Glucosinolate ( = Senfölglykoside) kommen vor allem in Pflanzen aus der Familie der Kreuzblütler (Brassicaceae) vor – als Heilpflanzen bekannt sind Meerrettich, Rettich, Kohl, Brunnenkresse. Auch Kapuzinerkresse (Kapuzinerkressengewächse) wird in der Phytotherapie verwendet.

Hauptsächlich die Gemüsepflanzen aus der Gattung Kohl sind aber auch als Lebensmittel wegen ihrem Gehalt an Senfölglykosiden interessant.

Intensiv erforscht wird in dieser Hinsicht in den letzten Jahren der Brokkoli ( = Broccoli, Brassica oleracea var. Italica).

Glucosinolate aus Brokkoli wehren Schädlinge ab

Fressen Raupen oder andere Insekten an glucosinolathaltigen Pflanzen wie Brokkoli, kommen die Glucosinolate in Kontakt mit dem Enzym Myrosinase. Dieses Enzym setzt die Senföle frei, die dann Schädlinge vertreiben.

Die Pflanzen setzen dieses Abwehrsystem aber nur im Notfall ein. Die stechend riechenden und scharf schmeckenden Senföle etwa werden erst freigesetzt, wenn die Pflanze zum Beispiel durch ein fressendes Insekt verletzt wird. Erst dann kommen die Vorstufen der Senföle, die Glucosinolate, mit der Myrosinase in Kontakt, die die Senföle freisetzt.

Pflanzen synthetisieren solche besonderen Inhaltsstoffe also zum eigenen Schutz und nicht für uns Menschen. Trotzdem können wir viele dieser Pflanzenstoffe zugunsten unserer Gesundheit nutzen.

Senföle stehen beispielsweise im Ruf, die Entstehung von Krebs zu hemmen. Von Broccoli ist bekannt, dass seine Inhaltsstoffe das Bakterium Helicobacter pylori abtöten, das Magengeschwüre und Magenkrebs begünstigen kann.

Hungrige Insekten haben es hauptsächlich auf die nahrhaften Blätter und Samen abgesehen. Die Pflanze häufen daher in diesen Teilen besonders große Mengen von Glucosinolaten an. Die Blätter können die Abwehrstoffe selber herstellen, die heranreifenden Samen jedoch nicht. Sie müssen die Glucosinolate importieren, was nicht ohne spezielle Transportproteine geht.

Über diese lebenswichtigen Transporter und ihre Gene war bisher fast nichts bekannt. Doch ein Wissenschaftlerteam aus Kopenhagen, Würzburg und Madrid hat sie jetzt identifiziert. Die Resultate sind in der Zeitschrift „Nature“ und damit sehr hochrangig publiziert – denn sie könnten weitreichende Auswirkungen auf die Agrarwirtschaft haben.

Damit steht nämlich der Weg offen, um gezielt Pflanzen zu züchten, deren Glucosinolat-Gehalte und Zusammensetzung auf die Gesundheit des Menschen zugeschnitten sind. Denkbar seien beispielsweise Brokkoli-Pflanzen, die für die Bekämpfung des Magenbakteriums Helicobacter optimiert sind, erklären die Forscher.

Untersuchungsobjekt Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana)

Als Analyseobjekt hat das internationale Wissenschaftlerteam übrigens die Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) verwendet. Das Erbgut der Ackerschmalwand ist vollständig bekannt; zudem ist sie eine „kleine Schwester“ von Kohl, Senf und Raps – und enthält wie diese Glucosinolate samt deren Transportern.

Publikation:

“NRT/PTR transporters essential for allocation of glucosinolate defense compounds to seeds”, Hussam Hassan Nour-Eldin, Tonni Grube Andersen, Meike Burow, Svend Roesen Madsen, Morten Egevang Jørgensen, Carl Erik Olsen, Ingo Dreyer, Rainer Hedrich, Dietmar Geiger, and Barbara Ann Halkier, Nature (2012), online publiziert am 5. August, DOI: 10.1038/nature11285

Quelle:

http://idw-online.de/pages/de/news490946

Kommentar & Ergänzung:

Diese Grundlagenforschung hat für die Phytotherapie keine unmittelbare Bedeutung. Senfölglykoside (Glukosinolate) sind aber eine Wirkstoffgruppe mit grossem Potential.

Ob die Strategie aufgehen wird, Pflanzen mit besonders hohem Glukosinolat-Gehalt zu züchten, ist eine ganz andere Frage. Jedenfalls ist damit zu rechnen, dass solche „Turbo-Pflanzen“ auch entsprechend schärfer im Geschmack werden. Senfölglykoside wirken in höheren Konzentrationen auch reizend auf Haut und Schleimhäute.

Sicher fährt aber nicht schlecht, wer Brokkoli, Blumenkohl, Kohl, Radieschen, Rettich und andere verwandte Gewächse regelmässig in die Ernährung intgriert.

Siehe auch:

Senfölglycoside gegen Infektionen

Brokkoli-Wirkstoffe unterstützen Krebstherapie

Wirkstoffkunde: Was sind Senfölglykoside? Welche Wirkung haben sie?

Kapuzinerkresse: Breitbandantibiotikum aus der Natur

Glukosinolate aus Brokkoli und Rosenkohl schützen vor Darmerkrankungen

Meerrettich: Breitbandantibiotikum aus der Natur

Kräuter und ihre Wirkung: Kapuzinerkresse

Phytotherapie: Senföl aus Meerrettich und Kapuzinerkresse bekämpfen Influenza-Viren

Senfölglykoside hemmen multiresistente Erreger (MRSA)

Phytotherapie: Meerrettich als Heilpflanze bei Husten und Blasenentzündung

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