Seit einigen Jahren ist Zimt als Heilpflanze bei Diabetes im Gespräch. Entsprechende Hoffnungen wurden genährt durch Laborexperimente und klinische Studien. Die Erkenntnislage dazu ist allerdings immer noch widersprüchlich.

Die Zeitschrift „Phytotherapie Austria“ (Nr. 1 / 2013) hat zu diesem Thema Sabine Glasl-Tazreiter befragt, Ao. Univ.-Prof. am Department für Pharmakognosie am Pharmaziezentrum der Universität Wien.

Auf die Frage, wie die Anwendung von Zimt aus heutiger Sicht zu beurteilen sei, antwortet sie:

„Der Zimt-Hype nahm seinen Lauf mit der Publikation der Ergebnisse einer Studie aus dem Jahr 2003. Vermahlenes Zimtpulver hatte in den Dosierungen 1g, 3g und 6g über einen Anwendungszeitraum von 40 Tagen zu einer Senkung der Glucoseplasmaspiegel sowie zur Senkung der Triglyceride, LDL und des Gesamtcholesterins geführt. Seither wurden zahlreiche klinische Studien durchgeführt. Deren Ergebnisse sind allerdings widersprüchlich und keineswegs so klar, wie man sich das erhofft hatte.“

Die Expertin geht dann auf Stellungnahmen von Fachgesellschaften ein:

„Die Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft hat 2005 eine Stellungnahme verfasst, in der sie keine Empfehlung für Zimt abgibt. Darin heißt es, die Einstellung von Diabetespatienten sei bereits mit den gut geprüften Antidiabetika schwer; darüber hinaus habe man keine Information über die für die Wirkung verantwortlichen Zimt-Inhaltsstoffe, und letztlich kritisiert man die ungenügenden Daten zu Toxikologie und Langzeiteffekten. Die Amerikanische Diabetesgesellschaft erklärt in ihrer Stellungnahme aus dem Jahr 2010, dass Zimt keinen Benefit für Diabetiker brächte, dass die Beweislage hinsichtlich der cholesterinsenkenden Wirkung nicht überzeugend sei, und dass man keine Empfehlung für Zimt zur Behandlung erhöhter Cholesterinspiegel abgeben könne.“

Und hier ihr Fazit:

„Diese sehr kritischen Bewertungen werden von manchen Ärzten als zu vorsichtig eingeschätzt, denn bei den vielen pflanzlichen Alternativen, die bei Diabetes beworben werden, liefert der Zimt in den Studien die größte Konsistenz hinsichtlich der Senkung des Nüchternblutzuckers und der HbA1C-Werte. Was also soll man den Patienten raten? Will man auf Nummer Sicher gehen, so sollte keine Selbstmedikation ohne Rücksprache mit dem Arzt erfolgen.“

Quelle:

http://www.phytotherapie.co.at/pdf/PT0113.pdf

Kommentar & Ergänzung:

Als die Forschungen zum Thema „Zimt & Diabetes“ bekannt wurden, war das eine ziemliche Sensation, weil niemand eine solche Wirkung von Zimt erwartet hatte.

Inzwischen haben allerdings widersprüchliche Ergebnisse die Einschätzung nicht gerade leichter gemacht. Der Expertin ist aber zuzustimmen, wenn sie feststellt, dass andere pflanzliche Mittel bei Diabetes in den Studien weniger Konsistenz zeigten.

Nicht nachvollziehbar ist die Aussage der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft, wonach man keine Information über die für die Wirkung verantwortlichen Zimt-Inhaltsstoffe habe.

Als Wirkstoff erforscht wird Methylhydroxychalkonpolymer (MHCP), ein wasserlösliches Polyphenolpolymer aus Zimt. MHCP verbesserte in In-vitro-Studien an 3T3-L1 Adipozyten die Glucoseaufnahme und Glykogensynthese in ähnlichem Ausmaß wie Insulin.

Gemäss Pharmawiki wurde die erwähnte Studie aus dem Jahr 2003 mit Cassia-Zimt (Cinnamomum cassia) durchgeführt. Er enthält verhältnismässig hohe Konzentrationen des bei längerer Einnahme in hohen Dosen möglicherweise leberschädigenden Cumarins.

Und da bei einer Anwendung als Begleittherapie bei Diabetes von einer Langzeitanwendung auszugehen ist, muss Cassia-Zimt in diesem Anwendungsbereich sehr in Frage gestellt werden. Der Cumaringehalt liegt bei Ceylon-Zimt (Cinnamomum verum) wesentlich tiefer.

Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde

Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz

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