Klinische Studien lohnen sich auch für Heilpflanzen, sie sind sogar nötig, weil sich nur mit wissenschaftlichen Daten zuverlässige Dosierungen und Nebenwirkungen feststellen lassen. Und nur geprüfte Mittel schaffen es in offizielle Empfehlungen und Leitlinien, erklärte Professor Dr. Merlin Willcox von der Universität Oxford beim Kongress der Gesellschaft für Arzneipflanzen- und Naturstoffforschung im portugiesischen Guimarães.

Gerade in Anbetracht vernachlässigter Krankheiten in Entwicklungsländern bräuchte man kostengünstige, zuverlässige Alternativen aus der Natur, betonte der Arzt und Wissenschaftler.

Dabei stellt sich aber die Frage, für welche Pflanze sich der Aufwand lohnt? Gegen Malaria zum Beispiel kommen weltweit rund 1200 verschiedene Pflanzenarten zur Anwendung. Allein in Mali fanden Willcox und sein Team 66 Pflanzenarten in 166 Rezepturen. Die Forscher schauten deshalb zunächst retrospektiv, welche traditionelle Behandlung bei leichter Malaria scheinbar geholfen hatte und wählten zur genaueren Untersuchung die Pflanze Argemone mexicana aus, den Mexikanischen Stachelmohn.

Dann ließen die Wissenschaftler den örtlichen Heiler die Pflanze in drei verschiedenen Dosierungen verordnen.

Dem Großteil der Kinder mit mittlerer bis hoher Dosis ging es nach sieben Tagen besser und die Parasitenlast im Blut hatte sich deutlich vermindert.

Bei der höchsten Dosierung traten allerdings Auffälligkeiten im EKG auf. Weitere Untersuchungen zeigten, dass die Samen der Mohnpflanze giftig wirken können und deshalb vor der Zubereitung eines Tees entfernt werden sollten.

Im nächsten Schritt führten die Forscher eine randomisierte, kontrollierte Studie durch. Die Kinder bekamen entweder eine Artemisinin-kombinierte Standardtherapie (ACT) oder zweimal täglich eine Tasse Tee aus der Mohnpflanze. Bei 89 Prozent der Kinder trat eine klinische Verbesserung ein gegenüber 95 Prozent unter ACT, wobei aber der Tee bessere Verträglichkeit zeigte.

Im nächsten Schritt suchten die Wissenschaftler nach den aktiven Substanzen der Pflanze und stiessen dabei auf die Alkaloide Berberin, Protopin und Allocryptopin.

Allerdings sind diese Alkaloide schlecht bioverfügbar und ließen sich kaum im Blut nachweisen, so dass die Forscher nicht wissen, wie die Pflanze wirkt.

Den Wirkungsmechanismus zu kennen wäre aber nützlich für einen möglichst standardisierten Eigenanbau. Die Wissenschaftler wollen nämlich kein neues, patentgeschütztes Arzneimittel entwickeln, sondern ein zuverlässiges, erschwingliches, verbessertes Phytopharmakon für die Menschen in armen Regionen. Der ganze Vorgang habe sechs Jahre gedauert und etwa 400 Millionen Euro gekostet – ein Bruchteil der üblichen Entwicklungskosten für Medikamente in der Pharmaindustrie. Die Nutzung der Pflanze sei inzwischen gestiegen – als Ergänzung der üblichen Malariatherapeutika, nicht als Ersatz.

Wissenschaftler sollten ihre Vorurteile gegenüber traditioneller Pflanzen überdenken und mehr wissenschaftliche Evidenz schaffen, fordert Willcox. Die Forschungsinitiative für traditionelle Malaria-Methoden setzt sich deshalb dafür ein, dass mehr solcher Studien durchgeführt werden.

Quelle:

http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=53948

Forschungsinitiative für traditionelle Malaria-Methoden (Ritam):

http://giftsofhealth.org/ritam/

Kommentar & Ergänzung.

Da die Resistenzen gegen bisherige Malariamittel zunehmen, ist solche Forschung sehr erwünscht.

Siehe auch:

Malaria-Forschung: Afrikanische Heilpflanzen im Fokus 

Die Forschung rund um Argemone mexicanae ist allerdings nicht völlig neu.

Siehe:

Antenna erforscht traditionelles Heilpflanzen-Wissen

Ein bisschen irritierend finde ich die 400 Mio. Euro, die der ganze Prozess gekostet haben soll. Diese horrende Summe kann sich kaum nur auf das beziehen, was hier beschrieben wird an Forschung bezüglich Argemone mexicana. So teuer wird das nicht gewesen sein. Vielleicht bezieht sich die Zahl auf die gesamte Forschung des Ritam.

Und im übrigen sind die Informationen über die Studien in dieser Meldung sehr spärlich und daher wenig aussagekräftig. So wird zum Beispiel nicht einmal klar, wie viele Probanden teilgenommen haben. Verlassen würde ich mich auf solche Angaben jedenfalls nicht.

Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde

Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz

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Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch

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