Ich bin gerade gefragt worden, ob es Heilpflanzen gegen Coronaviren gebe. Das ist eine schwierige Frage, weil dazu keine gesicherten Erkenntnisse vorliegen.
Klar ist, dass es viele Wirkstoffe, Heilpflanzen, Pflanzenextrakte und ätherische Öle gibt, die im Labor antiviral wirken.
Aber von einer Wirkung im Labor lässt sich nicht einfach auf eine Wirkung am Menschen schliessen. Der menschliche Organismus ist viel komplexer als die Situation in einem Laborexperiment.
Viele Laborergebnisse gegen Viren
Zudem gibt es in der Phytotherapie-Fachliteratur meines Wissens keine Berichte über Tests mit Heilpflanzen gegen Coronaviren. Am häufigsten tauchen dort meinem Eindruck nach Laboruntersuchungen gegen Influenzaviren und Herpesviren auf. Ob sich davon etwas auf Coronaviren übertragen lässt, ist nicht geklärt.
Gegen Herpesviren wirken von den ätherischen Ölen zum Beispiel Pfefferminzöl, Melissenöl und Nelkenöl. Das sind aber lokale Wirkungen, die beim auftragen auf ein Fieberbläschen erwartet werden können. Mit der Situation einer Infektion mit Coronaviren ist das nicht vergleichbar.
Gewürznelken hat man früher gekaut zur Vorbeugung gegen Ansteckung. Das ist aber ziemlich unangenehm im Mund und das in den Gewürznelken enthaltene Nelkenöl kann auch recht reizend wirken auf den Schleimhäuten. So ganz praktikabel ist das also auch nicht.
Von Gerbstoffen ist bekannt, dass sie sich mit den Eiweissen von Viren verbinden können und damit die Virenvermehrung hemmen. Gerbstoffe lassen sich gut anwenden, wenn man einen Schwarztee oder Grüntee länger ziehen lässt (etwa 8 – 10 Minuten). Damit könnte man zum Beispiel spülen und gurgeln. Eine allfällige antivirale Wirkung wird sich aber auf die lokale Schleimhaut beschränken, weil Gerbstoffe praktisch nicht resorbiert werden. Eine solche Wirkung ist nicht belegt, aber zu mindestens einigermassen schlüssig begründbar. Sollten mir selber diese Coronaviren näher rücken, könnte ich mir vorstellen, mehrmals täglich mit einem länger gezogenen Grüntee oder Schwarztee zu spülen und zu gurgeln. Zumal diese Massnahme einfach und billig ist. Aber gut, damit wäre dann der Zutrittsweg über die Nase und die Augenschleimhaut auch noch nicht abgedeckt.
Am ehesten lokale Wirkungen von Heilpflanzen gegen Coronaviren
Es würde also darum gehen, mit der lokalen Anwendung von Heilpflanzen die Eintrittsmöglichkeiten der Coronaviren zu reduzieren.
Sind Coronaviren schon im Organismus verteilt, halte ich es für unrealistisch zu glauben, dass sie sich dort mit antiviralen Heilpflanzen-Anwendungen bekämpfen lassen.
Zu fragen wäre aber noch, ob mit Heilpflanzen-Präparaten bei innerlicher Anwendung der Eintritt von Coronaviren über die Atemwege gehemmt werden könnte. Dazu müssten Wirkstoffe zur Anwendung kommen, die explizit auch über die Atemwege abgeatmet werden.
Optionen wären hier vor allem Senfölglykoside und ätherische Öle.
Senfölglykoside aus Meerrettich und Kapuzinerkresse wirken antibakteriell und auch virustatisch, zum Beispiel auf H1N1-Viren. Aber auch das ist belegt nur im Labor, nicht in den Atemwegen, und auch nicht für Coronaviren.
In der Phytotherapie hat die Meerrettichwurzel bei Atemwegserkrankungen eine zentrale Bedeutung (20g pro Tag in 4 Portionen gemischt mit Quark oder ähnlichem). Als Präparat kommt Angocin in Frage (Meerrettichwurzel und Kapuzinerkressenkraut).
Bei den ätherischen Ölen stehen magensaftresistente Kapseln mit Myrtol im Vordergrund. Myrtol ist ein Gemisch von aus Eukalyptusöl, Süßorangenöl, Myrtenöl und Zitronenöl (Verhältnis 66:32:1:1). Es ist im Handel als GeloMyrtol / GeloDurat. Auch hier gibt es antivirale Effekte, die sich im Labor gezeigt haben.
Siehe:
GeloMyrtol / Gelodurat – was ist der Unterschied?
Dann gibt es noch die Kapland-Pelargonie, die als Umckaloabo / Kaloba im Handel ist. Hier sagt die Fachliteratur, dass der Extrakt Bakterien und Viren hemmen kann, sich an den Schleimhäuten anzuheften. Das tönt wahnsinnig gut, ist aber ebenfalls ein Laborergebnis, bei dem unklar ist, ob es eine Bedeutung hat in der „freien Wildbahn“. Meine Vermutung ist, dass man die nötige Konzentration in den Atemwegen über die Blutbahn nicht erreicht.
Siehe:
Umkaloabo und Kaloba – was ist der Unterschied?
Dann gibt es noch pflanzliche Immunstimulanzien wie Echinacea. Sie wirken auf das unspezifische Immunsystem. Es sollte also nicht so stark darauf an, welche Art von Viren daher kommt. Davon würde ich mir aber nicht allzu viel erwarten. Medizin-transparent schreibt dazu:
„Bisherige Studien über Echinacea zur Bekämpfung einer bereits eingetretenen Erkältung widersprechen einander. Studien zur Vorbeugung wurden mangelhaft durchgeführt und sind daher nicht aussagekräftig.“
Im Jahr 2015 machte eine Meldung die Runde, wonach Zitronensaft antiviral gegen Noroviren wirksam sei.
Das sind also meine Überlegungen zur Frage, ob Heilpflanzen gegen Coronaviren helfen könnten.
Fazit: Gesichert ist gar nichts, aber das eine oder andere würde ich wohl ausprobieren, wenn die Lage sich verschärfen sollte.
Diese interessante Meldung stammt aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), einem angesehenen Institut. Allerdings handelt es sich auch hier um Laborergebnisse, deren Bedeutung für die Praxis noch offen bleiben.
Siehe dazu:
Desinfektion: Mit Zitronensaft gegen Noroviren?
Wichtiger als Heilpflanzen-Anwendungen dürften in diesem Fall also allgemeine Massnahmen sein wie Händewaschen und Abstandhalten wo es möglich ist.
Wer sich vertieftes Wissen über die verschiedenen Zubereitungsformen und Anwendungsbereiche von Heilpflanzen erwerben möchte, kann das in meinen Lehrgängen, dem Heilpflanzen-Seminar und der Phytotherapie-Ausbildung.