Heilpflanzen selber sammeln lohnt sich in Mitteleuropa rein wirtschaftlich gesehen schon längst nicht mehr. Der Bedarf wird bei den meisten Heilpflanzen aus Kulturen gedeckt. Trotzdem gibt es wieder vermehrt Menschen, die ihre Heilpflanzen, aber auch Wildsalate und Wildgemüse, selber in der Natur suchen und ernten. Das scheint mir nicht einfach ein archaischer Rückfall in eine steinzeitliche Sammel- und Jagdkultur. Heutigen Menschen vermittelt das Sammeln von Heilpflanzen einen Kontakt zur Natur, zur näheren oder weiteren Umgebung und zu den Jahreszeiten. Es schärft die Wahrnehmung für die Reichtümer der Pflanzenwelt, mit der wir leben. Zudem kann es auch ein gesundes Stück Autonomie gegenüber dem industriellen und medizinischen System vermitteln. Eine Autonomie, die stark verloren gegangen ist, seit wir praktisch alle Produkte des täglichen Bedarfs im Grossverteiler oder in der Apotheke kaufen.
Es gibt aber auch einige Tücken, wenn Heilpflanzen wieder vermehrt selber gesammelt werden. Die grosse Mehrheit der heutigen Menschen kennt sich mit der Pflanzenwelt nicht mehr besonders gut aus.
Wenn Sie sich mit dem Gedanken befassen, Heilpflanzen und Wildkräuter selber zu sammeln, können Ihnen folgende Fragen klar machen, ob Sie das dazu nötige Wissen haben oder es sich besser zuerst noch aneignen sollten:
1. Können Sie die gesuchte Heilpflanze in der Natur zweifelsfrei erkennen? Es gibt von verschiedenen Heilpflanzen “Doppelgänger” – das sind ähnlich aussehende, oft nah verwandte Pflanzen, die giftig sind oder von denen keine Heilwirkung zu erwarten ist.
2. Wissen Sie, welche Heilpflanzen zugleich giftig sind und deshalb nicht für die Selbstanwendung geeignet, sondern nur als genau dosierbare Präparate eingesetzt werden dürfen?
3. Wissen Sie, welche Heilpflanzen geschützt sind und auf keinen Fall gesammelt werden dürfen?
4. Wissen Sie, in welcher Umgebung Sie Heilpflanzen sammeln können. Erkennen Sie, ob eine Wiese, ein Feld, ein Waldrand speziell von Umweltverschmutzung belastet ist?
5. Wissen Sie, zu welcher Tages- und Jahreszeit Sie die Heilpflanze Ihrer Wahl sammeln sollten, damit sie ihre optimale Wirkung entfalten kann?
6. Wissen Sie, welcher Pflanzenteil zu Heilzwecken verwendet wird – Blüten, Früchte, Samen, Wurzeln, Rinde oder das ganze Kraut?
7. Wissen Sie, wie die gesammelten Heilpflanzen getrocknet und aufbewahrt werden – und haben Sie die Möglichkeit dazu?
Die sieben Punkte sind verändert übernommen von:
Mannfried Pahlow, Heilpflanzen – sanfte Behandlung von Alltagsbeschwerden, Hirzel Verlag 2000
Prüfen Sie diese sieben Punkte, bevor Sie mit dem Sammeln von Heilpflanzen beginnen. Vor allem lernen Sie zuvor die Pflanzenwelt kennen. Gute Gelegenheiten dazu finden sie auf meinen Heilpflanzen-Exkursionen.
Info: www.phytotherapie-seminare.ch
Wenn Ihnen Zeit und / oder Lust dafür fehlt, sich intensiver mit der Pflanzenwelt zu befassen, dann greifen Sie wohl besser zu pflanzlichen Fertigpräparaten.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Leiter von Heilpflanzen- und Wildblumenexkursionen / Heilkräuter-Kurse / Phytotherapie-Ausbildungen
www.phytotherapie-seminare.ch
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Klinik, Palliative Care
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
Schmerzen? Chronische Erkrankungen? www.patientenseminare.ch