Koffein regt den Organismus an, kann aber auch abhängig machen. Das kann zu Kopfweh und Ermüdung führen, wenn die gewohnte Tagesportion ausbleibt. Weshalb das so ist, erläutern Psychiater der University of Vermont College of Medicine im Wissenschaftsjournal Psychopharmacology. Sie erforschten, welche körperlichen Prozesse ein plötzlicher Einnahmestopp von Koffein auslöst.
Bei Versuchspersonen, die über einen längeren Zeitraum Koffeinkapseln eingenommen hatten, zeigten sich deutliche Reaktionen nach einem Zufuhrstopp. Diese Reaktionen glichen den typischen Entzugserscheinungen von Suchtmitteln. Die Geschwindigkeit des Blutflusses im Gehirn und auch die Theta-Rhythmen im EEG-Bild steigerten sich, was die Wisenschaftler als wichtigste Auslöser für das Kopfweh sehen. Die Studienteilnehmer erklärten zudem, dass sie sich beim Entzug besonders müde, erschöpft, lustlos oder matt fühlten.
Hoher Blutdruck
„Koffein verengt die Blutgefäße, was kurzfristig zu schnellerem Blutfluss wie auch zu hohem Blutdruck führt. Gleichzeitig steigt das Sauerstoff-Angebot in den Zellen“, sagt dazu Hartmut Göbel, Leiter der Schmerzklinik Kiel. Der in Kaffee, Tee, Cola, Energy-Drinks und auch in Kakao enthaltene Wirkstoff Koffein ziele auf die Rezeptoren ab, welche der Zelle sonst Pause signalisieren. Dadurch verhindere er Müdigkeit.
„Das Problem dabei ist, dass das Gehirn eine ständige Koffein-Dosis bemerkt und sich daran gewöhnt. Deshalb wirkt Koffein umso weniger, je mehr man davon zu sich nimmt“, erklärt Göbel. Entziehe man dem Organismus nach der Gewöhnung Koffein, könne das zu Kopfschmerzen, Übelkeit, Müdigkeit und Depressionen führen. „Deutlich wurde das durch den Nachweis, dass die meisten Menschen am Samstag Kopfschmerz haben, da sie am Wochenende ihre gewohnte Kaffeedosis nicht zu sich nehmen.“
Droge
Koffein sei medizinisch und pharmakologisch eine Droge, betont Göbel.
Die bei regelmäßigem Koffeinkonsum entstehende Abhängigkeit sei in der Gesellschaft aber so gut organisiert, dass man sie kaum bemerke. „Kaffee gehört zum Alltag und wird permanent eingenommen. Im Arbeitsalltag oder bei Veranstaltungen ist er stets verfügbar, oder man legt eben eine Kaffeepause ein.“ Gelegenheiten des Kaffeekonsums gebe es auch in allen städtischen Einkaufszonen, während in England die traditionelle Teezeit um fünf Uhr nachmittags dieselbe Funktion erfülle, die übliche Müdigkeit dieser Tageszeit auszugleichen. „Stark zubereiter Tee enthält dieselbe Konzentration Koffein wie Kaffee“, so der Schmerzmediziner.
Weil der anregende Effekt des Koffeins Kopfschmerz vorübergehend stillt, wird es schon lange als Arznei eingesetzt. „Coca Cola wurde ursprünglich als Therapie gegen Kopfschmerzen entwickelt“, so Göbel. Die Anwendung der Aufputschsubstanz in Medikamenten kritisiert der Schmerzspezialist allerdings. „Das ist etwa bei den gängigsten Analgetika gegen Kopfschmerz der Fall. Diese Mischpräparate kombinieren Schmerzmittel mit Koffein, wodurch das Risiko einer Abhängigkeit gegeben ist. Es gibt Patienten, die aus diesem Grund regelmäßig 30 Schmerztabletten pro Tag einnehmen.“ Anstelle der Kombination von schmerzstillenden Wirkstoffen (Analgetika) mit Koffein sei eine Monotherapie sinnvoller, die nur einen Wirkstoff verwende und auf Koffein verzichte, betont der Schmerzmediziner. Kaffee könne man dann unabhängig von dem Schmerzmittel einnehmen, wenn man den Koffeineffekt wünsche.
Sozial verträgliche Droge
In Maßen genossener Kaffee sei laut Göbel eine sozial verträgliche Droge, weil er die Leistung erhöht. Zudem spreche medizinisch nichts gegen bis zu vier Tassen Kaffee täglich. „Eine Tasse enthält je nach Stärke zwischen 30 und 100 Milligramm Koffein. Koffein ist jedoch bis zu einer Dosis von 200 Milligramm unbedenklich.“ Wer gerne viel Kaffee trinke, solle diesen möglichst schwach zubereiten, empfiehlt der Mediziner. „Wichtig ist es jedoch, Körper und Geist genügend Ausgleich zu geben.“
Quelle: www.journalmed.de, 8. 5. 2009
Kommentar: Kopfschmerzen nach Koffein-Entzug
Zweifellos gibt es “Kaffee-Junkies”, die sich vielleicht einmal Gedanken machen sollten über die täglich zugeführte Koffein-Dosis.
In mässigen Dosen getrunken, haben allerdings Kaffee, Schwarztee, Grüntee und Weisser Tee durchaus auch positive Wirkungen auf die Gesundheit. Dies verdanken sie verschiedenartigen Inhaltsstoffen, welche sie neben dem Koffein auch noch “mitführen”, beispielsweise den Tee-Polyphenolen. Schwarztee zählt zudem schon seit langem zu den bedeutenden Heilpflanzen.
Fragwürdiger sind deshalb die Energy-Drinks vom Typ “Redbull”, welche Koffein isoliert von den pflanzlichen Begleitstoffen enthalten, gemischt mit Süssstoffen und Aromastoffen. Aus gesundheitlicher Sicht eine ziemliche “Schrottladung”, wobei auch hier der gelegentliche Konsum wohl unbedenklich ist. Wenn aber der grössere Teil des täglichen Flüssigkeitsbedarf via “Energy-Drinks” gedeckt wird, scheint mit das schon eher bedenklich.
Hier ist wieder einmal ein Plädoyer fällig für den Kräutertee.. Wie wäre es zum Beispiel mit Hagebutten, Karkade, Rooibos (Rotbusch), Verveine (Zitronenstrauch, Verbena), Orangenblüten (als Abendtee), Lindenblüten, Pfefferminze. Sie alle sind koffeinfrei, bieten viel Abwechslung und eignen sich als Genusstee – einzeln getrunken oder nach eigenem Geschmack gemischt.
Präzisiert werden müsste noch die Aussage in obigem Beitrag, dass stark zubereiteter Tee dieselbe Konzentration an Koffein enthält wie Kaffee. Das stimmt wohl, wenn mit “stark zubereitet” eine hohe Dosis Teeblätter pro Tasse gemeint ist. Nicht zutreffen dürfte dies, wenn mit “stark zubereitet” gemeint ist: Den Tee lang ziehen lassen.
Wird der Tee nämlich längere Zeit ziehen gelassen, wird das Koffein teilweise durch Gerbstoffe gebunden. Dadurch sinkt die resorbierte Koffeinmenge.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Kräuterexkursionen in den Bergen / Heilkräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Klinik, Palliative Care
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
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