Rote Beeren können verlockend auf Kinder wirken. Darum gibt es bei der Notfallnummer 145 von Tox Info Suisse dazu immer wieder Anfragen.
Damit Eltern die Situation nach der Einnahme von roten Wildbeeren besser einschätzen können, hat Tox Info Suisse die 5-Rote Beeren-Regel veröffentlicht:
«Zahlreiche Pflanzen haben als Fruchtform rote (Schein-) Beeren. Einige Beeren sind essbar, andere ungeniessbar bis giftig. Bei den meisten roten Beeren treten nach Einnahme höchstens leichte Symptome auf. Selbst bei Kleinkindern ist bei bis zu 5 roten Beeren nicht mit stärkeren Symptomen zu rechnen.»
Das gilt für die häufigsten roten Beeren.
Etwas detaillierter:
Verbreitet vorkommende Pflanzen mit roten Beeren sind Stechpalme (Ilex sp.), Zwergmispeln (Cotoneaster sp.), Schneeball (Viburnum sp.), Geissblatt oder Heckenkirsche (Lonicera sp.) und Maiglöckchen (Convallaria majalis). Nach Einnahme von nicht mehr als fünf Beeren kommt es maximal zu leichten Magendarmsymptomen. Es ist jedoch keine schwere Vergiftung zu befürchten.
Andere rote Beeren wie diejenigen von Aronstab (Arum sp.) oder Seidelbast (Daphne sp.) können darüber hinaus zu einer lokalen Reizwirkung mit Brennen im Mund und in der Speiseröhre führen.
Die Eibe (Taxus baccata), ein giftiger Nadelbaum, hat ebenfalls rote Früchte. Das süsse, rote Fruchtfleisch ist unproblematisch. Der Samen im Innern der Frucht ist jedoch toxisch. Die Hülle dieses Samens ist aber zum Glück sehr hart und es entsteht keine Gefahr, falls die runden Samen ganz geschluckt werden. Werden die Samen hingegen gekaut, besteht Vergiftungsgefahr, selbst wenn sie wegen des stark bitteren Geschmacks oft wieder ausgespuckt werden.
Ausnahme: Beeren der Zaunrübe
Zur 5-Rote Beeren-Regel gibt es zudem eine zu beachtende Ausnahme:
Die Beeren der Zaunrübe (Bryonia dionica) enthalten giftige Cucurbitacine und können zu heftigen Symptomen des Magendarmtraktes führen.
Tox Info Suisse empfiehlt folgende Massnahmen bei Kindern:
«Einnahme von maximal 5 roten Beeren:keine speziellen Massnahmen notwendig. Arztkontrolle, wenn wider Erwarten stärkere Symptome auftreten.
Einnahme von mehr als 5 roten Beeren, Beeren der Zaunrübe oder Zerbeissen/Zerkauen von Kernen: Rücksprache mit einem Arzt oder Tox Info Suisse.»
Verfasst wurde die Mitteilung von Katharina Schenk-Jäger, Cornelia Reichert im September 2019, basierend auf folgender Literatur:
Fuchs J, Rauber-Lüthy C, Kupferschmidt H, Kupper J, Kullak-Ublick GA, Ceschi A. Acute plant poisoning: Analysis of clinical features and circumstances of exposure. Clin Toxicol (Phila). 2011;49(7):671-80.
Frohne D. Pfänder HJ. Giftpflanzen. Ein Handbuch für Apotheker, Ärzte, Toxikologen und Biologen. Wissenschaftl. Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart; 5. Aufl., 2004
Teuscher E, Lindequist U. Biogene Gifte. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, Germany, 3. Aufl., 2010.
Quelle:
https://www.toxinfo.ch/695
http://www.pharmavista.net/content/default.aspx?http://www.pharmavista.net/content/NewsMaker.aspx?ID=5964&NMID=5953&LANGID=2&utm_source=hs_email&utm_medium=email&utm_content=78835709&_hsenc=p2ANqtz–70vAkGZDM-bn33LAXcDlRQDGPAnWtk6AWqRwo7yNckybGIfFn_7l8eHJwgKuqW2jzBcMZOhDmnCV1VYiafg56Srxh9EQ4nAwAzh71Cd_8-bC4GtQ&_hsmi=78835709
Tox Info Suisse gibt über die Notfallnummer 145 rund um die Uhr medizinische Auskunft bei Vergiftungen oder Verdacht auf Vergiftungen. Das Spektrum umfasst dabei Chemikalien, Medikamente, giftige Pflanzen, Pilze oder Tiere sowie Drogen und vieles mehr.
P. S.:
Grundsätzlich sind Vergiftungen mit Medikamenten und Haushaltchemikalien häufiger als Vergiftungen mit Giftpflanzen. Trotzdem sollte man die Existenz von Giftpflanzen im Bewusstsein behalten. Die Natur ist nicht immer harmlos und sanft. Die Verunsicherung rund um Giftpflanzen kommt wohl eher daher, dass viele Menschen nur noch rudimentäre Kenntnisse der Pflanzenwelt haben.
Wer Wildkräuter, Heilpflanzen, Alpenblumen und Giftpflanzen in der Natur kennenlernen möchte, kann das auf meinen Kräuterwanderungen in verschiedenen Regionen der Schweiz.