Die „Welt“ interviewt Michael Keusgen. Professor für Pharmazeutische Chemie von der Philipps-Universität Marburg, der auf Expeditionen in Afghanistan nach Heilpflanzen sucht.
Hier ein Ausschnitt zum Thema „Pflanzenheilkunde“:
„Frage: Setzen wir in Deutschland zu viel auf Chemie und zu wenig auf Hausmittel und Pflanzenheilkunde?
Keusgen: 70 Prozent unserer Bevölkerung sind pflanzlichen Arzneimitteln gegenüber aufgeschlossen. Durch das Erstattungssystem der Krankenkassen werden aber große Teile pflanzlicher Mittel ausgeschlossen. Ich halte pflanzliche Arzneien aber für viele Bagatellerkrankungen für angebracht. Unser Erstattungssystem ist deutlich zu chemielastig.“
Quelle:
http://www.welt.de/gesundheit/article123629130/Marburger-erforscht-die-afghanische-Hausapotheke.html
Kommentar & Ergänzung:
In der Schweiz ist die Lage der Phytopharmaka meinem Eindruck nach besser als in Deutschland. Bei uns haben pflanzliche Arzneimittel, die ihre Wirksamkeit in Studien plausibel machen können, durchaus eine Chance, von den Krankenkassen via Grundversicherung erstattet zu werden, wenn ein ärztliches Rezept vorliegt. Allerdings wissen viele Patientinnen und Patienten nichts von diesen Möglichkeiten, weil für die entsprechenden Präparate wie generell für kassenpflichtige Medikamenten keine Publikumswerbung zugelassen ist. Ärzte und Ärztinnen können zudem über die Magistralrezeptur viele pflanzlichen Arzneimitttel verschreiben, die via Grundversicherung abgerechnet werden – sie wissen das aber oft nicht.
Die nötigen Informationen dazu zu vermitteln gehört zu den Zielen in meinen Lehrgängen (Phytotherapie-Ausbildung, Heilpflanzen-Seminar).
Sehr unterschreiben kann ich natürlich den Satz:
„Ich halte pflanzliche Arzneien aber für viele Bagatellerkrankungen für angebracht.“
Ob man Medikamente gegen „Bagatellerkrankungen“ über die Grundversicherung abrechnen können soll, finde ich allerdings eher fraglich – egal ob es sich dabei um „chemische“ oder pflanzliche Präparate handelt.
Viele Bagatellerkrankungen heilen auch von selbst und brauchen gar keine Arznei – und sie lassen sich oft lindern mit nichtmedikamentösen Massnahmen oder einfachen Hausmitteln.
Ich bin nicht grundsätzlich dagegen, auch bei Bagatellerkrankungen wie beispielsweise einem Schnupfen die Symptome zu lindern.
Gerade bei Bagatellerkrankungen beobachte ich aber manchmal auch eine Therapieversessenheit, die mit Boden-Luft-Raketen auf Mehlschwalben schiesst.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Heilpflanzenexkursionen in den Bergen / Kräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital:
Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch
Schmerzen? Chronische Erkrankungen? www.patientenseminare.ch