In der Fachzeitschrift „Der Hausarzt“ (2010/14: 31-36) erschien ein Artikel von Dr. med. Berthold Musselmann, Facharzt für Allgemeinmedizn mit Ausbildung in Naturheilverfahren, unter dem Titel „ABC der klassischen Phytotherapie“.
Ein Abschnitt darin handelte von Heilpflanzen-Anwendungen bei Erkältung:
„Die Heilpflanze Pelargonium sidoides hat es wegen ihrer Wirkung bei akuten Atemwegsinfektionen bereits in ein Cochrane-Review geschafft. Rechtzeitig eingesetzt, kann sie die mittlere Zeit der Arbeitsunfähigkeit um etwa zwei Tage verkürzen. Die toxischste Giftpflanze Europas, der Blaue Eisenhut (Aconitum napellus), der das Alkaloid Aconitin enthält, hat selbst in homöopathischer Verdünnung (z.B. D3, also ein Tausendstel des Frischpflanzenpresssaftes) pharmakologische Wirkung gegen Fieber und Gliederschmerzen (persönliche Mitteilung von Prof. Wink, Heidelberg). Die Pflanze steht als Risiko für kleine Kinder nicht selten in deutschen Vorgärten und ist erkennbar an ihren ästhetischen, helmförmigen, blauen Blüten.
Echinacea-Extrakte (Sonnenhut, insbesondere Echinacea purpurea und pallida) für maximal 14 Tage in ausreichender Dosis und Qualität sind präventiv bei Infektanfälligkeit wirksam. In höherer Dosis können sie auch ganz früh bei Beginn einer Erkältung gute Dienste leisten. Qualitativ hochwertige Propolis-Präparate sind ebenso wie Spitzwegerichkraut und Salbei als Therapie im Frühstadium eines grippalen Infekts zu empfehlen.“
Quelle:
http://www.springermedizin.de/abc-der-klassischen-phytotherapie/275054.html
Kommentar & Ergänzung: Heilpflanzen bei Erkältung
Pelargonium sidoides ist auch bekannt unter dem Namen „Umckaloabo“ (Kapland-Pelargonie). Sie gehört zu den Heilpflanzen mit schleimlösender Wirkung bei Bronchitis.
Blauer Eisenhut (Aconitum napellus) ist eine der gefährlichsten Giftpflanzen:
„Typische Vergiftungserscheinungen sind die Taubheit der Körperstellen, die mit der Pflanze in Berührung gekommen sind, bei Einnahme auch Kälteempfindlichkeit, Übelkeit, nervöse Erregung, Herzrhythmusstörungen und Krämpfe sowie in schweren Fällen Lähmungen und Kreislauflähmung bis hin zum Tod.“ (Quelle: Wikipedia)
Kein Wunder, dass sie noch in der niedrigen Verdünnung von D3 (1:1000) Wirkungen entfaltet. In der klassischen Homöpathie wird sie allerdings so stark verdünnt, bis keine pharmakologische Wirkung mehr auftritt. Zum Beispiel:
Aconitum napellus D 6 (1: 1 000 000)
Aconitum napellus D12 (1: 1 000 000 000 000)
Aconitum napellus D 30
(1: 1 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000)
Aconitum napellus C30
Aconitum napellus D 200
Propolis ist Bienenkittharz. Und was ist genau Propolis?
„Propolis (gr. προ pro „vor“ und πόλις pólis „Stadt“, wegen des häufigen Vorkommens an den Fluglöchern von Bienenstöcken), auch Bienenharz, Bienenleim, Bienenkittharz, Kittharz oder Kittwachs genannt, ist eine von Bienen hergestellte harzartige Masse mit antibiotischer und antimykotischer Wirkung. Propolis ist ein Gemisch aus vielen unterschiedlichen Stoffen, deren Zusammensetzung stark variieren kann. Fälschlicherweise wird das Wort Propolis meist mit dem sächlichen Artikel versehen. Es ist jedoch weiblich und heißt die Propolis. Weitere Erzeugnisse der Bienen sind Honig, Wachs, Blütenpollen und Gelée Royale.
Da in einem Bienenstock die Insekten auf engstem Raum bei etwa 35 °C und hoher Luftfeuchtigkeit zusammenleben, herrschen dort ideale Bedingungen für die Ausbreitung von Krankheiten. Deshalb dient Propolis den Bienen zum Abdichten von kleinen Öffnungen, Spalten und Ritzen sowie gleichzeitig dazu, in den Stock eingeschleppte oder vorhandene Bakterien, Pilze und andere Mikroorganismen in ihrer Entwicklung zu hemmen oder sogar abzutöten. Hierzu werden verschiedenste Oberflächen, wie beispielsweise das Innere der Wabenzellen für die Brut, mit einem hauchdünnen Propolisfilm überzogen. Im Bienenstock vorhandene, von den Bienen nicht entfernbare Fremdkörper oder Unrat werden ebenfalls mit diesem Stoff abgekapselt.“ (Quelle: Wikipedia)
Zusammensetzung von Propolis:
„Der Grundstoff wird von Honigbienen als harzige Substanz an Knospen und teilweise an Wunden verschiedener Bäume (hauptsächlich Birken, Buchen, Erlen, Fichten, Pappeln, Rosskastanien und Ulmen) gesammelt (etwa 55 % Naturharz und Pollenbalsam). Weiterverarbeitet, mit etwa 30 % Wachs, etwa 5 % Pollenanteilen, etwa 10 % ätherischen Ölen aus den Blütenknospen und Speichelsekret (Fermenten) angereichert, handelt es sich um ein bei Stocktemperatur klebriges Baumaterial, das oft noch mit Bienenteilen und kleinsten Holzstücken verunreinigt ist.
