler Heilpflanzen.
Hier einige ausgewählte Infos über Gerbstoffe aus Wikipedia mit Kommentaren und Ergänzungen von mir.
„Ein Gerbstoff ist ein Stoff, der sich bei Kontakt mit Eiweiß (Protein) mit diesem verbindet. Die Eigenschaften der Proteine werden dadurch verändert.
Das in den Proteinen gebundene Wasser wird durch die Gerbstoffe verdrängt und es kommt zu einer Entwässerung.
Die Proteine können durch Mikroorganismen nicht mehr oder nur mehr sehr schwer abgebaut werden.
Das Quellvermögen in Wasser, Säuren und Laugen ist stark vermindert.
Die Temperaturbeständigkeit wird erhöht.
Biologisch aktive Eiweißstoffe werden durch Gerbstoffe denaturiert und sind nicht mehr biologisch aktiv.
Strukturierte Eiweißstoffe z. B. Kollagen der Haut, behalten ihre natürliche Struktur. Die Strukturen werden aber durch die Gerbstoffe mehr oder weniger stark vernetzt. Unstrukturierte Eiweißstoffe z. B. das Eiweiß eines Hühnereies, werden ausgefällt.
Diese Veränderungen können allgemein als Gerben bezeichnet werden. Eine abgezogene Tierhaut wird so in Leder umgewandelt, was z. B. die Fäulnis verhindert.
Es gibt in der Natur vorkommende Gerbstoffe und künstlich hergestellte Gerbstoffe.“
(Quelle: Wikipedia)
Das ist eine gute Beschreibung davon, wie Gerbstoffe auf Eiweisse einwirken. Um die adstringierenden (zusammenziehenden), entzündungshemmenden und antimikrobiellen Wirkungen gerbstoffreicher Heilpflanzen zu verstehen, sind diese Vorgänge wichtig.
Zum Vorkommen in Pflanzen
„Gerbstoffe kommen häufig in Pflanzen vor…..Zum Beispiel in:
Blättern, Hölzern, Rinden, Früchten und Wurzeln von Kastanien, Eiche, Fichte, Mimosa, Quebracho, Tee, Kaffee.
Auch pflanzliche Abbauprodukte wie z. B. Torf enthalten Gerbstoffe. Weintrauben enthalten Gerbstoffe (Tannine) als Bestandteile aus Stielen, Kernen und Beerenhäuten, die zum Geschmack des Weines (insbesondere des Rotweines) beitragen. Der Tanningehalt stellt somit einen Qualitätsfaktor des Weines dar, sofern er in einem ausgewogenen Verhältnis zu den anderen Geschmackskomponenten (Säure, Restzucker) und Aromen steht.“
(Quelle: Wikipedia)
Zur Wirkung in der Phytotherapie
„Die Gruppe der Gerbstoffe nimmt einen wichtigen Platz unter den therapeutisch wirksamen Bestandteilen von Heilpflanzen ein. Sie wirken zusammenziehend, entzündungshemmend, antibakteriell, antiviral und neutralisieren Gifte. In höherer Dosierung wirken sie jedoch oft selbst schädlich.“
(Quelle: Wikipedia)
Wichtig zu wissen ist aber, dass Gerbstoffe lokal wirken auf Haut und Schleimhäuten und im Verdauungstrakt. Sie werden aber kaum in den Körper aufgenommen und haben daher keine systemischen Fernwirkungen.
Beispiele von gerbstoffhaltigen Heilpflanzen:
„Galläpfel (Gallae) aus Quercus infectoria
Hamamelisblätter (Hamamelidis folium) aus Hamamelis virginiana = Zaubernuss
Walnussblätter (Juglandis folium) aus Juglans regia
Eichenrinde (Quercus cortex) aus Quercus robur….
Ratanhiawurzel (Ratanhiae radix) aus Krameria lappacea
Blutwurzwurzel (Tormentillae rhizoma) aus Potentilla erecta
Heidelbeeren (Myrtilli fructus) aus Vaccinium myrtillus
Volksmedizinische Verwendung finden auch:
Catechu
Brombeerblätter von Rubus fruticosus
Gänsefingerkraut von Potentilla anserina
Erdbeerblätter von Fragaria vesca
Odermennigkraut Agrimonia eupatoria
Frauenmantelkraut von Alchemilla xanthochlora
Breitwegerichblätter von Plantago major
Spitzwegerichblätter von Plantago lanceolata
Rosenblüten von Rosa gallica
Wiesenknopfblätter von Sanguisorba officinalis“
(Quelle: Wikipedia)
Eine wichtige Heilpflanze mit hohem Gerbstoffgehalt fehlt hier:
Schwarztee / Grüntee.
