„Limonade erhöht Prostatakrebs-Risiko“, so titelt dradio.de.

Männliche Limonaden-Liebhaber sollten in Zukunft ihren Softgetränke-Konsum einschränken, empfehlen Wissenschaftler der Universität Lund in Schweden. Nach ihren Erkenntnissen erhöhen die zuckerhaltigen Getränke das Risiko von Männern, an einer aggressiven Form von Prostatakrebs zu erkranken. Wie die Forscher der Nachrichtenagentur AFP erklärten, stieg das Risiko im Schnitt um 40 Prozent. Für die Studie wurden die Trink- und Essgewohnheiten von 8.000 Männern im Alter von 45 bis 73 Jahren über eine Zeitdauer von 15 Jahren untersucht. Demnach genügte bereits ein Glas, also 0,33 Liter am Tag, um das Risiko zu erhöhen.

Bei Liebhabern zuckerhaltiger Frühstücksflocken erhöhte sich zudem die Gefahr um 38 Prozent, an einer milderen Form des Prostatakrebses zu erkranken, die jedoch nicht behandelt werden muss.

Zwar seien vor einer Änderung der Ernährungsrichtlinien weitere Untersuchungen nötig. Ein Verzicht auf Limonade legt die Doktorandin Isabel Drake Männern jedoch nahe.

Die Studie soll demnächst in der Fachzeitschrift „American Journal of Clinical Nutrition“ erscheinen.

Quelle:

http://wissen.dradio.de/nachrichten.59.de.html?drn:news_id=162765

http://orf.at/stories/2153181/

Kommentar & Ergänzung:

Ich will  keinesfalls die Limonaden rechtfertigen. Es gibt genügend Gründe, dieses aromatisierte und gefärbte Zuckerwasser zu meiden (z. B. Diabetesrisiko, Übergewicht, Karies).

Mit dieser Art von Studie lässt sich aber nicht belegen, dass der Limonadenkonsum Ursache des erhöhten Auftretens von Prostatakrebs ist.

Die Studie zeigt – so wie sie hier dargestellt wird – nur eine Korrelation, ein gleichzeitiges Auftreten von hohen Prostatakrebsraten und hohem Limonadenkonsum.

Es ist nicht auszuschliessen, dass unbekannte andere Faktoren, die mit erhöhtem Limonadenkonsum einhergehen, ursächlich für das verstärkte Auftreten von Prostatakrebs verantwortlich sind.

Beispielsweise könnte ein hoher Limonadenkonsum einhergehen mit einem hohen Fleischanteil und spärlichem Verzehr von pflanzlicher Kost. Diese Einflussfaktoren auf die Entstehung von Prostatakrebs sind  schon länger bekannt:

„Die aktuelle Studienlage weist auf die Bedeutung einer pflanzenreichen Kost und bestimmter Pflanzenstoffe in Bezug auf die Prävention, das Fortschreiten und das Überleben bei Prostatakrebs hin.

Das Risiko für das Prostatakarzinom erhöht sich deutlich mit dem Genuss von Fleisch, insbesondere rotem Fleisch. In einem Review wurden die verfügbaren Fall-Kontroll- und Kohorten-Studien analysiert: Aus 16 von 22 Studien ging hervor, dass der Verzehr von rotem Fleisch zu einem um mindestens 30 % erhöhten Risiko führt, an Prostatakrebs zu erkranken. In einer prospektiven Studie an 51.529 Männern in Heilberufen erhöhte sich das Risiko für das metastasierende Prostatakarzinom mit dem Verzehr von rotem Fleisch um 60 % (relatives Risiko = 1,6 für das höchste Quintil verglichen mit dem niedrigsten, 95-%-Konfidenz-Intervall = 1,0–2,5). Tierische Fette führten zu einem 1,63-fachen Risiko. Offenbar spielen hierbei auch die klassischen Kanzerogene wie heterozyklische Amine und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, die beim Braten, Schmoren oder Grillen des Fleisches entstehen, eine Rolle. Hoher Fleischkonsum erhöht aber nicht nur das Risiko von Prostatakrebs, sondern nachweislich auch das von Brust- und Darmkrebs. Epidemiologische Zusammenhänge sind auch mit Nieren-, Lungen- und Bauchspeicheldrüsenkrebs nachgewiesen.“

Quelle: Wikipedia

Ob diese Zusammenhänge in der Studie der Universität Lund auch auftauchten und berücksichtigt wurden, kann ich nicht beurteilen, weil die Arbeit noch nicht veröffentlicht wurde. Insofern sind diese Überlegungen spekulativ. Ich wollte damit aber nur zeigen, dass von einer Korrelation (hoher Limonadenkonsum geht einher mit hohem Prostatakrebs-Risiko) nicht geschlossen werden kann auf eine Kausalität (hoher Limonadenkonsum bewirkt ein hohes Prostatakrebs-Risiko).

Die Schlagzeile „Limonade erhöht Prostatakrebs-Risiko“ scheint mir daher ziemlich gewagt.

Ich kann mir auch nicht recht vorstellen, wie denn diese Wirkung zustande kommen soll.

Durch den hohen Zuckergehalt der Limonade? Dann wäre der Schluss aber: „Hoher Zuckerkonsum erhöht Prostatakrebs-Risiko“. Und ein solcher Zusammenhang ist mir nicht bekannt.

Ich frage mich, ob es sinnvoll ist, Studienergebnisse auf so ungesicherter Grundlage und ohne differenzierte Beschreibung zu veröffentlichen. Diese Art von Schlagzeilen verunsichert wohl mehr, als dass sie nützliche Informationen liefert.

Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde

Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz

Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
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