Harz und Pollenbalsam der Propolis sind reich an Flavonoiden wie beispielsweise Chrysin, Galangin, Pinocembrin, Pinobanksinacetat, Prenylflavonoid, Isonymphaeol-B, Nymphaeol-A, Nymphaeol-B und Nymphaeol-C. Auch Gummi, Phenole (Zimtsäure, Cumarsäure, Kaffeesäure, Ferulasäure, Isoferulasäure) und deren Ester sowie Polysaccharide sind in Propolis enthalten.
Propolis wird am häufigsten im Herbst von den Bienen in den Bienenstock eingebracht, dies ist vom örtlichen Harzangebot des Baumbestandes abhängig. Ein Bienenvolk kann zwischen 50 und 500 g Propolis pro Jahr einbringen.“ (Quelle Wikipedia)
Zur Wirkung von Propolis:
„Propolis soll oxidativem Stress entgegenwirken. Im Tierversuch wurde an Ratten die Bindung reaktiver Sauerstoffspezies („Radikalfänger“) durch Propolis gezeigt. Hierfür werden antioxidativ wirksame prenylierte Flavonoide verantwortlich gemacht.
Die antibiotischen Wirkungen von wässrigen und alkoholischen Propolis-Extrakten sowie einzelner Propolis-Inhaltsstoffe wurden im Agar-Dilutionstest und Agar-Diffusionstest gegenüber gram-positiven und gram-negativen Keimen nachgewiesen. Darüber hinaus wurde eine antivirale Wirkung gegenüber Rhinoviren und Herpesviren im Plaque-Reduktionstest festgestellt. Propolis wirkt wachstumshemmend auf Candida albicans und Hautpilze (Dermatophyten).
Propolis zeigte im Tierversuch an Mäusen bakterizide, antimykotische und virostatische Wirkung. Einige der Wirkungen werden mit denen der Flavonoide für vergleichbar gehalten. Die antibakterielle Wirkung wird Pinocembrin und Galangin, die antimykotische Wirkung Pinocembrin und Kaffeesäureester zugeschrieben.
Propolis soll die Wundheilung fördern. Für die Granulationsförderung werden Apigenin und Luteolin verantwortlich gemacht.
Propolis zeigt cytotoxische Wirkungen, die im Tierversuch an Mäusen, bei denen künstlich Krebstumore eingepflanzt wurden, das Wachstum dieser Tumore zu hemmen vermochten.“
Anwendung von Propolis:
„Propolis wird volks- und alternativmedizinisch in einem breiten Spektrum von Anwendungsgebieten genutzt, wozu verschiedenste Darreichungsformen wie etwa Tinkturen, Salben, Mundwässer, Lutschtabletten und Kapseln zum Einsatz kommen.
Äußerlich wird Propolis vorbeugend und therapeutisch bei Irritationen, Entzündungen und Verletzungen der Haut (Sonnenbrand, kleinere Schnitt- oder Schürfwunden, Ekzeme, medizinische Fußpflege) und Schleimhaut (medizinische Zahn- und Mundhygiene, kleinere Verletzungen im Mundraum, Aphthen, Entzündungen der Analschleimhaut) verwendet. Ethanolische Sprays und Lutschpastillen werden zum Schutz vor Infektionen und zur unterstützenden Behandlung bei leichten Schleimhautentzündungen im Mund- und Rachenraum angewendet. Auch in Pflegeprodukten für Haut und Haare wird Propolis verwendet. Lokal wird Propolis in Einreibungen und Salben zur Linderung rheumatischer Beschwerden benutzt.
Innerlich wird Propolis traditionell zur Stärkung der Immunabwehr und Vorbeugung vor Erkältungskrankheiten der unteren Atemwege (Bronchitis) angewendet.
Bei Tieren findet Propolis als biogenes Mittel zur Vorbeugung von Wurmbefall Anwendung, u. a. bei Hunden, Katzen, Ziervögeln etc.
Problematisch ist das Risiko für die Ausbildung einer Allergie. Insbesondere Kontaktdermatitiden wurden berichtet.“
(Quelle: Wikipedia)
Propolis ist zweifellos ein interessanter Naturstoff. Die antimikrobielle Wirkung ist gut belegt, allerdings ist sie meines Erachtens nur bei lokaler Anwendung überzeugend. Propolis im Frühstadium eines grippalen Infektes zu empfehlen, wie es der Autor des Artikels im „Hausarzt“ tut, setzt eine systemisch-antivirale Wirkung voraus, die sehr unwahrscheinlich ist. Auch für die Wirksamkeit von Spitzwegerichkraut und Salbei im Frühstadium eines grippalen Infektes gibt es keine überzeugenden Hinweise. Spitzwegerich zählt in der Phytotherapie zu den Heilpflanzen gegen Husten, Salbei wird zum Gurgeln gegen Halsschmerzen empfohlen.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Kräuterexkursionen in den Bergen / Heilkräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital:
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
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