Damit genügend Gerbstoff in den Tee übergeht, müssen Schwarztee und auch Grüntee allerdings lange ausziehen (etwa 8 Minuten).
Chemischer Aufbau
„Auf Grund des chemischen Aufbaues, kann die pflanzlichen Gerbstoffe in folgende zwei Gruppen einteilen:
Hydrolysierbare Gerbstoffe, z. B. Gallotannine, Grundbausteine sind Gerbsäuren z. B: Gallus- oder Ellagsäure in Verbindung mit Glukosen
kondensierte Gerbstoffe, z. B. Pyrocatechine, Grundbausteine sind aromatische Polyhydroxiverbindunge wie z. B. Catechin“
(Quelle: Wikipedia)
Das ist insofern relevant, als hydrolisierbare Gerbstoffe ungeeignet sind zur Behandlung von Durchfall, weil sie nicht genug tief im Darm wirken.
Zur Wirkung
„Medizinisch nutzbar sind Gerbstoffe durch den Prozess der Gerbung. Das Gewebe kann so oberflächlich verdichtet werden, und eine schützende Membran bildet sich aus, z. B. auf einer Schleimhaut. Die Gerbstoffe entziehen also durch ihre zusammenziehende (adstringierende) Wirkung Bakterien den Nährboden, die sich auf Haut und Schleimhaut angesiedelt haben. Schmerz und Wundsekretion werden vermindert, Entzündungen gehemmt, kapillare Blutung gestillt, Bakterien und Giftstoffe können nicht mehr tiefer eindringen.
Gerbstoffe haben antimikrobielle Eigenschaften und werden eingesetzt bei Magen- und Darmentzündungen, leichten Durchfällen, Entzündungen im Mund und Rachenraum, als blutstillendes Mittel, zur schnellen Wundheilung und bei leichten Verbrennungen und Frostschäden.“
(Quelle: Wikipedia)
Heikel finde ich die Empfehlung „zur schnellen Wundheilung“. Gerbstoffe können in der Wundbehandlung nur in ganz bestimmten Situationen eine Rolle spielen, zum Beispiel bei nässenden Wunden (Reinigungsphase) als Eichenrindenumschlag oder Eichenrindenbad. In der Granulationsphase der Wundheilung würde ich aber Gerbstoffanwendungen nicht empfehlen. Gerbstoffe können das Gewebe austrocknen und in der Granulationsphase muss die Wunde feucht bleiben.
Zu den wichtigsten Eigenschaften
„Zusammenziehend, schmerzlindernd, stopfend bei Durchfall, blutstillend, sekretionshemmend, schleimhautschützend, keimhemmend, bakterizid, fungizid, entzündungshemmend, austrocknend, Gegengift bei Schwermetall- oder Alkaloidvergiftung“
(Quelle: Wikipedia)
Manche Gerbstoffe wirken auch gut lokal gegen Viren, zum Beispiel die Lamiaceen-Gerbstoffe aus der Melisse gegen Herpesviren (Fieberbläschen).
Nebenwirkungen
„Bei Langzeitanwendung können Leberschäden entstehen. Bei zu hohen Dosen kann es zu Magenschleimhautentzündung oder Brechreiz kommen. Gerbstoffe vermindern die Resorption basischer Arzneimittel sowie mancher Mineralstoffe wie Eisen. Nicht bei Verstopfung, trockenen Ekzemen oder trockenen Schleimhäuten anwenden. Nicht länger als 5–10 Minuten köcheln. Es empfiehlt sich für die innere Anwendung, sie mit Schleimstoffen zu kombinieren.“
(Quelle: Wikipdedia)
Eine Heilpflanze, in der Gerbstoffe und Schleimstoffe schon kombiniert vorliegen, ist Malva silvestris / Malva neglecta, verwendet als Malvenblätter ( = Chäslichrut) zum Beispiel bei Mundschleimhautentzündung, zur Wundheilung und bei Furunkeln. Allerdings enthalten die Malvenblätter sowohl Gerbstoffe als auch Schleimstoffe eher in tiefer Konzentration.
Es gibt tatsächlich einzelne Berichte von Leberschäden durch Gerbstoffpflanzen bei sehr hohen Dosierungen über lange Zeit, zum Beispiel bei exzessivem Konsum von Schwarztee. Aber normalerweise werden Gerbstoffe ja nicht in relevanten Mengen resorbiert.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Kräuterexkursionen in den Bergen / Heilkräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
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