Chilischoten enthalten den Scharfstoff Capsaicin und brennen deshalb im Mund und auf den Schleimhäuten. Capsaicin kann aber auch Muskelschmerzen und Gelenkschmerzen lindern. Wie diese Wirkung zustande kommt, haben Wissenschaftler nun genauer untersucht.
Dem Wirkstoff Capsaicin verdanken Chilis ihre natürliche Schärfe. Je höher der Capsaicin-Gehalt, desto schärfer die Schote. In Cremes zur Behandlung von Muskelschmerzen und Gelenkschmerzen wird die Substanz jedoch auch zur Betäubung eingesetzt. Einige Studien kamen zum Schluss, dass sie sogar Phantomschmerzen lindern kann. Wissenschaftler haben die paradoxe Wirkweise des Capsaicins nun genauer unter die Lupe genommen.
Im ersten Augenblick brennt der Scharfstoff intensiv auf der Zunge – erzeugt also selbst eine Art Schmerz. Wer gern scharfe Speisen isst, kennt das Gefühl. Es entsteht, wenn Capsaicin die Enden von Nervenfasern in der Schleimhaut reizt. Der Scharfstoff dockt dabei an den sogenannten TRPV1 Rezeptor an, die Botenstoff-Kanäle in der Zelle öffnen sich und leiten ein Schmerz- und Hitzesignal ans Gehirn weiter.
Diesen Vorgang nutzen die schmerzlindernden Cremes: Auf die Haut aufgetragen, aktiviert der hohe Capsaicingehalt in den Medikamenten die Rezeptoren so lange, bis alle Botenstoffe ausgeschüttet sind. Nach einigen Minuten kann deshalb das Schmerzsignal nicht mehr weitergegeben werden – die Betäubung tritt ein.
Kanäle unterbrechen
Der Wissenschaftler Istvan Borbiro von der Rutgers New Jersey Medical School und sein Team haben nun untersucht, was genau dabei in den Nerven geschieht. Im Labor reizten sie mit Capsaicin Schmerzfasern von Mäusen, die Signale aus dem Körper im Rückenmarkskanal bündeln. Das Resultat: Wird der TRPV1-Rezeptor aktiviert, setzt das zwei weitere Kanäle in der Zelle außer Funktion, die normalerweise auf mechanische Reize wie Berührungen reagieren.
Die Studie liefere neue Erkenntnisse, wie die ungewöhnliche Schmerzlinderung durch Capsaicin funktioniert, schreiben die Wissenschaftler im Fachmagazin „Science Signaling“. Sie könnte darüber hinaus helfen zu verstehen, wie sich Kanäle in Zellen, die auf Berührung reagieren, kontrollieren lassen. Die Forscher hoffen, dass sich daraus ein weiterer Ansatz zur Entwicklung neuer Schmerzmittel ergibt.
Mit scharfem Essen lassen sich Schmerzen nämlich nicht behandeln, weil dazu die Capsaicinmengen zu gering sind. Es gibt jedoch Hinweise, dass Capsaicin, wenn man es über die Nahrung zu sich nimmt, den Blutdruck reduziert. Wissenschaftler untersuchen zurzeit auch, ob die Chilischärfe den Fettabbau ankurbelt. Eindeutig nachgewiesen ist eine solche Wirkung jedoch noch nicht.
Sollte man es mit der Schärfe im Essen mal übertrieben haben, hilft übrigens am besten ein ungetoastetes Toastbrot mit Mascarpone, zu diesem Resultat kamen Wissenschaftler der Hochschule Fulda im September 2014. Weil Capsaicin fettlöslich ist, reibt das fettige Mascarpone-Toastbrot die Schärfe wie ein Zungenschaber von den Rezeptoren der Zunge.
Quelle:
http://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/capsaicin-wie-schaerfe-den-schmerz-lindert-a-1017738.html
https://stke.sciencemag.org/content/8/363/ra15.abstract
Kommentar & Ergänzung:
Das Alkaloid Capsaicin ist ein interessanter Wirkstoff in der Phytotherapie. In Capsaicincrèmes kommt er in der Regel in einer Konzentration von 0.025% bis 0.075% zur Anwendung (2 bis 4 mal täglich auftragen). Die schmerzlindernde Wirkung tritt allerdings verzögert innert Tagen ein. Die Crème wird dünn auf die trockene Haut aufgetragen, wozu am besten Handschuhe getragen werden sollten. Die Creme darf nicht in die Augen, Ohren oder auf Schleimhäute gelangen und soll nicht im Gesicht oder auf verletzter oder gereizter Haut angewendet werden. Kommen die Hände in Kontakt mit der Creme, sollten sie nach dem Auftragen gut gewaschen werden.
Nur in der Arztpraxis angewendet werden können spezielle Pflaster mit der hohen Konzentration von 8% Capsaicin (Qutenza®). Siehe dazu:
Capsaicin aus Cayennepfeffer gegen Juckreiz und Schmerzen
Fragwürdig ist immer noch, ob Capsaicin den Fettabbau fördert und damit das Abnehmen unterstützt. Solche Fatburner werden seit einiger Zeit in vielen Varianten empfohlen und stossen auf grosses Interesse, weil viele Menschen sich sehnlichst ein solches Mittel wünschen. In der Regel sind solche Versprechungen aber nur «heisse Luft». Auch bei Capsaicin gibt es keine Belege für eine Fatburner-Wirkung.
Wer sich vertieftes Wissen über Heilpflanzen-Anwendungen erwerben möchte, kann das an meinen Lehrgängen, dem Heilpflanzen-Seminar und der Phytotherapie-Ausbildung.