Die Zeitschrift „Ökotest“ hat 17 oral einzunehmende Venenmittel von Pharmazieprofessor Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz bewerten lassen.
Resultat: Zehn Präparate mit Extrakten aus roten Weinblättern oder Rosskastaniensamen sind empfehlenswert, außerdem ein Produkt mit Oxerutin.
Eine Venenschwäche kann sich durch müde Beine, Schwellungen, Juckreiz und Krampfadern zeigen.
Der charakteristische Patient ist weiblich und über 60 Jahre alt. Häufig sind die Beschwerden zwar lästig und unschön, aber nicht gefährlich und damit für die Selbstmedikation geeignet.
Ökotest betont jedoch, dass Venenerkrankungen grundsätzlich in die Hände eines Arztes gehören, weil nur er feststellen kann, welche Behandlung notwendig ist oder ob sogar eine Thrombosegefahr besteht.
Die Deutsche Gesellschaft für Phlebologie empfiehlt bei Venenschwäche Bewegung, Kühlung oder eine Kompressionstherapie. Genügt das nicht, kann eine Behandlung mit pflanzlichen Präparaten versucht werden. »Einigen von ihnen, wie Präparate aus der Rosskastanie oder Extrakte aus der Weinrebe, konnte in Studien tatsächlich ein symptomlindernder Effekt zugeschrieben werden«, schreibt die Fachgesellschaft auf ihrer Website. Das gilt allerding nur für oral einzunehmende Extrakte in Tabletten-, Kapsel- oder Drageeform
Nach der Beurteilung vonDr. Manfred-Schubert-Zsilavecz liegen zuverlässige Wirksamkeitsnachweise zurzeit für Extrakte aus Rosskastaniensamen und roten Weinrebenblättern vor, sowie für das Flavonoid Oxerutin. 11 der 13 entsprechend bewerteten Präparate bekamen die Note »sehr gut« oder »gut«, darunter alle Apothekenpräparate, zum Beispiel Aescusan®Retard von Mibe, Antistax®Extra von Sanofi-Aventis und Venoruton®Intens von Glaxo-Smith-Kline.
Bei den Rote-Weinrebenblätter-Präparaten existiert laut Ökotest jedoch nur für Antistax eine ausreichende Studienreihe. Da Extrakt jedoch nicht gleich Extrakt ist, bekam das zweite Präparat eine Note Abzug.
Viel schlechter sieht es für die Rosskastanien-Präparate von Abtei und Zirkulin aus, weil bei ihnen der Wirkstoffgehalt nicht angegeben ist. Deshalb bekommen sie die Note »mangelhaft«. In der Tagesdosis müssten bei Rosskastanienpräparaten mindestens 100 mg des kaum wasserlöslichen Wirkstoffs Aescin enthalten sein. Das ist bei Abtei und Zirkulin unwahrscheinlich, wurde bei beiden Präparaten doch Wasser statt Ethanol oder Methanol als Auszugsmittel eingesetzt.
Im Gegensatz zu Oxerutin sei für die Einzelsubstanzen Rutosid und Troxerutin, die in jewils zwei Präparaten einthalten sind, die Wirksamkeit nicht ausreichend belegt. Dementsprechend schlecht fällt die Bewertung für diese Einzelsubstanzen aus, nämlich »mangelhaft«.
Topische Venenmittel, also Cremes und Salben, die äusserlich zur Anwendung kommen, werden wegen mangelnder Wirksamkeitsnachweise weder von Ökotest (Ausgabe 8/2016) noch von der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie empfohlen. Einen Vorteil haben die Einreibemittel gemäss Fachgesellschaft allerdings schon: Das kräftige Einmassieren von unten nach oben tue den Beinen immer gut und unterstütze den Abfluss des venösen Blutes in Richtung Herz. Die Einreibemittel sollten jedoch keinen Alkohol enthalten, der bei manchen Präparaten zwecks Kühleffekt beigemischt wird. Solche alkoholischen Externa könnten bei Patienten mit Venenerkrankungen die ohnehin häufig bereits angegriffene Haut zusätzlich austrocknen.
Quelle:
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/oekotest-empfiehlt-elf-orale-praeparate/
Kommentar & Ergänzung:
Dieser Ökotest-Bericht zeigt sehr deutlich fünf wichtige Punkte:
- Die Wirksamkeit pflanzlicher Venenmittel ist mit Studien gut belegt.
- Das lässt sich aber nicht auf alle pflanzlichen Präparate übertragen. In der Phytotherapie kommt es sehr darauf an, in welcher Form eine bestimmte Heilpflanze angewendet wird. Man kann also eigentlich nicht allgemein sagen, „Rosskastanie hilft bei Venenbeschwerden“. Man muss sagen, in welcher Arzneiform die Rosskastanien-Anwendung wirksam ist. In diesem Fall gilt: Es braucht einen Rosskastanienextrakt mit 100mg Aescin als Hauptwirkstoff pro Tag. Das schliesst zum Beispiel die Rosskastanientinktur aus. Wer sich detaillierter für pflanzliche Arzneiformen interessiert, bekommt in diesem Fachbeitrag weitere Informationen:
Arzneiformen in der Phytotherapie
- Die äusserliche Anwendung zum Beispiel als Rosskastaniensalbe oder Rotes-Weinlaub-Salbe ist zwar beliebt, aber in der Wirksamkeit ungeklärt. Es gibt dazu jedenfalls keine Belege aus Studien. Ob die Wirkstoffe in relevanten Mengen durch die haut und bis zu den Venen gelangen, ist fraglich.
- Die pflanzlichen Venenmittel wie Rosskastanienextrakt, Rotes-Weinlauf-Extakt und Oxerutin werden auch als pflanzliche Ödemprotektiva bezeichnet. Sie wirken also gegen die venös bedingten Ödeme (Wasseransammlungen im Gewebe). Das tun sie, indem sie wie ein „Venenkitt“ kleinste Venenwände (Kapillargefässe) abdichten und so dem venösen Rückstau entgegen wirken. Das ist aber eine rein symptomatische Behandlung. Die Ödeme werden reduziert und das Gefühl der schweren Beine gelindert. Die Ursachen der Venenschwäche werden dadurch nicht beeinflusst (z. B. defekte Venenklapppen). Auch werden keine Krampfadern zurückgebildet.
- Ungeklärt ist auch eine oft erwünschte vorbeugende Wirkung gegen die Bildung von Krampfadern. Aus dem Labor gibt es zwar Hinweise, dass Aescin als Hauptwirkstoff der Rosskastanien die Venenwände stärken und daduch der Krampfaderbildung entgegen wirken könnte.Der Mensch ist allerdings kein Reagenzglas. Die Verhältnisse im menschlichen Gefässsstem sind viel komplexer als in Laborexperimenten.
Siehe auch:
Rotes Weinlaub und Rosskastanien-Extrakt gegen Krampfadern – ja, aber in welcher Form?
Venenerkrankungen: Wirksamkeit von Rosskastanienextrakt erneut bestätigt
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