Das Verbraucher-Magazin „Ökotest“ beurteilt in der aktuellen September-Ausgabe 28 pflanzliche Präparate, die gegen Vergesslichkeit und nachlassende Konzentrationsfähigkeit helfen sollen. Bei den nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln sowie Nahrungsergänzungsmitteln handelt es sich um Präparate auf der Basis von Ginkgo, Ginseng und Taigawurzel. Von den 28 untersuchten Präparaten schneidet nur ein Arzneimittel mit „gut“ ab.
Ökotest beurteilte die Präparate bezüglich Wirksamkeit und bedenklicher Substanzen. Unter die Lupe genommen wurden elf rezeptfreie Arzneimittel mit Ginkgo, sechs mit Ginseng und Taigawurzel sowie elf Nahrungsergänzungsmittel. Davon fielen 18 mit der Note «mangelhaft» und «ungenügend» durch. Nur ein Arzneimittel mit Ginkgo bekam die Note «gut», alle anderen Präparate mit Ginkgo beurteilte Ökotest als «ausreichend» oder schlechter.
Bei dem mit «gut» benoteten Ginkgo-Präparat handelt es sich um Tebonin®konzent 240 mg Filmtabletten zur Behandlung von hirnorganisch bedingten Leistungseinbußen mit Beschwerden wie Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen. Das ist wenig überraschend, weil dieses Ginkgo-Präparat seit Jahren erforscht wird und daher eine ganze Reihe von Studien dazu vorliegt.
Ökotest konstatiert, dass zwar auch alle anderen getesteten Ginkgo-Präparate einen definierten Ginkgo-Blätterextrakt enthalten, der dem Europäischen Arzneibuch entspricht. Aber nur der Spezialextrakt in den Tebonin-Filmtabletten schneide in der wissenschaftlichen Begutachtung «gut» ab.
Professor Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz von der Frankfurter Goethe-Universität, der für Ökotest die Begutachtung der 28 Präparate vornahm, wird dazu wie folgt zitert:
«Für diesen Extrakt liegen drei methodisch aktuelle Studien zu Patienten mit Alzheimer-Demenz und altersbedingten Gedächtnisstörungen vor. Bei zwei dieser Studien wurde eine signifikante Verbesserung der kognitiven Defizite bei einer Tagesdosis von 240 Milligramm gefunden.»
Laut Ökotest bekam der Tebonin-Extrakt nur deswegen kein «sehr gut», weil die medizinische Leitlinie zur Behandlung von Demenzerkrankungen anderen, verschreibungspflichtigen Medikamenten den Vorrang gibt. Die übrigen fünf Ginkgo-Präparate benotete Ökotest mit «ausreichend» und «ungenügend». Für sie lägen zwar teilweise produktbezogene Studien vor, die jedoch aufgrund mangelnder Qualität und Quantität nicht als sichere Wirksamkeitsbelege angesehen werden könnten.
Bei den Präparaten mit Ginseng- und Taigawurzel fällt die Benotung einheitlich vernichtend aus: viermal «mangelhaft», einmal «ungenügend». Keines dieser Präparate sei für das angepriesene Anwendungsgebiet wirksam, erklärt Ökotest. Bislang sei durch keine Studie belegt, dass die traditionelle Anwendung der Ingredienzien «zur Stärkung und Kräftigung bei Müdigkeits- und Schwächegefühl, nachlassender Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit sowie der Rekonvaleszenz» wirkt.
Noch härter fällt das Urteil für die untersuchten Nahrungsergänzungsmittel aus. Sie hätten keinen Nutzen und seien reine Geldverschwendung, schreibt Ökotest.
Quelle:
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=78345
Kommentar & Ergänzung:
Dieser „Ökotest“ zeigt die grossen Qualitätsunterschiede, die es bei pflanzlichen Präparaten gibt. In diesem Sinne ist eben nicht „Ginkgo“ gleich „Ginkgo“. Bei der Beurteilung muss immer genau hingeschaut werden, um welches Präparat es sich handelt, ob die Dosierung ausreichend ist, welche Qualiät und Konzentration der Extrakt hat etc.
Wenn Sie darüber etwas lernen wollen, dann empfehle ich Ihnen meine Lehrgänge – die Phytotherapie-Ausbildung oder das Heilpflanzen-Seminar.
Der hier am besten benotete Ginkgo-Extrakt im Präparat Tebonin ist in der Schweiz unter dem Namen Tebofortin und Tebokan erhältlich. Tebofortin kauft und zahlt man in der Apotheke oder Drogerie selber, Tebokan wird über die Grundversicherung bezahlt, wenn es ärztlich verschrieben wurde.
Zu diesem Spezialextrakt ist noch zu sagen, dass die Studien eine günstige Wirkung auf Lebensqualität und Alltagsbewältigung in frühen Stadien der Demenz zeigen, zum Beispiel eben bei Alzheimer-Demenz. Sie können aber den Krankheitsprozess nicht aufhalten.
Auch konnte in einer grossen Studie keine vorbeugende Wirkung belegt werden.
Siehe dazu:
Ginkgo-Studie findet keine vorbeugende Wirkung gegen Demenz
Ob ein gesundes Gehirn von einer Ginkgo-Behandlung profitiert, ist nicht eindeutig gesichert, obwohl natürlich viele Menschen sich vor nachlassendem Gedächtnis fürchten und solche Präparate einnehmen.
Bei den Ginseng-Produkten wäre es interessant zu wissen, welche Präparate genau untersucht wurden, denn auch hier gibt es grosse Qualitätsunterschiede. Gedächtnisstörungen sind aber auch nicht das Hauptanwendungsgebiet von Ginseng, und bei der Taigawurzel taucht diese Indikation in der Fachliteratur gar nicht auf.
Ginsengwurzel und Taigawurzel werden hautsächlich empfohlen bei Müdigkeit und Schwäche, in der Rekonvaleszenz und zur besseren Bewältugung von Stresssituationen.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe.
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse.
Kräuterkurse und Kräuterwanderungen in den Bergen.
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital:
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