Täglich ein halber Liter Rote-Beete-Saft (in der Schweiz Randensaft genannt) steigert die Leistung in Ausdauersportarten. Das zeigte sich in einer kleinen placebokontrollierten Studie, die jetzt im Journal of Applied Physiology (2009; doi: 10.1152/japplphysiol.00722.2009) publiziert wurde.
Eine ausgezeichnete Zusammenfassung der Studie erschien soeben auf www.aerzteblatt.de.
An der Studie beteiligten sich acht Männer im Alter von 19 bis 38 Jahren, welche über sechs Tage täglich einen halben Liter Rote Beete-Saft tranken. An den letzten drei Tagen wurden mit den Männern Belastungstests auf dem Fahrradergometer durchgeführt. Wie die Gruppe um Andrew Jones von der Universität in Exeter/England berichtet, erhöhte der Rote-Beete-Saft die Ausdauer der Teilnehmer beim Fahrradfahren. Sie hielten durchschnittlich 11,25 Minuten durch, 92 Sekunden länger als in einer zweiten Studienphase, in welcher die Teilnehmer die gleiche Menge Johannisbeersaft getrunken hatten. Auf die Gesamtstrecke bezogen ergebe sich daraus eine Vorsprung von zirka 2 Prozent, was auf sportlichen Wettbewerben über Sieg oder hintere Plätze entscheiden könnte. ?
Randensaft und Johannisbeersaft haben zwar eine ähnliche Farbe. Rote-Beete enthält aber eine größere Menge Nitrate, welche im Organismus in Nitrite umgewandelt werden. Die Plasma-Nitrit-Konzentration lag nach dem Trinken von Randensaft fast doppelt so hoch wie nach dem Trinken von Johannisbeersaft, welcher fast keine Nitrate enthält. Studienleiter Jones vermutet, dass die Nitrite die Sauerstoffverwertung in den Mitochondrien verbessern.
Aus früheren Untersuchungen ist bekannt, dass Nitrite mit den Eisenatomen der Enzyme der Zellatmung reagieren. Dies geschieht auch im Hämoglobin der Erythrozyten (Rote Blutkörperchen) mit der Folge einer gesteigerten Methämoglobinbildung, was nicht unbedingt die Fitness erhöht. ??
Die Resultate von Jones zeigen indes, dass die Sauerstoffextraktion im Muskelgewebe nach dem Trinken des Rote Beete-Safts deutlich vermindert war. Lungenfunktionstests ergaben, dass die Teilnehmer für die gleiche Leistung 19 Prozent weniger Sauerstoff verbrauchten.??
Blutdrucksenkung durch Rote-Beete-Saft bestätigt
Der Rote Beete-Saft bewirkte außerdem eine Butdrucksenkung: Der systolische Wert in Ruhe ging von 132 auf 124 mm Hg zurück. Die Studie bestätigte damit die Resultate einer anderen Forschergruppe, die im letzten Jahr eine Senkung des Blutdrucks um 10,4/8 mm Hg nach dem Trinken der gleichen Menge Rote-Beete-Saft beschrieben hatte (Hypertension 2008; 51: 784-790).??
Das “Ärzteblatt” schliesst seinen Bericht mit folgendem Kommentar:
“Jones ist übrigens Berater der britischen Langstreckenläuferin Paula Radcliffe, auf deren Homepage sich ein Link zu einer Meldung der BBC zu der Studie befindet. Die Botschaft scheint demnach bei den Sportlern angekommen zu sein. Man kann nur hoffen, dass sich die Berater auch Gedanken über die möglichen Nebenwirkungen einer hoch dosierten Rote-Beete-Behandlung machen. Nitrite sind an der Bildung kanzerogener Nitrosamine beteiligt. Rote Beete enthält außerdem viel Oxalsäure, die Ausgangspunkt für die Bildung von Nierensteinen sein kann.”
Quelle: www.aerzteblatt.de
Zur Originalpublikation: http://www.exeter.ac.uk/news/featurednews/title,37371,en.php
Kommentar & Ergänzung: Randensaft (Rote Beete) steigert sportliche Ausdauer
Kompliment ans “Deutsche Äerzteblatt” für die informative und differenzierte Zusammenfassung. Andere Online-Dienste verwenden reisserische Titel wie “Natürliches Doping mit Rote Bete”, lassen dafür aber die möglichen Nebenwirkungen der Nitrite unerwähnt. Der hohe Nitratgehalt von Randen / Rote Beete ist ja immer wieder mal im Gespräch wegen möglichen gesundheitlichen Folgen. Allerdings dürfte ein Risiko nur bei längerdauernder Aufnahme hoher Nitratkonzentrationen verhanden sein, während die gemessene Leistungssteigerung innert Tagen auftrat, was natürlich für einen Wettkampf praktikabel wäre.
