Hass im Netz ist keine Bagatelle. Unterstellungen, Beleidigungen, Beschimpfungen, Diffamierungen und Drohungen im Netz nehmen zu. In besonderem Mass betroffen sind Frauen, weil bei ihnen noch sexualisierte Formen der Aggression eingesetzt werden, aber auch einfach Frauen und Männer, die sich politisch exponieren, eine Funktion in Politik und Gesellschaft einnehmen oder als Journalistinnen und Journalisten zur Zielscheibe werden.
Hass im Netz braucht entschiedene Gegenwehr. Hass ist keine „Meinung“ und verdient nicht den Schutz der Meinungsfreiheit, die an sich ein hohes Gut ist.
Hass im Netz untergräbt die Basis der Demokratie. Er behindert den Austausch von Argumenten und damit das Suchen und Finden von Lösungen und Kompromissen. Er fördert die Spaltung der Gesellschaft und beschädigt damit demokratische Prozesse. Er führt zu „Silencing“, das heisst zum Rückzug von angegriffenen Individuen und Personengruppen vom Austausch im Netz.
Die Demokratie ist angewiesen auf Menschen, die sich engagieren in Organisationen der Zivilgesellschaft oder in politischen Funktionen auf Gemeindeebene, im Kanton oder im Bund. Es ist vollkommen unakzeptabel, wenn solche Personen egal welcher politischen Richtung diffamiert oder gar bedroht werden von einer kleinen, aber lautstarken, aggressiven, unanständigen und letzlich undemokratischen Minderheit.
Die demokratisch gesinnte und konstruktive Mehrheit im Land muss deshalb das Heft in die Hand nehmen und diesem Treiben Grenzen setzen.
Was tun gegen Hass im Netz?
☛ Von Plattformen wie Facebook, Twittter, Instagram ist zu fordern, dass sie ihre eigenen Richtlinien ernst nehmen und Hass viel schneller und konsequenter löschen. Die Meldeverfahren bei Verstössen müssen vereinfacht werden und wenn in Kommentaren gegen Gesetze verstossen wird, ist die volle Kooperation der Plattformen mit den Strafverfolgungsbehörden zwingend. Die Politik muss dazu griffige Regulierungen erlassen. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum.
☛ Wählerinnen und Wähler sollten keine Partei und keine Politikerinnen und Politiker wählen, die eine diffamierende, aggressive Rhetorik verwenden. John Bercow, der Speaker des Unterhauses in Grossbritannien, hat es auf den Punkt gebracht:
«Wenn sich Demokraten aggressiv verhalten, geben sie Nicht-Demokraten die Lizenz, sich noch aggressiver zu verhalten.»
Politiker und Politikerinnen, die ihre politischen Gegner als Feinde behandeln, sind in Demokratien fehl am Platz. Sieh dazu:
Zum Unterschied zwischen Gegnerschaft und Feindschaft
☛ Falls Sie selber von HateSpeech betroffen sind, holen Sie sich Unterstützung.
Zum Beispiel hier:
HateAid: https://hateaid.org (Deutschland)
NetzCourage: https://www.netzcourage.ch(Schweiz)
CounterACT: https://counteract.or.at(Österreich)
☛ Falls Sie (noch) nicht von HateSpeech betroffen sind, überlegen Sie sich doch, die oben erwähnten Organisationen finanziell oder durch Mitarbeit zu unterstützen. In der Schweiz baut der Bund Schweizerischer Frauenorganisationen (Alliance F) zudem ein Projekt auf, das gegen Hate Speech vorgeht (http://www.stophatespeech.ch), und das auch unterstützenswert ist.
Weitere Informationen zum Thema HateSpeech:
☛ Buchtipps:
● „Hass im Netz”, Was wir gegen Hetze, Mobbing und Lügen tun können, von Ingrid Brodnig
Dieses sehr informative Buch habe ich hier zusammengefasst:
Notwendig: Den Sumpf der Hasspropaganda im Internet trocken legen
● „Change the Game“ – Wie wir uns das Netz von Facebook und Google zurückerobern,“ von Corinna Milborn, Markus Breitenecker
Von beiden Büchern gibt es meinem Buchshop eine Buchbesprechung (über den Link im Titel). Dort kann man die Bücher auch via buchhaus.ch kaufen.
☛ Praxisbericht: WIE UMGEHEN MIT HATE SPEECH?(PDF)
Von Anna-Katharina Meßmer und Laura-Kristine Krause
Der Praxisbericht (23 Seiten) bietet einen umfassenden Einstieg in das Thema Hate Speech. Er stellt die verschiedenen Erscheinungsformen vor und beleuchtet, weshalb Personen zum Ziel von Hassattacken werden. Danach beschreiben die Autorinnen aus einer Praxisperspektive erfolgreiche Handlungsansätze gegen Hate Speech und geben betroffenen Institutionen sowie Entscheiderinnen und Entscheidern Empfehlungen für den Umgang mit Hass im Netz. Leitend sind dabei folgende Fragen: „Welche Ansätze haben sich in der Praxis als hilfreich erwiesen? Wo laufen Bemühungen gegen Hate Speech ins Leere – und weshalb? Mit Hilfe welcher gesetzgeberischen und regulatorischen Maßnahmen kann besser gegen Hate Speech vorgegangen werden?“
☛ Website mit weiteren Infos zum Thema: Hasspropaganda im Internet
Übersicht meiner eigenen gesellschaftspolitischen Texte und Buchempfehlungen