Im Umfeld der Naturheilkunde ist in den letzten Jahren eine esoterisch angehauchte Variante der Pflanzenheilkunde entstanden, welche die Wirkungen der Heilpflanzen aus ihren Farben und Formen ableiten will. Als Signaturenlehre war diese Vorstellung in der Renaissance hoch bedeutsam, während der gegenwärtige Neuaufguss sich vor allem durch willkürliches Hineininterpretieren von Heilwirkungen in die Pflanzen auszeichnet.

Dem Zeitgeist entsprechend, werden auch absurdeste Behauptungen von vielen Leuten fraglos geglaubt, so beispielsweise die angebliche Wirkung des Storchenschnabeltees gegen Kinderlosigkeit, weil die Storchenschnabel-Pflanze eine storchenschnabelähnliche Frucht entwickelt. Mehr Infos zum Thema
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Allerdings soll meines Erachtens auch deutlich gesagt werden: Man kann zwar zu jeder Pflanze unzählige Ähnlichkeiten finden, doch John Ray hat schon im 17. Jahrhundert überzeugend dargelegt, dass kein Zusammenhang besteht zwischen Farben und Formen der Pflanzen und ihren Heilwirkungen.

“Signaturen der Pflanzen” – eine anthropozentrische Theorie

Pflanzen entwickeln ihre Formen und Farben für sich und nicht als Hinweis für uns. Die Signaturenlehre spricht aber die Bedürfnisse vieler Menschen an, indem sie den schönen Eindruck vermittelt, dass die Pflanzen uns etwas zu sagen haben und dass wir gemeint sind. Damit stellt sich der Mensch allerdings sehr stark ins Zentrum der kosmischen Veranstaltung. Die Signaturenlehre wurzelt in einer hoch anthropozentrischen Naturauffassung.

In der Renaissance, auf dem Höhepunkt der Signaturenlehre, verstand sich der Mensch als die Krone der Schöpfung. Pflanzen und Tiere waren um des Menschen willen da. Inzwischen spricht jedoch viel dafür, dass wir nicht so überaus wichtig sind in der Natur, als dass Pflanzen uns durch Formen und Farben mitteilen würden, wozu sie für uns gut sind.

Nur schon durch eine kleine Prise menschlicher Bescheidenheit wird die Signaturenlehre fundamental in Frage gestellt. Weil sie jedoch das Bedürfnis nach einer besonderen Stellung des Menschen so gut bedient, findet die Signaturenlehre wieder Anklang, wird in sehr unhistorischer und oberflächlicher Form propagiert und ziemlich gedankenlos nachgebetet. Das scheint mir ausgesprochen fragwürdig und irreführend.

Wenn es um Gesundheit und Krankheit geht, sind wir verpflichtet, sorgfältig zu prüfen, ob unsere Empfehlungen plausibel begründet und sorgfältig dokumentiert sind. Für die heute herumgereichten, hoch spekulativen Signaturen der Pflanzen trifft das meines Erachtens nicht im Ansatz zu.

Wer im Bereich von Komplementärmedizin / Naturheilkunde / Pflanzenheilkunde Wirkungen von Heilpflanzen aus Signaturen ableitet, täuscht in meinen Augen
Patientinnen und Patienten und gefährdet möglicherweise sogar ihre Gesundheit.

Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde

Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz

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