Echinacea-Präparate gehören zu den beliebtesten Naturheilmitteln zur Vorbeugung und Behandlung von Erkältungskrankheiten.
Die „Zeitschrift für Phytotherapie“ veröffentlichte vor kurzem eine informative Bestandesaufnahme der aktuellen wissenschaftlichen Literatur zu Echinacea (eFirst, 16. Mai 2014). Die Autorin Karin Ardjomand-Woelkart arbeitet am Institut für Pharmazeutische Wissenschaften der Universität Graz (Prof. Dr. Rudolf Bauer), einem „Kompetenzzentrum“ in Sachen Echinacea.
Nachfolgend ein paar Zitate aus der Zusammenfassung mit anschliessendem Kommentar:
– Zum Wirkungsmechanismus von Echinacea:
„Trotz zahlreicher neuer Untersuchungen kann die therapeutische Wirkung von Echinacea nicht eindeutig einer bestimmten Komponente zugeschrieben werden. Allerdings deuten die jüngsten Daten darauf hin, dass die Alkamide eine sehr wichtige Rolle spielen. Sie besitzen zahlreiche immunmodulatorische und entzündungshemmende Eigenschaften und binden an CB2-Rezeptoren. Dies könnte ein Wirkungsmechanismus im Sinne eines Infektions-Mimiking bedeuten. Die Tatsache, dass für Echinacea-Alkamide auch die Bioverfügbarkeit nachgewiesen wurde und pharmakologisch relevante Blutspiegel erreicht werden, macht sie noch mehr zu klinisch hoch relevanten Inhaltsstoffen und eine entsprechende Standardisierung von Präparaten ist gerechtfertigt.“
Kommentar:
Der Weg bis zur Identifizierung der relevanten Wirkstoffe ist bei Phytopharmaka häufig lang. Viele Heilpflanzen enthalten eine ganze Reihe von Inhaltstoffen, die für eine bestimmte Wirkung in Frage kommen. Und die Einschätzung, welche Substanzen für die Wirksamkeit relevant sind, ändert sich im Verlaufe der Forschungsaktivitäten nicht selten grundlegend. Bei Echinacea konzentriert sich das Interesse seit längerem bereits auf die Alkamide.
Diese Forschungsaktivitäten sind wichtig, unter anderem, weil es ganz unterschiedlich zusammengesetzte Echinacea-Präparate gibt. Kennt man die entscheidenden Wirkstoffe, können die Produkte entsprechend optimiert werden.
– Zur klinischen Studienlage (Patientenstudien)
„Die klinische Studienlage ist bei Echinacea-Präparaten immer noch nicht zufriedenstellend. Es deuten zwar viele Studien auf eine Wirksamkeit hin, insbesondere bei Zubereitungen aus den oberirdischen Teilen von E. purpurea, aber wegen der unterschiedlichen Zusammensetzung der verwendeten Zubereitungen sind die Ergebnisse der Studien widersprüchlich. In Zukunft sollten klinische Studien mit klar definierten Produkten gemacht werden.“
Kommentar:
Die Unterschiedlichkeit der untersuchten Präparate ist für die Echinacea-Forschung ein grosses Problem. Jedes positive oder negative Studienresultat gilt genau genommen nur für das untersuchte Präparat und nicht generell für „Echinacea“. Man kann also aufgrund einer einzelnen Studie nicht sagen „Echinacea ist wirksam“ oder „Echinacea wirkt nicht“, wie das in den Medien manchmal dargestellt wird.
Man kann nur sagen: Die Echinacea-Zubereitung XY ist unter diesen Studienbedingungen wirksam (oder unwirksam).
Entscheidend in der klinischen Forschung sind Metaanalysen (siehe dazu Wikipedia), bei denen mehrere Studien zusammenfassend bewertet werden.
Bei Metaanalysen sollten aber möglichst vergleichbare Produkte verglichen werden. Die grossen Unterschiede zwischen den in Studien untersuchten Echinacea-Präparaten ist auch für Metaanalysen ein Problem.
Diese Hürden gibt es in der Phytopharmaka-Forschung auch bei anderen Heilpflanzen, nicht nur bei Echinacea. Ein weiteres Beispiel ist die Preiselbeer-Forschung. Auch die im Handel befindlichen Preiselbeer- / Cranberry-Produkte unterscheiden sich sehr stark in ihrer Herstellungsweise und Zusammensetzung.
Da hat es die Forschung mit synthetischen Wirkstoffen wie beispielsweise Mefenacid viel einfacher, weil es sich dabei um eine chemisch eindeutig festgelegte Substanz handelt. Alle Patientenstudien zu Mefenacid sind daher für Metastudien vergleichsweise sehr einfach zusammenfassend bewertbar.
– Zu Potenzial bezüglich Interaktionen (Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten) und Nebenwirkungen von Echinacea-Präparaten:
„Das Nebenwirkungs- und Interaktionspotenzial von Echinacea-Präparaten ist nicht besorgniserregend. Kontraindikationen bei Autoimmunerkrankungen sind substanziell nicht gerechtfertigt. Die Vorsichtsmaßnahme, „Echinacea“ nicht bei atopischen Patienten zu verwenden, ergibt sich aus der allgemein bekannten Allergenität gegen Pollen-Proteine von Korbblütlern. Ein besonderes Risiko für Kinder über einem Jahr ist nicht dokumentiert.“
Kommentar:
In der Phytotherapie-Fachliteratur wird bei Echinacea als Kontraindikation in der Regel „Autoimmunkrankheiten“ aufgeführt – aus Sicherheitsüberlegungen, und meines Wissens ohne dass jemals in dieser Hinsicht Schäden bekannt geworden wären. Ein Immunsystem, das schon aus dem Gleichgewicht ist, soll nicht noch weiter stimuliert werden, so vereinfacht gesagt die dahinterstehende Überlegung.
Obwohl für Kinder über einem Jahr kein Risiko durch Echinacea bekannt ist, stellt sich die Frage, ob die Anwendung bei kleinen Kindern Sinn macht. Die normalen Infekte im frühen Kindesalter dienen dem Training des Immunsystems. Unter normalen Umständen würde ich nicht mit einem Immunstimulans in dieses Training eingreifen.
Quelle der Zitate:
Zeitschrift für Phytotherapie, DOI: 10.1055/s-0034-1381286
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
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