Diese Frage versucht das Portal „medizin-transparent“ zu beantworten und bewertet dazu die auffindbaren wissenschaftlichen Daten.

Als Antwort auf ihre Ausgangsfrage ziehen die Autoren den Schluss: unklar.

Die Autorinnen und Autoren von „medizin-transparent“ recherchieren und bewerten die Studien zu Thymian wie gewohnt sorgfältig.

Die Formulierung der Frage halte ich aber für suboptimal.

Die Frage, ob Thymian gegen Husten hilft, ist meiner Ansicht nach so gar nicht beantwortbar.

 

Es wird nämlich nicht „Thymian“ gegen Husten angewendet, sondern Thymiantee, Thymiantinktur (Frischpflanzentinktur oder Tinktur aus getrocknetem Thymian), Thymianextrakt (unterschiedlich produziert je nach Hersteller), Thymian-Frischpresssaft, ätherisches Thymianöl.

 

Violà. Und diese verschiedenen Anwendungsformen unterscheiden sich in ihrer Zusammensetzung und damit auch in ihrer Wirksamkeit.

Die optimale Anwendungsform für jeden Fall zu finden ist in der Phytotherapie genauso wichtig, wie die passendste Heilpflanze zu einer bestimmten Krankheit.

Sinnvoller sind daher konkretere Fragen:

Wirkt Thymiantee gegen Husten?

Wirkt Thymianöl gegen Husten?

Wirkt Frischpflanzentinktur aus Thymian gegen Husten?

Wirkt der Thymianextrakt der Firma XY gegen Husten?

 

„Medizin-transparent“ kommt aufgrund der Recherchen zum Schluss,

„dass die wenigen neueren Studien nicht Thymian oder Thymianbestandteile alleine testen, sondern Kombipräparate – einerseits Thymian und Efeublätter, andererseits Thymian und Primelwurzel. Solche Kombinationen konnten in je einer Studie ihre Überlegenheit gegenüber Placebo beweisen. Beispielsweise reduzierte die Thymian-Efeu Kombination in einer Studie mit insgesamt 361 Patienten die Hustenanfälle nach rund einer Woche um 68,7 Prozent, das Placebo nur um 47,6 Prozent. Die Studie ist zwar vom Hersteller finanziert, aber methodisch korrekt durchgeführt. Außerdem wurde in der Gruppe, die das Präparat erhielt, eine 50-prozentige Reduktion der Hustenanfälle zwei Tage früher erreicht als in der Placebogruppe. Ähnlich gute Ergebnisse zeigt die Studie mit der Kombination aus Thymian und Primelwurzel; beide Studien zeigen zudem eine gute Verträglichkeit, ernste Nebenwirkungen wurden keine beobachtet.“

 

Quelle:

http://www.medizin-transparent.at/ein-kraut-gegen-husten#ref1

Kommentar & Ergänzung:

Das ist gut nachvollziehbar. Auf recht hohem Niveau belegt ist die Wirksamkeit eines Kombipräparats mit Thymianextrakt & Efeuextrakt sowie eines Kombipräparats Thymianextrakt & Primelextrakt. Folgerichtig tauchen solche Kombipräparate auch in den Leitlinien der Lungenärzte zur Behandlung von Husten auf.

Für die Wirksamkeit von Thymian allein gibt es dagegen kaum Belege. Für Thymiantee und Thymiantinktur meines Wissens gar keine.

Für Thymianöl existieren Laborversuche, die eine gute antibakterielle und antivirale Wirkung zeigen. Klinische Studien mit Patienten fehlen. Bei Thymianöl wäre ausserdem noch zu unterscheiden zwischen einer inhalativen Anwendung und einer Anwendung peroral. Thymianöl unterscheidet sich zudem fundamental von andren Thymian-Anwendungen, weil es nur den flüchtigen Anteil der Thymian-Inhaltsstoffe enthält.

Und Thymianextrakt allein wurde auch nie systematisch mit klinischen Studien untersucht.

So kommt also „medizin-transparent“ korrekt zum Schluss, die Wirksamkeit von Thymian (für sich allein) sei „unklar“.

 

„Medizin-transparent“ geht nicht darauf ein, weshalb es zu Thymian allein – in all seinen Formen – keine klinischen Studien gibt, was aber für das Verständnis dieser Situation nützlich wäre.

 

In der Phytotherapie wird Geld in grösseren Mengen in der Regel nur dann in Forschung investiert, wenn es sich um ein patentierbares oder patentiertes Produkt handelt. Das ist zum Beispiel bei Spezialextrakten der Fall. Patentschutz und Markenschutz gegen den Herstellern die Sicherheit, dass die Forschungsaufwendungen dem eigenen Produkt zugute kommen.

In die Erforschung von Thymiantee, Thymiantinktur oder Thymianöl – wie sie jede andere Firma auch herstellen kann – zu investieren, ist dagegen kaum interessant. Das kann man bedauern, aber so funktioniert unsere Wirtschaft.

Das bedeutet nun nicht unbedingt, dass Thymiantee, Thymiantinktur oder Thymianöl unwirksam sind. Es heisst nur, dass wir darüber kaum handfeste Belege aus Studien auf einem hohen Evidenzlevel haben. Das bedeutet auch nicht, dass diese Anwendungsformen nicht eingesetzt werden können. Es ist allerdings wichtig, dass man weiss, in welchem „Terrain“ man mit ihnen steht.

Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde

Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz

Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe

Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse

Heilpflanzenexkursionen in den Bergen / Kräuterkurse

www.phytotherapie-seminare.ch

Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital:

Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch

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