Jeden Frühling kommt sie wieder – die dringliche Empfehlung, dass nun die Zeit gekommen sei, um mit einer Fastenkur Körper, Geist und Seele zu entschlacken.
Den weitverbreiteten Entschlackungs-Irrtum kann man in einem Satz zusammenfassen:
„Giftstoffe und Ablagerungen, welche sich über das Jahr hinweg im Körper angesammelt haben, können beim „Entschlacken“ entfernt werden.“
Tatsache ist jedoch: Beim Stoffwechsel fallen zwar in der Tat als Teil eines natürlichen Vorganges nicht verwertbare chemische Endprodukte an. Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) speichert ein gesunder Organismus diese überflüssigen Stoffe jedoch nicht etwa ab, sondern scheidet sie bei ausreichender Flüssigkeitszufuhr über Nieren und Darm wieder aus.
Diese „Kläranlagen-Funktion“ des Organismus kann durch Fasten nicht effizienter werden, als sie ohnehin schon ist. Wissenschaftliche Belege für günstige Wirkungen des „Entschlackens“ gibt es übrigens kaum. „Der im Zusammenhang mit dem Heilfasten immer wieder genannte Begriff ‚Entschlacken‘ ist wissenschaftlich nicht begründbar“, erklärt die DGE.
Quelle:
http://de.nachrichten.yahoo.com/blogs/in-form/fasten-kein-zuckerschlecken-für-die-gesundheit-145934893.html
Kommentar & Ergänzung:
Man muss unseren Organismus vor den „Entschlackungsaposteln“ quasi in Schutz nehmen. Sie sprechen ihm nämlich ziemlich grundlegend die Kompetenz ab, mit Stoffwechselprodukten angemessen und „professionell“ umzugehen. Und dann verkaufen sie uns Fastenkuren, Entschlackungstees, Detox-Fussbäder und andere Fragwürdigkeiten. Die Entschlackungsbranche lebt von einem Phantom. Um welche Stoffe es sich bei diesen „Schlacken“ und „Giftstoffen“ genau handeln soll – diese Angabe bleibt sie nämlich in der Regel schuldig.
Am heikelsten finde ich aber, dass durch die ständige Rede von Schlacken und Entschlackungskuren das Vertrauen in die Fähigkeiten unseres Organismus untergraben wird. Und wer an diesem Punkt genug verunsichert ist, wird ein guter Konsument für Mittelchen aller Art, die dieses Kompetenzdefizit beheben sollen. Davon lebt neben der Entschlackungsbranche auch die Nahrungsergänzungsmittel-Industrie.
Wer Ihnen einredet, Sie seien verschlackt, unterstellt Ihnen Problem und will Ihnen möglicherweise eine Lösung für das eingeredete Problem verkaufen.
Sparen Sie sich das Geld dafür und tun Sie sich damit sonst etwas Gutes.
Siehe auch:
Entgiftungsdiäten / Detox-Diäten – bodenlose Versprechungen
Unsinnig und irreführend: Sidroga® Wellness Entschlackungstee
Schlackenstoffe – ein Phantom macht Karriere
Entgiften und Entschlacken – höchst fragwürdige Versprechungen
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Kräuterexkursionen in den Bergen / Heilkräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital:
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
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