Weil das Reizdarmsyndrom (RDS) eine Krankheit mit vielfältigen und uneinheitlichen Beschwerden ist, braucht jede betroffene Person ein individuelles Behandlungskonzept auf der Basis der jeweils spezifischen Symptome.
Ziel der Behandlung ist die Linderung der Beschwerden und die Verbesserung der Lebensqualität. Die Therapie basiert auf den drei Säulen Allgemeinmaßnahmen wie Ernährungsumstellung, einer Psychotherapie und Medikamenten. Bei den Medikamenten gibt es aufgrund der Uneinheitlichkeit des Reizdarmsyndroms keine Behandlung, die für alle Symptome und für alle Patienten gleichermaßen passt. Die Therapie orientiert sich deshalb am Leitsymptom, wobei die medizinische Leitlinie hier Schmerzen, Durchfall, Verstopfung und Blähungen nennt.
Reizdarmsyndrom mit Leitsymptom Schmerzen
Stehen bei den Beschwerden die Bauchschmerzen im Vordergrund, können zur Linderung krampflösende Medikamente (Spasmolytika) wie Butylscopolamin oder Mebeverin, aber auch Pfefferminzöl-Präparate eingesetzt werden. Die Leitlinie empfiehlt daneben aber auch trizyklische Antidepressiva und selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) wie Fluoxetin und Citalopram; ebenso Probiotika, Phytopharmaka wie STW-5 (Iberogast®) sowie lösliche Ballaststoffe (z. B. Flohsamen).
Nicht empfohlen werden dagegen klassische Schmerzmittel wie Acetylsalicylsäure, Paracetamol, nicht steroidale Antirheumatika und Metamizol, sowie Opioide und Opioid-Agonisten.
Reizdarmsyndrom mit Leitsymptom Durchfall
Beim Leitsymptom Durchfall empfiehlt die Leitlinie in ihrem Behandlungskonzept Loperamid, während Racecadotril aufgrund fehlender Daten nicht empfohlen wird. Als hilfreich gelten aber auch Cholestyramin, lösliche Ballaststoffe oder Probiotika, ebenso wie Phytopharmaka (STW-5, Pfefferminzöl-Präparate) oder Spasmolytika.
Reizdarmsyndrom mit Leitsymptom Verstopfung
Leiden die Betroffenen hauptsächlich an einer Verstopfung sollten zuerst wasserlösliche Ballaststoffe wie Flohsamenschalen versucht werden. Neben Macrogol können andere osmotische oder stimulierende Laxanzien (Abführmittel) eingesetzt werden. Als weitere Behandlungsversuche kommen Probiotika, Phytopharmaka (STW5) und Spasmolytika in Frage.
Reizdarmsyndrom mit Leitsymptom Blähungen
Blähungen werden von Patienten mit Reizdarmsyndrom nicht selten als das am meisten belastende Symptom beschrieben. Probiotika, Phytopharmaka, Ballaststoffe und Spasmolytika können zu eine Besserung bewirken. Das Behandlungskonzept sieht darüber hinaus aber nicht eine Reihe von weiteren medikamentösen Optionen vor, darunter vor allem Entschäumer wie Simeticon oder Dimeticon. Dafür liegen zwar keine Daten zu Blähungen beim Reizdarmsyndrom vor. Aufgrund von positiven Effekten auf das Symptom in Studien bei anderen Darmerkrankungen kann jedoch ein Behandlungsversuch unternommen werden.
Quelle:
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/eine-standardtherapie-gibt-es-nicht/
Kommentar & Ergänzung:
Der informative Artikel aus der Pharmazeutischen Zeitung, den ich hier zusammengefasst und in eine verständlichere Sprache übersetzt habe, zeigt gut auf, dass im Behandlungskonzept der Leitlinie für das Reizdarmsyndrom sowohl synthetische als auch phytotherapeutische Medikamente auftauchen.
Und man kann mit guten Argumenten sagen, dass die phytotherapeutischen Medikamente (Phytopharmaka) in diesem Bereich auch mit guten Studienergebnissen in ihrer Wirksamkeit belegt sind. Das gilt insbesondere für die Pfefferminzöl-Kapseln (Colpermin) bei krampfartigen Bauchschmerzen und die Flohsamenschalen bei Verstopfung und Durchfall.
Zu den Pfefferminzöl-Kapseln ist noch zu ergänzen, dass es sich dabei um magensaftresistente Kapseln handelt. Pfefferminzöl in anderer Form einzunehmen ist im Fall des Reizdarmsyndroms nicht effektiv, weil es sonst nicht bis in den Dickdarm gelangt.
Bei den Flohsamenschalen ist bemerkenswert, dass sie sowohl bei Verstopfung (mit viel Wasser) als auch bei Durchfall (mit weniger Wasser) eingenommen werden können. Sie eignen sich daher auch gut als Regulierungsmittel in Fällen, bei denen Verstopfung und Durchfall im Wechsel auftreten.
Hier finden Sie noch weitere Informationen zu Phytopharmaka im Behandlungskonzept bei Reizdarmsyndrom:
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Antidepressiva bei Reizdarm?
Eher skeptisch bin ich im Übrigen gegenüber der Empfehlung von Antidepressiva in einem Behandlungskonzept bei Reizdarmsyndrom. Mag ja sein, dass das in bestimmten Fällen sinnvoll ist. Aber generell werden Antidepressiva zu rasch und zu oft verschrieben.
Wer sich vertieftes Wissen über Wirkstoffe und Heilpflanzen-Anwendungen erwerben möchte, kann das in meinen Lehrgängen, dem Heilpflanzen-Seminar und der Phytotherapie-Ausbildung.