Auch nicht benzodiazepinhaltige Hypnotika (Schlafmittel) scheinen das Sturz- und Frakturrisiko bei Pflegeheimbewohnern zu steigern. Eine aktuelle Studie bestätigt nun den bereits seit längerer Zeit gehegten Verdacht.
Der Einsatz von Benzodiazepinen gilt wegen des hohen Sturzrisikos in Pflegeheimen schon länger als riskant. Doch auch die Nachfolge-Medikamente der Benzodiazepine gerieten in die Kritik, nachdem unter diesen Hypnotika zum Teil vermehrt Frakturen beobachtet wurden. Amerikanische Wissenschaftler untersuchten nun, ob es tatsächlich an den Medikamenten liegt, denn theoretisch könnten auch die Schlafstörungen selbst verantwortlich sein.
Die Forscher untersuchten dazu die Daten von rund 15 000 Pflegeheimbewohnern mit einer Hüftfraktur.1
11 % dieser Patienten waren zuvor mit einem nicht benzodiazepinhaltigen Schlafmittel behandelt worden. Tatsächlich war das Risiko, innerhalb der ersten 30 Tage nach Einnahme zu stürzen und eine Hüftfraktur zu erleiden, unter dieser Behandlung 66 % höher. In den ersten 15 Tagen war das Risiko am größten. Pflegeheim-Bewohner mit höchstens leichten kognitiven und limitierten funktionellen Einschränkungen stürzten eher als Patienten mit mäßigen bis schweren Einschränkungen.
Die Nachtruhe mit Tagesaktivitäten fördern statt mit Benzodiazepinen
Die Wissenschaftler empfehlen erhöhte Vorsicht bei der Verordnung von Nicht-Benzodiazepinen. Es wird von anderen Autoren aber auch betont, dass unbehandelte Schlaflosigkeit das Sturzrisiko ebenfalls steigert. Die Mitarbeiter von Pflegeheimen sollten deshalb primär darauf hinwirken, den Bewohnern anregende Tagesaktivitäten anzubieten und sie vom Mittagsschlaf abzuhalten, um ihre nächtliche Schlafqualität zu optimieren.
Quelle:
http://www.medical-tribune.de/home/news/artikeldetail/sturzgefahr-auch-mit-nicht-benzodiazepinen.html
Sarah D. Berry et al., JAMA Intern Med 2013; 173: 754–761
Kommentar & Ergänzung:
Das Sturzrisiko älterer Menschen bei der Einnahme von Schlafmitteln wird seit einiger Zeit intensiver diskutiert. Interessant in diesem Text ist der Hinweis, dass unbehandelte Schlafstörungen das Sturzrisiko ebenfalls erhöhen.
Ergänzend könnte noch darauf hingewiesen werden, dass auch pflanzliche Schlafmittel wie zum Beispiel Extrakte aus Hopfen und Baldrian oder ätherische Öle wie Lavendelöl oder Melissenöl eine prüfenswerte Option sind. Sie helfen zwar nicht in jedem Fall. Sie steigern aber nicht das Sturzrisiko und führen nicht zu Abhängigkeit und Toleranzentwicklung.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Heilpflanzenexkursionen in den Bergen / Kräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital:
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
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