Diese Frage stellt die NZZ am Sonntag (8. 10. 2017) dem Ernährungswissenschaftler Walter Willett. Antwort:
„Mit dem Orangensaft verhält es sich sehr viel komplizierter als mit den Süssgetränken, denn diese enthalten gar keine Nährstoffe. Orangensaft eignet sich gut, um sich mit Vitamin C zu versorgen. Aber er erhöht das Diabetesrisiko leicht, und tatsächlich enthält Orangensaft etwa so viel Zucker wie eine Cola. In einer idealen Welt würde man jeden Tag einige Orangen essen, anstatt Orangensaft zu trinken, aber das wird nicht passieren, weil es teurer und komplizierter ist. Es ist also vertretbar, täglich ein Glas Orangensaft zu trinken, am besten morgens, weil man sich danach bewegt. Es ist aber keine gute Idee, mehr als ein Glas zu trinken.“
Kommentar & Ergänzung:
Sinnvoll wäre es wohl auch, Fruchtsäfte 1:1 verdünnt mit Wasser zu trinken.
Ausserdem würde ich Orangensaft nicht aussschliesslich unter dem Kriterium der Vitamin-C-Zufuhr betrachten.
Orangen enthalten auch Carotinoide als orange Farbstoffe (z. B. Cryptoxanthin, Luteoxanthin).
Interessanterweise hat eine Untersuchung am Lehrstuhl Technologie und Analytik pflanzlicher Lebensmittel der Universität Hohenheim ergeben, dass aus pasteurisiertem Orangensaft ungefähr doppelt so viele Carotinoide aufgenommen werden wie aus einer handelsüblichen Orange.
Carotinoide zählen zu den so genannten sekundären Pflanzenstoffen, die für Menschen nicht zwingend nötig, aber gesundheitsfördernd sind. Sie schützen laut die Körperzellen vor schädlichen Umwelteinflüssen und spielen wegen ihrer Provitamin-A-Aktivität eine wichtige Rolle in der Ernährung.
Dass der menschliche Organismus aus dem pasteurisierten Orangensaft so deutlich mehr Carotinoide gewinnen kann als beim Verzehr der Orangenfrucht, liegt an der Herstellung des Saftes. Bei der Produktion des Orangensaftes werden Ballaststoffe wie Pektin oder auch Cellulose teilweise abgetrennt. Diese Ballaststoffe hemmen die Absorption von Carotinoiden während der Verdauung. Da in der Orange mehr unverdauliche Ballaststoffe enthalten sind als im Saft, ist die Aufnahme der Carotinoide aus der Frucht stark vermindert.
Ihre Resultate haben die Wissenschaftler im Fachjournal „Molecular Nutrition and Food Research“ publiziert.
Quelle:
https://www.welt.de/gesundheit/article148333801/Orangensaft-ist-gesuender-als-die-frische-Orange.html
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/mnfr.201500327/abstract
Als Zwischenbemerkung (M.K.): Wenn in der Orangenfrucht mehr Ballaststoffe vorkommen und dadurch die Aufnahme der Carotinoide verlangsamt wird, könnte es auch sein, dass Zucker verlangsamt aufgenommen wird. Pektin hat jedenfalls diese positive verzögernde Wirkung.
Orange enthaltenen zudem Flavonoide. Das sind wirkungsvolle Antioxidantien. Sie verbessern die Aufnahme von Vitamin C, schützen es vor Oxidation und steigern die Bioverfügbarkeit. Flavonoide entfalten sehr wahrscheinlich im Organismus eine Reihe von positiven Wirkungen, zum Beispiel im Herz-Kreislaufsystem und im Immunsystem.
Die Konzentration an Flavonoiden wird bei der Saftherstellung deutlich reduziert, allerdings werden die im Saft gelösten Flavonoide deutlich besser aufgenommen als diejenigen in frischen Orangen, in denen sie zu 90 Prozent als schwerverdauliche ungelöste Feststoffe vorliegen.
Quelle: http://derstandard.at/2000024807511/Orangensaft-gesuender-als-sein-Ruf
Beim Orangensaft ist noch zu ergänzen, dass die Produktionsbedingungen oft ausbeuterisch sind.
Siehe dazu:
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Kräuterwanderungen in den Bergen / Kräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital:
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
Schmerzen? Chronische Erkrankungen? www.patientenseminare.ch