Kräutertees sind eine wertvolle Zubereitungsart von Heilpflanzen. Dabei stellt sich immer die Frage nach der richtigen Teezubereitung. In der Zeitschrift für Phytotherapie (Nr. 1/2019) hat Egbert Meyer dazu die wichtigsten Punkte vorgestellt:
„Aufgüsse (Infusa) eignen sich für die meisten Blatt-, Kraut- und Blütendrogen, aber auch bei entsprechender Zerkleinerung für härtere Drogen (Rinde, Wurzel, Hölzer). Die erforderliche Drogenmenge wird mit kochendem Wasser übergossen, bedeckt einige Zeit entsprechend den Empfehlungen von DAB / DAC oder anderer Quellen stehen gelassen und anschließend abgeseiht. Ob das Bedecken des Gefäßes während der Auszugszeit von Vorteil ist, wird durchaus auch kritisch gesehen: Bedeckte Ansätze kühlen langsamer ab, was einen verstärkten Übergang flüchtiger Substanzen in den überstehenden Luftraum zur Folge haben könnte. Diese Wirkstoffe gehen dann dem Teeaufguss verloren.
Eine Abkochung (Decocta) ist für harte Drogen (Rinde, Wurzel, Hölzer) geeignet. Die notwendige Drogenmenge wird mit kaltem Wasser angesetzt, zum Sieden erhitzt und 5 bis 10 Minuten gekocht. Nach kurzem Stehen wird abgeseiht und anschließend der Extrakt mit Wasser auf die vorgeschriebene Menge ergänzt. Bei Teemischungen, die harte und „weiche“ Bestandteile beinhalten, hat es sich bewährt, harte Drogen vor der Zugabe zu zerkleinern oder zu pulverisieren, damit auch mit einem Aufguss ausreichend Wirkstoffe freigesetzt werden.
Bei Kaltwasserauszügen (Macerata) wird die Drogenmenge mit kaltem Wasser übergossen, bedeckt in Abhängigkeit der jeweiligen Droge eine bestimmte Stundenanzahl stehen gelassen und anschließend abgeseiht. Zur Keimreduktion sollte der Kaltwasserauszug vor der Einnahme unbedingt erhitzt werden. Andererseits kann dies zum Abbau von Schleimstoffen führen. Das Mazerat eignet sich für schleimhaltige Drogen wie Leinsamen, Eibischwurzel oder Isländisches Moos sowie für Pflanzen, die durch Erhitzen unerwünschte Inhaltsstoffe freisetzen (Gerbstoffe aus Bärentraubenblättern).“
Kommentar & Ergänzung zum Thema „Teezubereitung“:
Festgehalten werden muss hier vorgängig, dass die Bezeichnung „Droge“ in der Phytotherapie die getrocknete Heilpflanze meint, und nicht ein Rauschmittel.
Interessant ist, dass der Autor beim Aufguss die Regel in Frage stellt, dass man ihn während dem Ausziehen zudecken soll. Die Begründung, dass das Zudecken das Abkühlen der Teeflüssigkeit verlangsamt und dadurch flüchtige Stoffe (ätherische Öle) vermehrt verdunsten oder verdampfen, kann ich nachvollziehen. Allerdings kondensiert der Dampf wohl zum grossen Teil am Deckel und tropft in die Teeflüssigkeit zurück. Deshalb ist darauf zu achten, dass man das Kondenswasser am Deckel wieder zurück ins Teewasser schüttelt. Das Zudecken erfüllt so meiner Meinung nach schon seinen Zweck, jedenfalls bei Teekräutern, die ätherische Öle enthalten.
Beim Kaltwasserauszug geht der Autor auf die Frage der Schleimstoffe ein. Schleimstoffe werden oft als hitzeempfindlich beschrieben und daraus geschlossen, dass man sie am besten kalt ansetzen soll. Es spricht viel dafür, dass diese Regel modifiziert werden sollte. Reinhard Länger hat schon im Jahr 2007 auf Untersuchungen an der Universität Wien hingewiesen, bei denen sich die Schleimstoffe als hitzestabil erwiesen:
„Im Zusammenhang mit schleimhaltigen Hustenmitteln war die optimale Zubereitungsart des Arzneitees über viele Jahre ein Diskussionsthema. Es wurde vermutet, dass heißes Wasser die Polysaccharide zerstören könnte. Deshalb findet man in der Literatur meist den Hinweis, dass Eibischtee mit kaltem Wasser angesetzt werden sollte. Allerdings regten sich gewisse Bedenken wegen der mikrobiellen Qualität derartiger Zubereitungen. Kaltes Wasser reduziert im Gegensatz zu heißem die natürliche Keimbesiedlung der Arzneidrogen nicht, und Polysaccharide bieten darüber hinaus einen guten Nährboden für Mikroorganismen. Eine Dissertation am Department für Pharmakognosie der Universität Wien schuf diesbezüglich Klarheit: die physikalischen Bedingungen bei der Teebereitung mit heißem Wasser schaden den langkettigen Polysacchariden nicht.“
(Quelle: Zeitschrift „PhytoTherapie austria“,1/ 2007)
Einzig für die Eibischwurzel lässt sich die Emfpfehlung des Kaltauszugs aufrechterhalten:
„Eibischwurzel enthält sehr viel Stärke, die bei Kontakt mit heißem Wasser verkleistert. Die Wurzelstückchen sind daher sofort von einer „Isolierschicht“ umzogen, die wertvollen Schleime werden nur mehr zu einem Bruchteil extrahiert.“
(Quelle: Zeitschrift „PhytoTherapie austria“,1/ 2007)
Die jeweils beste Teezubereitungsart zu kennen und anzuwenden ist wichtig. Dadurch wird erreicht, dass sich die Wirkstoffe optimal im Wasser lösen, oder manchmal auch, dass unerwünschte Wirkstoffe sich nicht lösen – wie das oben erwähnte Beispiel mit den Gerbstoffen aus Bärentraubenblättern zeigt.
Wer sich für Wirkstoffe und Heilpflanzen-Anwendungen interessiert, kann dazu fundiertes Wissen erwerben in meinen Lehrgängen, dem Heilpflanzen-Seminar und der Phytotherapie-Ausbildung.