Schokolade ist zwar eine Kalorienbombe, aber mit Mass konsumiert ein eher harmloses Genussmittel, wenn man danach die Zähne putzt…. Habe ich bisher gedacht. Aber vielleicht täusche ich mich da.
Die Ankündigung des Films „Schmutzige Schokolade II“ im ARD-Fernsehen hat mich jedenfalls sehr überrascht. In der Kakaoproduktion in Westafrika soll Kindersklaverei ein verbreitetes Phänomen sein. Hoppla – davon habe ich bisher nichts gewusst, obwohl „fairtrade“ und „bio“ für mich schon lange ein Thema sind.
Worum geht’s also?
Hilfsorganisationen verdächtigen die Schokoladenindustrie schon seit längerer Zeit, von Kinderhandel und ausbeuterischer Kinderarbeit in Afrika zu profitieren und damit Straftaten zu verschleiern. Der Journalist und Filmemacher Miki Mistrati ist diesem Verdacht nachgegangen und mit seinem Kameramann nach Mali gereist und von dort weiter in die Elfenbeinküste, dem weltgrößten Produzenten von Kakaobohnen. Im Interview mit NDR.de sagt Mistrati, dass allein in der Elfenbeinküste 100.000 Kinder illegal arbeiten.
Mistrati hat seine Recherchen mit einem Film dokumentiert, der im Oktober 2010 erstmal ausgestrahlt wurde.
Den Film können Sie hier sehen (drei Möglichkeiten):
http://www.youtube.com/watch?v=V4tc-PT3FXI
http://www.ardmediathek.de/das-erste/reportage-dokumentation/schmutzige-schokolade?documentId=8577084
Der Film zeigt das System der Kinderhändler auf den Kakaofarmen.
Seitdem bekannt wurde, dass Kindersklaverei zum Alltag auf den Kakaoplantagen an der Elfenbeinküste gehört, kämpfen die großen Schokoladenhersteller wie Nestlé, Mars oder Cargill um das Vertrauen der Verbraucher. Sie versprachen Schulen, medizinische Versorgung, Bildungsprogramme für Kinder und Kakaobauern. Dadurch soll das Leben der Kinder und der Bauern vor Ort erträglicher werden, damit die Konsumenten Schokolade wieder ohne schlechtes Gewissen genießen können.
Miki Mistrati wollte sich ein eigenes Bild machen von all diesen versprochenen Hilfsprojekten der Schokoladenindustrie an der Elfenbeinküste. Doch er durfte nicht einreisen. Denn die Botschaft wollte das Visum nur erteilen, wenn eine Einladung der Schokoladenindustrie vorliegt. Doch alle Schokoladenfirmen und Verbände verweigerten dem Journalisten diese Einladung. Das allein schon lässt vermuten, dass die Schokoladenindustrie etwas zu verstecken hat. Mistrati kann aber ein Team zu verschiedenen Projekten schicken, das dort recherchiert und Aufnahmen macht.
Daraus ist der Film „Schmutzige Schokolade II“ entstanden.
Diesen Film können Sie hier sehen:
http://vimeo.com/55819713
Der Film zeigt: Die Schokoladeindustrie macht viele leere Versprechungen. Projekte werden zur Imagepflege in den Konsumentenländern schön präsentiert, die Situation in der Elfenbeinküste sieht aber ganz anders aus. Kindersklaverei und Kinderarbeit sind immer noch anzutreffen.
Sehr ernüchternd und schockierend.
Was nachhaltig für eine Verbesserung der Situation sorgen könnte:
– Druck der Konsumentinnen und Konsumenten auf die Schokoladehersteller; und vor allem
– Ein fairer Kakaopreis, der die Kakaobauern aus der Armut holen würde.
Mir ist nach diesem Film fürs erste die Lust auf Schokolade vergangen.
Im Migrosgestell habe ich gesehen, dass die meisten Schokoladen von Chocolat Frey zentrifiziert sind mit dem UTZ-Label. Schön, aber auch auf UTZ-Plantagen fand das Filmteam arbeitende Kinder, die nicht aus der Gegend stammten.
Muss ich auch bei UTZ-zertifizierter Migrosschokolade damit rechnen, dass bei der Kakaoernte Kindersklaverei involviert ist? – Das halte ich für unakzeptabel.
Mein Entscheid nach diesem Schokoladen-Schock: Ich esse nur noch Schokolade mit Fairtrade-Label (Max Havelaar, Claro Fairtrade). Die 100%ige Garantie wird es da auch nicht geben, aber es kommt nur noch das schärfste Label in Frage.
Weitere Infos:
Die NDR-Dokumentation zum Thema:
http://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/schmutzigeschokolade137.html
Kontinuierlich mit dem Thema Schokolade und Kindersklaverei setzt sich die Erklärung von Bern (EvB) auseinander. Die EvB hat alle Schweizer Schokolade-Hersteller unter die Lupe genommen und mit einem Fragebogen konfrontiert. Die Ergebnisse wurden von der Erklärung von Bern in informativen Firmenporträts zusammengefasst, die Aufschluss geben über den Stellenwert, den der Hersteller den Themen Kindersklaverei und faire Produktionsbedingungen gibt.
Sehr erhellend, aber auch ernüchternd.
Porträtiert werden folgende Schokolade-Hersteller:
Barry Callebaut
Chocolat Alprose SA
Chocolat Bernrain
Chocolats Camille Bloch SA
Chocolats & Cacaos Favarger SA
Chocolat Frey AG
Chocolats Halba
Chocolat Stella SA
Confiserie Sprüngli AG
Confiseur Läderach AG
Gysi AG Chocolatier Suisse
Kraft Foods
Lindt & Sprüngli AG
Maestrani
Max Felchlin AG
Nestlé SA – Cailler
Pfister Chocolatier
Villars Maître Chocolatier
Tja dann, tschüss „Lindt & Sprüngli“, tschüss „Ragusa“ und tschüss „Mars“ sowieso……
Hier der Link zur EvB-Schokolade-Kampagne und zu diesen Porträits:
http://www.evb.ch/p15939.html
– Auf Infosperber hat Urs P. Gasche einen Artikel zum Thema veröffentlicht „Für Nestle arbeiten weiterhin verschleppte Kinder“.
Über den ARD-Film hinaus ist hier interessant die fragwürdige Begründung des „Schweizer Fernsehens“, weshalb es den Film von Miki Mistrati nicht zeigt. Angst vor der Schoggi-Industrie?
Wo kommen wir denn da hin, wenn nach Swissair-Pleite und UBS-Debakel auch noch die Schweizer Schoggi in den Schmutz gezogen wird? – Da bleiben ja nur noch Swatch, Rolex und das Schweizer Armeesackmesser Victorinox unbefleckt…..ach ja, und Roger Federer, aber der ist momentan auch nicht mehr so überzeugend wie früher.
Ausserdem:
Übersicht meiner eigenen gesellschaftspolitischen Texte und Buchempfehlungen.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Kräuterexkursionen in den Bergen / Heilkräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital:
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
Schmerzen? Chronische Erkrankungen? www.patientenseminare.ch