Die Zeitschrift für Phytotherapie (6/2010) hat in der Ausgabe vom Dezember 2010 das Schwerpunktthema „Gynäkologie“. Zwei Heilpflanzen haben in den letzten Jahrzehnten in der Gynäkologie quasi Karriere gemacht: Mönchspfeffer (Keuschlamm, Vitex agnus-castus) und Traubensilberkerze (Wanzenkraut, Cimicifuga racemosa). Unter dem Titel „Selektive Estrogenrezeptor-Modulatoren (SERMs)“ schreibt die Phytohormonspezialistin Dana Seidlova-Wuttke zum Thema „Traubensilberkerze“:
„In früheren Jahren glaubte man, dass auch Extrakte aus dem Wurzelstock der Traubensilberkerze SERMs enthalten. Heute wissen wir, dass diese Extrakte keine Östrogene, also auch keine SERMs enthalten. Die ohne Zweifel vorhandenen positiven Effekte auf klimakterische Beschwerden werden über nachgewiesene dopaminerge und serotoninerge Prinzipien erklärbar, die im Hypothalamus – dem Ort der Entstehung von Hitzewallungen – wirken. Im Knochen scheinen spezifische Saponine hemmend auf die Entwicklung einer Osteoporose zu wirken, deren Wirkmechanismen noch nicht aufgeklärt sind.“
In der selben Ausgabe der Zeitschrift für Phytotherapie schreibt Prof. Axel Brattström einen Beitrag mit dem Titel „Extrakte aus Cimicifuga racemosa – eine Behandlungsalternative bei Beschwerden der Wechseljahre“. Zitat:
Pflanzenextrakten bei Wechseljahresbeschwerden
„Der Einsatz von Pflanzenextrakten bei Wechseljahresbeschwerden hat zunehmend an Bedeutung gewonnen, wobei die Mehrzahl der Extrakte (Rotklee, Hopfen, Soja und daraus gewonnene Isoflavonpräparate) ihre Wirkungen, zumindest teilweise, über die Bindung an Östrogenrezeptoren erreichen. Die klinische Relevanz dieser Extrakte (»Phytoöstrogene«) ist nicht unumstritten. Wegen der Aktivierung von Östrogenrezeptoren kann mit ihrem Einsatz die Stimulation östrogensensitiver Geschwülste erfolgen.
Abgegrenzt von der Gruppe der Phytoöstrogene ist der Extrakt aus Cimicifuga racemosa zu bewerten. Seine Wirkungen auf die psychischen und vegetativen Befindlichkeiten während der Wechseljahre sind klinisch belegt; sie werden überwiegend über das Zentralnervensystem vermittelt. Durch Östrogen stimuliertes Tumorwachstum wird sogar unterdrückt. Eine mit der klinischen Wirksamkeit verbundene Inhaltsstoffgruppe sind Triterpenglykoside. Es gibt Hinweise, dass mit einer Erhöhung des Gehalts an Triterpenglykosiden im Extrakt auch dessen klinische Wirksamkeit gesteigert wird.“
Kommentar & Ergänzung: Traubensilberkerze & Wechseljahrsbeschwerden
Es zeichnete sich schon längere Zeit ab, dass die Wirkung von Traubensilberkerze gegen Wechseljahrsbeschwerden wie Wallungen nicht auf einer östrogenen Ebene zustande kommt, sondern durch Einwirkung im Hypothalamus. Das dürfte bezüglich der Sicherheit von Cimicifuga-Extrakten bedeutsam sein, vor allem für Frauen mit östrogenabhängigen Tumoren. Festzuhalten ist allerdings, dass es bei den Heilpflanzen-Präparaten aus Traubensilberkerze sehr grosse Qualitätsunterschiede gibt. Es kommt also nicht einfach darauf an, Traubensilberkerze zu nehmen. Wichtig ist auch, in welcher Form.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Kräuterexkursionen in den Bergen / Heilkräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
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