Die Einstellung von amerikanischen Ärzten und Patienten zu Heilpflanzen-Präparaten ändert sich gegenwärtig. Hauptsächlich bei Erkältungskrankheiten erobern Phytotherapeutika den Markt.
Phytotherapie hat in den USA einen ganz anderen Stellenwert als in Europa. Das Wissen um wirksame Heilpflanzen-Präparate war in den USA bisher kaum entwickelt. Weil es in diesem Bereich dort keine ausreichende Qualitätskontrolle gibt, wurde der Markt mit billigen Importen etwa aus Fernost überschwemmt.
Seit einiger Zeit ändert sich in den USA jedoch einiges. So fördern die National Institutes of Health die Erforschung von Heilpflanzen-Präparaten mittlerweile mit dreistelligen Millionen-Dollar-Beträgen pro Jahr. Und auch US-amerikanische Ärzte sind mehr und mehr an Evidenz-basierten Phytopharmaka interessiert, insbesondere im Bereich der Erkältungskrankheiten. In diesem Indikationsbereich wurden einige synthetische Arzneimittel wegen unerwünschter Wirkungen vom Markt genommen, darunter Mittel zur Abschwellung der Nasenschleimhaut.
2007 warnte die US-Gesundheitsbehörde FDA sogar ausdrücklich davor, frei erhältliche synthetische Medikamente gegen Husten und Erkältungskrankheiten bei Kindern unter sechs Jahren anzuwenden.
Diese Situation stellte US-Ärzte vor ein Dilemma, weil viele Medikamente nach der FDA-Warnung nicht mehr zur Verfügung standen. Pflanzliche Mittel galten zudem als gefährlich. In den USA müssen erst einmal viele Ärzte aufgeklärt werden, dass es bei vielen Erkrankungen ernst zu nehmende Heilpflanzen-Präparate gibt.
Quelle: www.aerztezeitung.de
Kommentar & Ergänzung: Heilpflanzen-Präparate in den USA im Aufwind
Problematisch ist unter anderem, dass in den USA “Herbals” nicht als Arzneimittel gelten, sondern überwiegend als Nahrungsergänzungsmittel verkauft werden. Sie sind daher auch kaum staatlich reguliert und kontrolliert, was erhebliche Qualitätsprobleme verursacht. Das ist ein grosser Unterschied zur Situation in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Hier konnten qualitativ hochstehende Heilpflanzen-Präparate ihren Status als offiziell anerkannte Heilmittel verteidigen oder gar ausbauen. Phytopharmaka, deren Wirkungen gut durch Studien belegt ist, werden daher in der Schweiz von den Krankenkassen über die Grundversicherung bezahlt. Das ist ein Unterschied zu Homöopathika und Anthroposophika, die aufgrund politischer Entscheidungen vom Wirkungsnachweis befreit sind und daher von der Grundversicherung bezahlt werden, ohne dass ihre Wirkung belegt werden müsste.
Für europäische Verhältnisse beneidenswert hoch ist der finanzielle Aufwand des National Institutes of Health zur Förderung der Heilpflanzen-Forschung. Allerdings fehlt es in den USA ganz offensichtlich wegen der mangelnden Erfahrung im Umgang mit Heilpflanzen-Forschung oft an Phytotherapie-Fachleuten, die solche Studien auch sach- und fachgerecht durchführen können. Wir müssen uns dann in Europa mit amerikanischen Grosstudien herumschlagen, die manchmal ziemlich weit weg von der hiesigen Phytotherapie-Praxis liegen, und zum Teil auch grobe Fehler enthalten. Jedenfalls gibt es durch diese Resultate aus den USA in der “Phytotherapie-Szene” immer wieder anregenden bis heiss debattierten Diskussionsstoff.
Und das ist ja auch eine der Stärken der Phytotherapie, dass sie ein offenes Feld ist und kein geschlossenes System, das Gültigkeit für alle Ewigkeit beansprucht. So setzen sich immer wieder neue Erkenntnisse durch. Neue Wirkungen von Heilpflanzen werden entdeckt, aber auch alte Irrtümer über Bord geworfen.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Kräuterexkursionen in den Bergen / Heilkräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
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