Hafermilch ist seit einigen Jahren im Trend. Aber wie gesund ist die Alternative zu Kuhmilch wirklich?
In einem Interview mit der «Zeit» erklärt der Ernährungswissenschaftler Martin Smollich unter anderem, wie Hafermilch auf Blutzucker und Cholesterinspiegel wirkt.
Hafermilch enthalte wie auch Haferkleie besonders gesunde Ballaststoffe – die sogenannten Beta-Glucane, die den Cholesterinspiegel im Blut senken können.
Wie senken Beta-Glucane den Cholesterinspiegel?
Smollich erklärt den Vorgang so:
«Beta-Glucane stimulieren die Cholesterinausscheidung mit der Galle, und sie hemmen die Cholesterinaufnahme im Darm. Das signalisiert der Leber, dass zu wenig Cholesterin in die Zellen kommt, weswegen sie Cholesterin aus dem Blut zieht. Die Datenlage für diese Wirkung ist so gut, dass Beta-Glucan-haltige Lebensmittel sogar mit diesem Health Claim beworben werden dürfen.»
Das ist eine interessante Möglichkeit, auf den Cholesterinspiegel günstig einzuwirken. Die Sache hat allerdings einen Haken: Die nötige Menge.
Smollich weist darauf hin, dass man mindestens drei Gramm Beta-Glucane pro Tag zu sich nehmen muss, damit der gewünschte Effekt eintritt:
«Das entspricht etwa 40 Gramm Haferkleie, 80 Gramm Haferflocken – oder einem Liter Haferdrink. Ein Liter ist natürlich sehr viel. So viel Haferdrink trinken die wenigsten Menschen, sodass es dann auch keinen Cholesterin senkenden Effekt gibt.»
Manchmal wird davor gewarnt, dass Hafermilch einen starken Anstieg des Blutzuckerspiegels bewirken könne. Diese Gefahr sieht Smollich aber nur, wenn man morgens nüchtern grosse Mengen Hafermilch trinkt, welcher Zucker zugesetzt worden ist. Beim Hafermilch-Kauf solle man darauf achten, dass kein Zucker zugesetzt ist.
Der Zuckerspiegel reagiere aber von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich.
Hafermilch ist arm an Calcium
Im Vergleich zu Kuhmilch ist Hafermilch arm an Calcium, das für die Knochen wichtig ist.
Smollich empfiehlt:
«Wenn Kuhmilch bisher Ihre einzige Calciumquelle war und Sie auf Haferdrinks umstellen, kann das schwierig werden. Dann sollten Sie unbedingt darauf achten, dass der Haferdrink mit Calcium angereichert ist. Wenn Sie aber regelmäßig Lebensmittel wie calciumreiches Mineralwasser oder Käse zu sich nehmen, ist das egal.»
Der Ernährungswissenschaftler geht abschliessend noch auf die Frage ein, welcher Milchersatz die beste Alternative zur Kuhmilch ist:
„Das hängt davon ab, was Ihnen schmeckt und was Sie damit vorhaben. Haferdrinks passen geschmacklich gut ins Müsli, und die Barista-Produkte lassen sich optimal aufschäumen. Sojadrinks wiederum liefern – anders als die anderen Pflanzendrinks – genauso viel Protein wie Kuhmilch bei weniger Kalorien. Mandeldrinks funktionieren prima beim Backen. Reisdrinks eignen sich gut für Süßspeisen. Grundsätzlich muss man sich klarmachen, dass pflanzliche Milchalternativen zwar eine funktionelle Alternative zur Kuhmilch sind – das heißt, sie können koch- und backtechnisch die Funktionen von Kuhmilch übernehmen. Die Nährwertzusammensetzung ist aber eine ganz andere. Die Nährstoffanreicherung der pflanzlichen Milchalternativen ist deshalb sehr sinnvoll.»
Quelle:
Vegane Milch: Wie gesund ist Hafermilch? (Zeit, Abo)
Hier ohne Paywall im archiv.today
Anmerkung:
Den von Martin Smollich beschriebenen Vorgang, wie Beta-Glucan aus Haferkleie oder Hafermilch dazu führen kann, dass Cholesterin aus dem Blut gefischt wird, kennen Leute, die bei mir das Heilpflanzen-Seminar oder die Phytotherapie-Ausbildung absolviert haben. Darüber haben wir gesprochen. Ähnliche Effekte gibt es bei Guarmehl, Flohsamen, Bockshornkleesamen, Pektin und Johannisbrotkernmehl.
Haferkleie verzögert nach den Mahlzeiten den Anstieg des Blutzuckerspiegels, ähnlich wie auch Flohsamen, Bockshornkleesamen, Pektin, Guarmehl, Johannisbrotkernmehl.