Myrrhe ist ein Harz, das eine lange Tradition als Räuchermittel hat und zur Zubereitung von Salbölen und zur Einbalsamierung von Toten verwendet wurde.
Das aromatische Gummiharz stammt von mehreren Arten der Gattung Commiphoraaus der Familie der Balsambaumgewächse. Hautsächlich gewonnen wird Myrrhenharz von Commiphora myrrha, ein dorniger Strauch, der bis zu drei Meter hoch wird und insbesondere in Somalia wächst.
In der neueren Phytotherapie hat Myrrhe lange Zeit nur eine marginale Rolle gespielt. Verwendet wurde vor allem Myrrhentinktur gegen Aphthen und Zahnfleischentzündungen.
Seit einigen Jahren wird Myrrhe aber im Rahmen eines Kombinations-Präparats erforscht zur Behandlung von Colitis ulcerosa.
Die Kombination besteht aus Myrrhe, Kaffeekohle und Kamillenblütenextrakt.
Das Präparat heisst MYRRHINIL-INTEST® und wird inzwischen von der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankrankheiten (DGVS) in einer S3-Leitlinie empfohlen als Option, die „komplementär in der remissionserhaltenden Behandlung eingesetzt werden (kann)“.
In Laborstudien (also im Reagenzglas, in-vitro) zeigte Myrrhe entzündungshemmende, antibakterielle (gegen Escherichia coli, Pseudomonas und Staphylococcus aureus) und pilzhemmende (Candida albicans) Wirkung.
Eine randomisierte und kontrollierte Studie der Kliniken Essen-Mitte untersuchte den Erhalt der remissionsfreien Phase bei Colitis Ulcerosa. Getestet wurde dabei die Wirksamkeit der Kombination aus Myrrhe, Kaffeekohle und Kamillenblütenextrakt im Vergleich mit dem Arzneimittel Mesalazin. Die Wirksamkeit des Kombi-Präparats war dabei vergleichbar mit dieser Standardmedikation.
Quelle:
https://beta.doccheck.com/de/detail/articles/17941-holde-gaben-oder-wirksame-phytopharmaka?utm_source=DC-Newsletter&utm_medium=E-Mail&utm_campaign=Newsletter-DE-DocCheck%20News%2018.51%20(Freitag)-2018-12-21&user=19e2ae30bee753d24d00c29a6722e2cd&n=4908&d=28&chk=dea7a863bfd644fbaf3279eafb1ae7fe&nl=4908&block=35270
Randomised clinical trial: a herbal preparation of myrrh, chamomile and coffee charcoal compared with mesalazine in maintaining remission in ulcerative colitis–a double-blind, double-dummy study.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23826890
Kommentar & Ergänzung:
Ich war und bin bei diesem Präparat in der Beurteilung etwas zurückhaltend, weil mir die Begründungen für die Wirksamkeit sich stark auf Laborstudien stützen, deren Ergebnisse nur sehr eingeschränkt auf die Anwendung bei Patientinnen und Patienten übertragbar sind.
Aber gut, es gibt jetzt diese kleine Doppelblind-Studie mit 96 Probanden gegen das Standardmedikament Mesalazin, die immerhin über 12 Monate gelaufen ist. Und die Aufnahme in die Leitlinien der DGVS ist ein positiver Punkt für dieses Präparat. Das ist bisher noch nicht vielen Phytopharmaka gelungen.
Allerdings ist damit die Wirksamkeit noch nicht besonders gut belegt. Nötig wäre eine grössere Studie mit einer Placebo-Gruppe als Vergleich.
Prof. Robert Fürst schreibt in seiner Publikation „Pflanzliche Arzneimittel – was wirklich hilft“ zur Anwendung von MYRRHINIL-INTEST® bei Colitis ulcerosa:
„Das Präparat Myrrhinil enthält pulvierisierte Myrrhe, einen Trockenextrakt (DEV 4 – 6 : 1) aus Blüten der Kamille und pulverisierte Kaffeekohle. Es wird als traditionelles pflanzliches Arzneimittel auf der Basis langjähriger Erfahrung zur allgemeinen Unterstützung der Magen-Darm-Funktion eingesetzt. In einer kleinen klinischen Studie konnte zwar beobachtet werden, dass die Dreifach-Kombination ebenso gut wie der chemisch-synthetische Wirkstoff Mesalazin die Remission aufrechterhalten konnte, eine Zulassung besitzt das Präparat für diese Anwendung allerdings nicht.“
Auch aus diesen Sätzen spricht eine vorsichtige Beurteilung der Wirksamkeit.
Das Präparat Myrrhinil ist in der Schweiz nicht als Arzneimittel zugelassen.
Prof. Fürst führt zum Thema Colitis ulcerosa zudem die Flohsamen an:
„Flohsamen können die Behandlung von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen ergänzen. Eine kleine klinische Studie mit Colitis-ulcerosa-Patienten ergab, dass Flohsamen ebenso gut die Remission erhalten konnten wie Mesalazin. Leider existiert kein Phytopharmakon, das eine Zulassung für diesen Anwendungsbereich besitzt.“
Bei vergleichbarer Studienlage ziehe ich Flohsamen vor.
Darüber hinaus gibt es weitere Optionen aus der Phytotherapie für die unterstützenden Behandlung von Colitis ulcerosa.
Zum Beispiel:
Kleine Studie untersucht Wirkung von Heidelbeeren bei Colitis ulcerosa
Naturheilkunde bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
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