Johanniskraut (Hypericum perforatum) ist vom Verein zur Förderung der naturgemäßen Heilweise nach Theophrastus Bombastus von Hohenheim (NHV Theophrastus) zur Heilpflanze des Jahres 2019 bestimmt worden. Schon im Jahr 2015 wurde Johanniskraut von Wissenschaftlern der Universität Würzburg zur Arzneipflanze des Jahres gewählt.
Ich fasse hier den Bericht von Apotheke-Adhoc zusammen und kommentiere ihn zugleich kursiv:
Johanniskraut ist eine Heilpflanze mit langer Tradition. Der Name Johanniskraut verweist auf Johannes den Täufer. In früheren Zeiten wurde die Pflanze am Johannistag geerntet, dem 24. Juni. An diesem Tag wurden auch die Johannisfeuer entzündet und die Kräuter für die Hausapotheke gesammelt. Das Johanniskraut gehörte dabei neben Bärlapp, Kamille, Mädesüß, Beinwell oder Schafgarbe zu den wichtigsten Kräutern.
Soweit zur Geschichte. Der Text geht dann auf die Botanik ein und wird dabei ungenau:
„Der lateinische Name ‚Perforatum’ leitet sich von den Exkretbehältern in der Blättern ab, die das arzneilich genutzte Öl enthalten. Hält man ein Blatt gegen die Sonne, sieht es durchlöchert, also perforiert aus.“
Das ist nicht richtig so. Das „arzneilich genutzte Öl“, also das Johannisöl, ist ein Ölauszug, meist auf der Basis von Olivenöl. Die rote Farbe bekommt das Johannisöl durch den Inhaltsstoff Hypericin, der in den schwarzen Punkten konzentriert ist, die man auf Blättern und Blütenknospen findet. In den durchscheinenden „Perforationen“ ist dagegen ätherisches Johannisöl enthalten, das so kaum genutzt wird.
Der Bericht auf Apotheke-Adhoc erwähnt anschliessend, dass der Legende nach der Teufel selbst tausende Löcher mit einer Nadel in das Johanniskraut hineingestochen habe, weil er sich so über dessen ungewöhnlich starke Heilkraft ärgerte. Das lässt sich ja kaum in Frage stellen……
Johanniskraut zählt aber inzwischen auch zu den am besten erforschten Arzneipflanzen überhaupt.
Sein Wirkungsspektrum ist außerordentlich breit, denn es umfasst sowohl Beschwerden körperlichen, als auch psychischen Ursprungs.
Gesichert sei die heilende Wirkung bei Hauterkrankungen, Magen-Darm Problemen, Schlafstörungen, zur Rekonvaleszenz und bei leichter bis mittelgradiger Depression, schreibt Apotheke-Adhoc.
Angaben wie ‚Magen-Darm-Probleme’ sind ein bisschen zu vage und ‚Rekonvaleszenz’ als Indikation ist fragwürdig.
Bei Verbrennungen und entzündlichen Hauterkrankungen wird traditionell Johannisöl eingesetzt.
Heute nur noch bei kleinen Verbrennungen ersten Grades empfehlenswert.
Das Öl kann man entweder direkt auftragen oder einmassieren, oder mittels einer getränkten Kompresse auf die betroffene Stelle auflegen.
Hypericin könne jedoch die Haut lichtempfindlicher machen und bei längerer Sonnenlichtexposition zu sonnenbrandähnlichen Reaktionen führen, wird im Beitrag ausgeführt.
Hier kommt zuwenig genau zum Ausdruck, dass diese Photosensibilisierung insbesondere Auftritt bei innerlicher Anwendung.
Auch ein Aufenthalt im Solarium könne während einer Johanniskraut-Behandlung unangenehme Folgen haben und sollte vermieden werden, erklärt der Text.
Aufgrund der Neben- und Wechselwirkungen seien Johanniskraut-Präparate nicht immer und uneingeschränkt zu empfehlen. Sie können Wechselwirkungen auslösen mit zahlreichen anderen Wirkstoffen.
Wirkstoffe aus Johanniskraut können zum Beispiel die Konzentration von Serotonin im Zentralnervensystem steigern, so dass toxische Konzentrationen erreicht werden.
„Toxisch“ ist hier ein zu starker Ausdruck und es geht da um eine Interaktion (Wechselwirkung) mit synthetischen Antidepressiva vom SSRI-Typ, die wie Johanniskraut die Konzentration von Serotonin im synaptischen Spalt steigern. Nimmt man Johanniskraut-Präparate zusammen mit SSRI, kann sich die Wirkung auf die Serotonin-Konzentration addieren und dann überschiessend werden.
Wechselwirkungen zwischen Johanniskraut und anderen Arzneimitteln
Johanniskraut kann jedoch auch den Abbau anderer Arzneistoffe beschleunigen.
Johanniskraut kann Enzyme in der Leber aktivieren, die für den Abbau bestimmter Medikamente zuständig sind. Dadurch kann die Wirksamkeit von Cholesterinsenkern, einigen Antikoagulanzien, diversen Zytostatika, HIV-Proteaseinhibitoren, hormonellen Verhütungsmitteln und weiterer Arzneimittelgruppen abgeschwächt werden. Solche Wechselwirkungen müssen bei der Einnahme von Johanniskraut-Präparaten ausgeschlossen werden.
Der Verein NHV Theophrastus kürt seit 2003 die Heilpflanze des Jahres. Im Jahr 2018 fiel die Wahl auf Ingwer, 2017 auf Gänseblümchen, 2016 auf Kubebenpfeffer, 2015 auf die Zwiebel, 2014 auf Anis, 2013 auf die Damaszener-Rose und 2012 auf Koloquinta.
Quelle:
https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/pharmazie/johanniskraut-ist-heilpflanze-des-jahres-nhv-theophrastus/
Zusammengefasst: Dieser Bericht ist zwar nicht völlig falsch, doch enthält er einige Unschärfen und Irrtümer.
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