Zum Thema Qualität und Transparenz bei Gesundheitsprodukten pflanzlichen Ursprungs hat das Komitee Forschende Naturmedizin kürzlich ein Statement von Prof. Theodor Dingermann  (Universität Frankfurt) publiziert. Hier einige Auszüge zu diesem wichtigen Thema:

„Gesundheitsprodukte pflanzlichen Ursprungs sind extrem heterogen –  nicht nur hinsichtlich ihrer Qualität, sondern auch hinsichtlich ihres therapeutischen Anspruchs. Sie lassen sich aufgliedern in

– Apothekenpflichtige Phytopharmaka,

– Mittel alternativer Therapierichtungen, darunter Homöopathika,

Anthroposophika und viele andere,

– Freiverkäufliche Phytopharmaka,

– Nahrungsergänzungsmittel,

u.a.

Alle diese Produkte, sind sie auch noch so unterschiedlich, werden von Patienten wie Verbrauchern in erster Linie oder sogar ausschließlich über die als Rohstoff eingesetzten Arzneipflanzen wahrgenommen.

Dies kann dem hohen ethischen Anspruch qualitativ hochwertiger und sorgfältig getesteter Präparate sowohl des Arzneimittel- wie des Nahrungsergänzungsmittelsegments nicht gerecht werden.“

Diese Aussagen dürften zwar auf Deutschland bezogen sein, doch ist die Situation in der Schweiz genauso desolat, intransparent und konsumentenfeindlich. Es gibt sehr viel Propaganda für Produkte aus Komplementärmedizin und Naturheilkunde, aber es wird nicht informiert über grundlegende Unterschiede.

Prof. Dingermann schreibt:

„Daher müssen große Anstrengungen unternommen werden, die Verbraucher über die großen Unterschiede der Präparate pflanzlichen Ursprungs aufzuklären, damit diese schließlich die Produkte erwerben können, die sie auch erwerben möchten. Dass diese so simple wie plausible Tatsache so nachdrücklich betont werden muss, liegt daran, dass Intransparenz das große Feld beherrscht, auf dem sich diese Produkte bewegen. Zwar kann der Fachmann anhand der Deklarationen auf den Produkten deren Leistungsansprüche mindestens teilweise erkennen. Der Laie, d.h. der Verbraucher, kann es hingegen nicht.

Hinter unscheinbaren Deklarationsdetails verbergen sich hoch komplexe Spezifikationsgrenzen, die man auch allgemeinverständlich formulieren könnte, dies aber nicht darf. Gesetzlich festgeschriebene Restriktionen behindern klare Aussagen darüber, welche Ansprüche für welche Präparate belegt sind, um als Verbraucher rational die eigenen Ansprüche mit den Ansprüchen der Präparate in Einklang bringen zu können.“

(Heraushebungen im Original)

Konsumentenschutz

Diese Forderungen sind im Sinne des Konsumentenschutzes genauso für die Schweiz zentral. Auch bei uns ist den wenigsten Konsumentinnen und Konsumenten klar, dass in Apotheken und Drogerien eine Vielzahl von komplementärmedizinischen Präparaten verkauft werden, die vom Wirkungsnachweis befreit sind und deren Hersteller daher niemals auch nur den Versuch unternommen haben, die Wirksamkeit ihrer Produkte seriös zu dokumentieren. Es werden systematisch und von den Behörden bewilligt Naturheilmittel verkauft, bei denen mit sehr guten Gründen davon ausgegangen werden kann, dass sie keinerlei Wirksamkeit haben.

Und weil ein grösserer Teil der Beschwerden von selber bessert, schreiben Konsumierende oft auch solchen Produkten eine Wirksamkeit zu.

Natürlich kann man argumentieren, dass die Patienten auch die Möglichkeit haben sollen, unwirksame Produkte zu kaufen, wenn sie von deren Wirkung überzeugt sind.

Diese Argumentation ist allerdings durchaus fragwürdig, weil die Patientinnen und Patienten im Einzelfall meistens kaum in der Lage sein werden, die Wirksamkeit eines Präparates zu beurteilen.

Und dies hauptsächlich deshalb, weil für Besserungen immer eine ganze Reihe von Faktoren verantwortlich sein können, und weil die Erfahrung den Irrtum keineswegs ans Licht bringen muss.

Siehe dazu:

Naturheilkunde braucht sorgfältigeren Umgang mit Erfahrung

Naturheilkunde: Erfahrung genügt nicht als Begründung

Naturheilkunde: Warum werden unsere kranken eigentlich wieder gesund?

Ich plädiere nicht dafür, unwirksame Naturheilmittel zu verbieten. Aber Transparenz, so wie Professor Dingermann sie verlangt, wäre das Mindeste, was Konsumentinnen und Konsumenten verlangen könnten.  Es müsste klar und einfach verständlich auf den Produkten deklariert werden, welche Naturheilmittel ihre Wirksamkeit dokumentiert haben und welche nicht.

Im Sinne der Konsumenteninformation ist es mir ein wichtiges Anliegen, zu dieser Transparenz beizutragen, damit Patientinnen und Patienten eine informierte Wahl treffen können.

Wenn Sie die Qualitätsunterschiede zwischen verschiedenen Naturheilmittel-Gruppen kennenlernen wollen, gibt es dazu das Tagesseminar

Komplementärmedizin – Basiswissen zur Orientierung im überquellenden Angebot

Quelle:

http://www.phytotherapie-komitee.de/News/pk_30_03_11/Dingermann-Statement.pdf

Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde

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Infos auf www.phytotherapie-seminare.ch

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