Anthocyane sind weit verbreitete Pflanzeninhaltsstoffe, welche für die rote,
blauviolette bis blauschwarze Farbe vieler Blüten, Früchte und Blätter verantwortlich sind. In zahlreichen Studien
konnte eine antioxidative Aktivität von Anthocyanen gezeigt werden. Diese Resultate sollen die positiven Effekte einer anthocyanreichen Ernährung erklären. Darüber hinaus entfalten Anthocyane wegen ihrer antiadhäsiven Wirkung eine antibakterielle Aktivität – so können zum Beispiel Preiselbeer-Extrakte, die zusätzlich auch Oligomere Procyanidine enthalten, bei wiederkehrenden Harnwegsinfektionen sinnvoll angewendet werden. Die ebenfalls anthocyanreichen Heidelbeeren werden (in getrockneter Form) in der traditionellen Pflanzenheilkunde wie auch in der Phytotherapie erfolgreich bei unspezifischen Durchfallerkrankungen eingesetzt.
Eine neue Studie befasste sich mit dem Einfluss von Anthocyanen auf das Enzym 5-Lipoxygenase (5-LO), welches
für die Biosynthese von Leukotrienen verantwortlich ist. Diese Entzündungsmediatoren spielen eine wichtige Rolle bei allergischen und entzündlichen Vorgängen. An aus menschlichen neutrophilen Granulozyten isolierter 5-LO erwiesen sich die Anthocyane Delphinidin-3-O-glucosid und Delphinidin-3-O-galactosid als die aktivsten Hemmstoffe unter den getesteten Reinsubstanzen. Sollten sich die viel versprechenden Laborergebnisse auch am Menschen bestätigen, dann könnten Anthocyane möglicherweise zur Vorbeugung und Behandlung entzündlicher Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn eingesetzt werden.
Quelle: PHYTOTherapie 4|09, Zeitschrift der Österreichischen Gesellschaft für Phytotherapie
Zur Originalpublikation:
Anthocyanins as lipoxygenase inhibitors. Bastian Knaup, Anett Oehme et al.; Mol. Nutr. Food Res. 2009, 53, 617-624 doi: 10.1002/mnfr.200800234
Kommentar & Ergänzung: Anthocyane als Entzündungshemmer
Dass Anthocyane jetzt als Hemmstoffe für die Entzündungsmediatoren vom Leukotrien-Typ diskutiert und untersucht werden ist eine sehr interessante Entwicklung. Die Phytotherapie kennt pflanzliche Leukotrien-Hemmung bisher vor allem vom Weihrauch (Olibanum). Die Forschung in diesem Bereich konzentriert sich auf Polyarthritis, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa und Bronchialasthma. Auch Extrakte aus dem Wurzelstock der Pestwurz (Petasites hybridus) zeigten Leukotrien-Hemmung und positive Effekte bei Bronchialasthma.
Von der Wirkstoffkunde her gehören Anthocyane zur grossen Gruppe der Flavonoide. Die Anthocyane der Hibiskusblüten (Karkade), zum Beispiel Delphinidin-sambubiosid, bewirken die Rotfärbung dieses beliebten Genusstees.
Zur therapeutischen Wirkung des Karkadentees siehe:
Karkadetee senkt systolischen Blutdruck um 13mmHg
Hibiskus / Karkade gegen erhöhtes Cholesterin?
Weitere Informationen zu den Forschungen von Bastian Knaup, Anett Oehme et al.:
Farbstoffe aus Heidelbeeren hemmen Entzündungen
Anthocyane gehören zur Wirkstoffgruppe der Flavonoide.
Flavonoide und damit auch Anthocyane sind Pflanzenwirkstoffe mit in der Regel sehr guter Verträglichkeit. Sie sind daher auch gut geeignet für Langzeittherapien.
Wichtige Heilpflanzen mit Flavonoiden sind für die Phytotherapie zum Beispiel Mariendistel, Ginkgo biloba, Buchweizenkraut oder Weissdorn. Flavonoidpflanzen zeigen unterschiedliche therapeutische Wirkungen und deshalb haben sie auch unterschiedliche Anwendungbereiche.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Kräuterexkursionen in den Bergen / Heilkräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
Schmerzen? Chronische Erkrankungen? www.patientenseminare.ch