Das Magazin „Stern“ empfiehlt in einem Beitrag Hausmittel bzw. Heilpflanzen bei Erkältung und Husten. Der Artikel ist ein gutes Beispiel für Halb-Richtigkeiten und daher lehrreich.
Schauen wir uns die Empfehlung als phytotherapeutischer Sicht mal genauer an (Zitate aus dem Artikel kursiv):
„Manche Pflanzen entfalten ihre Wirkung am besten, wenn man einen Tee daraus zubereitet. Trockenen Husten lindern Königskerze oder Isländisches Moos, Thymian oder Efeu, Eibisch oder Huflattich. Hat sich der Husten festgesetzt, lässt er sich mit Wiesenschlüsselblume, Waldschlüsselblume, Pimpinelle, Anis oder Seifenkraut lösen.“
Kommentar:
Hier wird der löbliche Versuch gemacht, in der Behandlung zwischen verschiedenen Hustenstadien zu unterscheiden: „Trockener Husten“ und „festgesetzter Husten“. Letzteres ist unpräzis ausgedrückt. Es müsste wohl statt von „festgesetztem Husten“ von festgesetztem Schleim die Rede sein, dann wird es klarer, was gemeint ist, nämlich „Husten mit Auswurf“ oder „produktiver Husten“.
– Beim trockenen Husten fehlt hier meines Erachtens Malvenblüte, während Thymian wegen seinem auswurffördernden ätherischen Thymianöl eher zum produktiven Husten gehört, dort aber besser als Inhalation angewendet wird. Huflattich enthält toxische Pyrrolidinalkaloide und sollte besser durch risikolose Schleimpflanzen ersetzt werden (wie zum Beispiel Malvenblüten). Efeublätter sind nicht wie empfohlen zur Teezubereitung geeignet. Sie brauchen eine genaue Einstellung der Wirkstoffmenge. Das lässt sich nur mit einem Extraktpräparat erreichen (z. B. Prospan). Bei Eibisch ist wohl die Eibischwurzel gemeint. Dann ist es wichtig anzufügen, dass zur Teezubereitung ein Kaltauszug vorzuziehen ist.
– Beim produktiven Husten wäre darauf hinzuweisen, dass bei der Schlüsselblume die Schlüsselblumenwurzel wirksamer ist als die Schlüsselblumenblüte. Bei Seifenkraut musste ebenfalls die Wurzel zur Anwendung kommen. Seifenkraut ist aber sehr unüblich als Heilpflanze gegen Husten. Anisfrüchte wirken auswurffördernd, man muss sie aber vor der Teezubereitung zerquetschen. Thymian gehört auch zum produktiven Husten.
Bei „Pimpinelle“ ist unklar, welche Pflanze damit gemeint ist: Bibernellwurzel (von Pimpinella major und Pimpinella saxifraga), eine traditionelle Hustenpflanze, oder der umgangssprachlich oft als Pimpinelle bezeichnete Kleine Wiesenknopf (Sanguisorba minor), der eher in der Wildkräuterküche verwendet wird.
Hier ein weiteres Zitat:
„Wirkstoffe aus Mädesüßblüten und Weidenrinde lindern Schmerzen, hemmen Entzündungen und senken das Fieber. Speziell gegen Fieber wirken auch Tees aus Holunderblüten, Lindenblüten oder Chinarinde. Und bei einer Nebenhöhlenentzündung haben Sie eine große Auswahl an pflanzlichen Mitteln zur Auswahl: Schlüsselblume, schwarzer Holunder, Efeu, Kamille, Thymian, Eukalyptus, Fichtennadel.“
Kommentar:
Mädesüss und Weidenrinde enthalten beide Salicylsäureabkömmlinge, die potenziell schmerzlindernd und fiebersenkend wirken. Der Gehalt ist bei Weidenrinde sehr viel höher als bei Mädesüss. Zur Entzündungshemmung reicht der Gehalt im Mädesüss deshalb nicht aus und gegen Schmerzen und Fieber ist er auch zu knapp.
Holunderblüten und Lindenblüten gelten traditionell als schweisstreibend und damit als fiebersenkend. Ob das so zutrifft, ist ungeklärt.
Dass Chinarinde (Cinchona pubescens) fiebersenkend wirken soll, ist schlicht falsch. Sie wird angewendet bei Appetitlosigkeit, Blähungen und anderen Verdauungsstörungen.
Chinarinde kann die Blutungsneigung steigern, indem sie die Anzahl der Blutplättchen reduziert. Sie kann daher als Interaktion die Wirkung von blutgerinnungshemmenden Medikamenten verstärken. Schwangerschaft sowie Magen- und Darmgeschwüre gelten als Kontraindikationen für Chinarinde.
Die Aufzählung der pflanzlichen Mittel bei Nebenhöhlenentzündung ist willkürlich. Schlüsselblume und Schwarzer Holunder werden hier wohl aufgeführt, weil sie Bestandteil des Phytopharmakons „Sinupret“ sind. Als Tee sind sie bei Nebenhöhlenentzündung unüblich und die Wirkung ist ausgesprochen fraglich. Efeu wird als Extrakt aus den Blättern (zum Beispiel als Prospan) gegen Husten eingesetzt und wirkt krampflösend und auswurfördernd auf die Bronchien. Sehr unüblich bei Nebenhöhlenentzündung.
Bei Kamille, Thymian, Eukalyptus und Fichtennadel müsste erwähnt werden, dass die Anwendung bei Nebenhöhlenentzündung nur inhalativ sinnvoll und un nur, wenn die Nasenwege frei sind. Kamillenblüten wirken dabei entzündungswidrig. Thymian, Eukalyptus und Fichtennadel wirken auswurffördernd und antimikrobiell, sie werden sinnvollerweise als Thymianöl, Eukalyptusöl und Fichtennadelöl inhaliert. Durch Fichtennadelöl können Bronchospasmen verstärkt werden, weshalb es nicht bei Asthma bronchiale und Keuchhusten angewendet werden sollte.
Es gibt also durchaus interessante Möglichkeiten zur Behandlung von Erkältungen mit Heilpflanzen, aber es braucht dazu mehr Präzision, als dieser Beitrag des „Sterns“ liefert.
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