Johanniskraut-Extrakte wirken bei leichten bis mittelschweren Depressionen stimmungsaufhellend. Studien mit Patientinnen und Patienten haben diesen Effekt inzwischen gut belegt.

Johanniskraut (Hypericum perforatum) kann aber auch die Wirkung von anderen Medikamenten beeinflussen. Solche Wechselwirkungen (Interaktionen) sind bei der Anwendung von Johanniskraut-Extrakt zu beachten.

Univ.-Doz. Dr. Reinhard Länger hat in der Zeitschrift der Österreichischen Gesellschaft für Phytotherapie das aktuelle Wissen über diese interessante Heilpflanze vorgestellt.

Ein oft vorgebrachtes Argument gegen die Anwendung hochdosierter Johanniskrautpräparate sei die Möglichkeit von Interaktionen mit anderen Arzneistoffen, schreibt Länger. Doch dieses Problem teile Johanniskraut mit vielen anderen Arzneistoffen, auch solchen, die in der gleichen Indikation eingesetzt werden.

Länger erläutert genau, wie diese Interaktionen zustande kommen:

„Hyperforin, ein Inhaltsstoff von Johanniskraut, induziert dosisabhängig die Aktivität der Enzyme CYP3A4, CYP2C9, CYP2C19 und von P-Glykoprotein. Das bedeutet, dass alle Arzneistoffe, bei deren Metabolismus die genannten Proteine eine Rolle spielen, bei gleichzeitiger Gabe von Johanniskraut-Präparaten beschleunigt abgebaut werden, verminderte Blutspiegel sind das Resultat. Deshalb ist die gleichzeitige Anwendung von

Johanniskraut und Cyclosporinen, Tacrolimus und ähnlichen Substanzen (bei systemischer Anwendung), Amprenavir, Indinavir und anderen Proteaseinhibitoren, Irinotecan und Warfarin kontraindiziert. Bei gleichzeitiger Anwendung von Arzneistoffen beispielsweise aus den Gruppen der Benzodiazepine und Statine, von Amitriptylin, Fexofenadin und Finasterid muss mit verminderten Plasmakonzentrationen gerechnet werden.“

Immer wieder kontrovers diskutiert wird die Interaktion von Johanniskraut-Extrakt mit Hormonen der Antibaby-Pille. Länger dazu:

„Die Datenlage zu Interaktionen mit oralen Kontrazeptiva ist nach wie vor widersprüchlich. Belege für verminderte Blutspiegel liegen in erster Linie für niedrig dosierte Kontrazeptiva vor. Deshalb werden ein Umstieg auf höher dosierte Kontrazeptiva und/oder zusätzliche Maßnahmen der Kontrazeption empfohlen.“

Zu theoretisch möglichen Johanniskraut-Interaktionen:

„Da Johanniskraut in den serotonergen Stoffwechsel eingreift, ist eine Wirkungsverstärkung anderer Arzneimittel mit serotonergen Effekten (z. B. Sertralin, Paroxetin, Buspiron, Triptane) theoretisch möglich, die wenigen publizierten Fallberichte lassen allerdings viele Fragen offen.“

Wechselwirkungen bei Johanniskrauttee?

„Zubereitungen, mit denen weniger als 1 mg Hyperforin pro Tag aufgenommen wird (zum Beispiel Johanniskrauttee), induzierten über 2 Wochen nicht die genannten Enzyme. Leider liegen bislang keine längeren Interaktionsstudien vor. Wenn die Einnahmedauer auf 2 Wochen beschränkt wird, sind daher keine Interaktionen zu erwarten. Bei längerer Einnahme sind alle genannten Gegenanzeigen und Warnhinweise zu beachten.“

Quelle:

Praktische Aspekte zur Anwendung von Johanniskrautpräparaten,

Autor: Univ.-Doz. Dr. Reinhard Länger

PHYTOTherapie Austria 4 / 2010

Kommentar & Ergänzung: Johanniskraut-Wechselwirkungen

Interessant an dieser kompetenten Zusammenfassung der Wechselwirkungen einer Johanniskraut-Therapie ist unter anderem der Hinweis, dass bei der Anwendung von Johanniskrauttee über 14 Tage keine Interaktionen zu erwarten sind. Allerdings geht man aufgrund von Erfahrungen aus klinischen Studien davon aus, dass die Johanniskraut-Wirkung nicht sofort eintritt, sondern erst nach etwa zwei Wochen den Placebo-Effekt übertrifft.

Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde

Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz

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