Aus den Meldungen geht nicht hervor, ob es sich bei den Teilnehmern um trainierte oder untrainierte Personen handelte. Das könnte relevant sein.
Aus Studien betreffend einer leistungssteigernden Wirkung von Ginseng ergaben sich zum Beispiel Hinweise, dass untrainierte Personen eher von einer Behandlung profitierten als hoch trainierte Spitzensportler, die ihr Potential schon weitgehend ausschöpfen.
Falls ein solcher Unterschied auch beim Randensaft auftritt, würde das die Bedeutung für den
Hochleistungssport möglicherweise relativieren.
Ausserdem ist zu sagen, dass natürlich die Anzahl der Teilnehmenden mit 8 Personen sehr klein war, was die Aussagekraft einschränkt.
Auf http://de.news.yahoo.com wird zu der Studie noch ergänzt, dass die Forscher laut “BBC” vermuten, “dass das mit dem Getränk aufgenommene Nitrat im Körper zu Stickoxid wird und dadurch beeinflusst, wie viel Sauerstoff vom Organismus während einer körperlichen Übung verbrannt wird. Davon wiederum hängt der Grad der Ermüdung ab. Basierend auf den Forschungsergebnissen könnten in Zukunft Ernährungspläne für Menschen mit Herz-Kreislauferkrankungen erstellt werden.”
Soweit ist die Wirkung allerdings noch nicht geklärt, dass schon Ernährungspläne für Herz-Kreislauf-Patienten mit Rote-Beete erstellt werden können. Sollte der Randensaft aber tatsächlich den Sauerstoffverbrauch während körperlicher Aktivität vermindern, wäre die Idee ja nicht ganz dumm, dass beispielsweise Patienten mit Herzschwäche davon profitieren könnten.
In solchen Fällen wären dann auch allfällige Langzeit-Nebenwirkungen der Nitrate wohl in Kauf zu nehmen.
Interessant ist die günstige Wirkung bei Bluthochdruck, die vom “Aerzteblatt” auch noch erwähnt wird.
Randen / Rote Beete wird in der traditionellen Naturheilkunde manchmal wegen der roten Farbe als Mittel zur Blutbildung empfohlen.
Heute weiss man aber, dass der rote Farbstoff, das Betanin, nichts mit der Blutbildung zu tun hat. Ein weiteres Beispiel für die Fragwürdigkeit von Theorien, welche von Farben und Formen der Heilpflanzen auf ihre Wirkungen schliessen wollen.
Betanin ist ein sekundärer Pflanzenstoff, gehört zur Gruppe der Polyphenole und scheint als Antioxidans durchaus gesund zu sein.
Allenfalls könnten der Eisengehalt und der Folsäuregehalt in Randen / Rote Beete günstig auf die Blutbildung wirken. Viele andere Gemüse dürften der Roten Beete in diesen Punkten aber nicht nachstehen. Randen enthält nämlich verhältnismässig nur wenig Eisen. Dazu kommt noch, dass die in der Roten Beete enthaltenen Oxalate und das Nitrat die Eisenaufnahme behindern.
Das Nestle Ernährungstudio auf http://ernaehrungsstudio.nestle.de schreibt zum Thema Rote Beete, Eisen und Folsäure:
“ Sowohl das Spurenelement Eisen als auch das B-Vitamin Folsäure sind unentbehrlich für die Blutbildung. Eine Portion Rote Bete (200 g, roh) enthält etwa 166 µg Folsäure und 1,8 mg Eisen. Damit liefert das Gemüse knapp 15 % der empfohlenen Tagesmenge an Eisen und mehr als 40 % der pro Tag empfohlenen Folsäuremenge. Allerdings verwertet unser Körper pflanzliches Eisen weniger gut als tierisches. Und Folsäure ist sehr hitze- und lichtempfindlich. Durch Lagerung und Zubereitung geht ein großer Teil des Vitamins verloren. Unser Tipp: Verzehren Sie Rote Bete bevorzugt frisch und roh und/oder wählen Sie eine nährstoffschonende Zubereitungsform, z. B. dünsten. Rote Bete-Saft sollten Sie aus dunklen bzw. lichtundurchlässigen Flaschen genießen. Trinken Sie zur Rote Bete-Mahlzeit einen Vitamin C-reichen Orangensaft. Denn Vitamin C kann die Verwertung von pflanzlichem Eisen verbessern.”
Rote Beete / Randen ist übrigens ein gutes Beispiel dafür dass es fliessende Übergänge gibt zwischen Heilpflanzen und Nahrungspflanzen.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
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Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
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Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Klinik, Palliative Care
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