Die Diagnose „funktionelle Dyspepsie“ kommt dann in Betracht, wenn für Beschwerden wie Bauchschmerzen, Völlegefühl oder ein brennendes Gefühl im Oberbauch keine organischen Ursachen gefunden werden. Oft wird in diesem Zusammenhang auch von einem Reizmagen gesprochen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Cochrane-Forschungsnetzwerks haben sich mit der Frage beschäftigt, welche pflanzlichen Präparate die Beschwerden bei einem Reizmagen lindern können. Im Juni 2023 haben sie ihre Ergebnisse in einem Übersichtsartikel veröffentlicht, bei denen Kümmelöl und Pfefferminzöl im Vordergrund stehen.
Insgesamt sichteten sie 41 Studien zu 27 pflanzlichen Präparaten (die nicht Teil der Traditionellen Chinesischen Medizin sind) mit 4.477 Reizmagen-Patienten. Die Studiendauer lag zwischen 15 Tagen und zwölf Wochen, wobei meistens gegen Placebo getestet wurde.
Am ehesten empfehlenswert: Pfefferminzöl, Kümmelöl sowie Kurkuma
Die überzeugendsten Daten fanden die Cochrane-Autoren zu Pfefferminzöl, Kümmelöl und Kurkuma: Pfefferminzöl und Kümmelöl sowie Kurkuma reduzierten ein Monat nach Anwendung „wahrscheinlich“ und „mäßig bis stark“ die Symptome einer funktionellen Dyspepsie und steigerten das Wohlbefinden der Patienten. In der Untersuchung zeigten sich die ätherischen Öle wie auch Kurkuma gut verträglich. Sie unterschieden sich in Bezug auf die Nebenwirkungen kaum bis gar nicht von den Placebopräparaten.
Nicht ganz so gut schnitt in der Untersuchung das apothekenpflichtige Arzneimittel Iberogast® ab. Iberogast® Classic besteht aus Angelikawurzel, Mariendistelfrüchte, Kümmel, Schöllkraut, Süßholzwurzel, Schleifenblume, Kamillenblüten, Melissen- und Pfefferminzblätter. Es ist zugelassen für Kinder ab drei Jahren, Jugendliche und Erwachsene, bei funktionellen und motilitätsbedingten Magen-Darm-Erkrankungen wie Reizmagen- und Reizdarmsyndrom sowie zur unterstützenden Behandlung der Beschwerden bei Magenschleimhautentzündung (Gastritis). Dem aktuellen Cochrane-Review gemäss lindert Iberogast die Beschwerden einer funktionellen Dyspepsie nur „möglicherweise“ stärker als Placebo. Die Lebensqualität der Patienten sei „möglicherweise“ nicht höher als unter Placebo, die Nebenwirkungen aber „ähnlich“.
Quelle:
Pfefferminz- und Kümmelöl statt Iberogast? (Deutsche Apotheker Zeitung)
Anmerkungen:
Das ist eine interessante Untersuchung, doch lassen die veröffentlichten Informationen viele Fragen offen.
Beim untersuchten Kümmelöl und Pfefferminzöl muss es sich um Kapselpräparate handeln, weil nur so eine Placebo-Gruppe zur Kontrolle verblindet eingesetzt werden kann. Wir kennen in der Phytotherapie Pfefferminzöl in Kapselform (Colpermin) und ein Kombipräparat Pfefferminzöl / Kümmelöl (Gaspan). Beide Kapseln sind aber magensaftresistent. Sie lösen sich erst im Dünndarm auf und wirken dadurch in tieferen Darmabschnitten, zum Beispiel bei Reizdarm. Aber wie soll eine magenresistente Kapsel bei Reizmagen helfen? Sie hat sich dort noch gar nicht aufgelöst. Iberogast dagegen liegt in Tropfenform vor, ist also im Magen schon vorhanden. Das passt zum Reizmagen, aber weniger zum Reizdarm, weil die Wirkstoffe im Dickdarm wohl nicht mehr in genügender Menge vorhanden sind (weil schon aufgenommen in den Organismus).
Siehe auch:
Phyto-Kombi mit Pfefferminzöl und Kümmelöl bei Reizdarm
Kombination von Pfefferminzöl und Kümmelöl lindert Reizdarmsyndrom