Die französische Arzneimittelaufsicht (ANSM) hat entschieden, die Zulassung des oft als Verhütungsmittel verschriebenen Akne-Medikaments „Diane®-35“ (Bayer) zu sistieren. Die ANSM liess dazu verlauten, dass neue Daten ein vierfach erhöhtes Risiko von Thromboembolien zeigten. Zur Behandlung von Akne gebe es auch Alternativen. Die Behörde sieht allerdings eine Übergangszeit von drei Monaten vor, um den Patientinnen den Umstieg zu erleichtern.
Das Bayer-Medikament enthält eine Wirkstoffkombination aus Ethinylestradiol und Cyproteron und besitzt eine Zulassung zur Anwendung bei Frauen mit Akne, leicht verstärkter Körperbehaarung und bei Haarausfall. Weil Diane®-35 wegen der enthaltenen Hormone zudem eine empfängnisverhütende Wirkung hat, wird es aber auch als Antibabypille eingenommen. Damit einher geht allerdings das erhöhte Risiko von Thrombosen.
Die ANSM hatte ein Neubewertungsverfahren eingeleitet, nachdem in Frankreich vier Todesfälle mit der Einnahme des Medikaments in Zusammenhang gebracht wurden. Nun verkündete die Behörde als Resultat ihrer Überprüfung, dass das Risiko den Nutzen überwiege. Sie beschloss deshalb die Aussetzung der Genehmigungen für das Inverkehrbringen des Akne-Mittels sowie seiner Nachahmerpräparate (Generika) nach Ablauf von drei Monaten.
Patientinnen sollten die Behandlung mit Diane®-35 nicht abrupt abbrechen, empfiehlt die Behörde, sondern die nächsten Schritte mit ihrem Arzt bzw. ihrer Ärztin besprechen. Bis zum nächsten Konsultation könnten sie weiterhin ihre gewohnte Behandlung fortsetzen.
Hersteller Bayer hatte am Sonntagabend in einer Erklärung betont, dass Diane 35 nur zur Behandlung von Akne verschrieben werden dürfe. Als Mittel zur Empfängnisverhütung werde das Präparat nicht empfohlen. Der Beipackzettel von Diane 35 weise zudem deutlich auf das Risiko einer Thrombose hin. Bei Thrombosen handelt es sich um Blutgerinnsel, die Lungenembolien und Schlaganfälle verursachen können.
Diane 35 ist weltweit in 135 Ländern zugelassen – auch in der Schweiz. Dass die Einnahme von Antibabypillen das Thromboserisiko steigern kann, ist grundsätzlich bekannt.
Quelle:
http://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/pharmazie/news/2013/01/30/dianeR-35-wird-in-frankreich-vom-markt-genommen/9311.html
http://bazonline.ch/wissen/medizin-und-psychologie/Frankreich-verbietet-Antibabypille-Diane-35/story/30593041
Kommentar & Ergänzung:
Dass Medikamente, die stark in den Organismus eingreifen, auch ein grösseres Risiko für ernsthafte Nebenwirkungen mit sich bringen, geht manchmal etwas vergessen.
Dieses Risiko spricht nicht grundsätzlich und fundamental gegen stark eingreifende Medikamente, aber jeder gravierende Zwischenfall verdeutlicht, dass Nutzen und Risiko sorgfältig abgewogen und wenn möglich risikoärmere Behandlungsmöglichkeiten in Betracht gezogen werden müssen.
Dazu gehören in vielen Fällen auch Phytopharmaka.
Allerdings sollte man bezüglich „Naturmedizin“ nicht in Naivität schwelgen. Auch Pflanzenmedizin kann Nebenwirkungen auslösen, wenn auch bei fachlich sorgfältiger Anwendung selten in schwerem Ausmass.
Sehr kritisch betrachten würde ich komplementärmedizinische Präparate, die als gänzlich nebenwirkungsfrei angepriesen werden. Es spricht nämlich sehr viel dafür, dass auch keinerlei therapeutische Wirkung hat, was grundsätzlich und absolut frei von Nebenwirkungen sein soll.
Diese Einsicht hat es allerdings nicht leicht, den der Wunsch nach einem hochwirksamen, aber zugleich gänzlich sanften, risikofreien Heilmittel scheint sehr stark und weit verbreitet.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Kräuterexkursionen in den Bergen / Heilkräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital:
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
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