Pflanzliche Fertigarzneimittel (Phytopharmaka) werden fast immer mit der Heilpflanze identisch gesehen, obwohl diese nur der Rohstoff ist. Der eigentliche Wirkstoff sei jedoch der Extrakt, betonte Professor Dr. Theo Dingermann von der Universität Frankfurt am Main an einer Pressekonferenz des «Komitee Forschung Naturmedizin» (KFN) in München. Dingermann sprach sich für mehr Transparenz im Phytomarkt aus. Nur wenn für ein Phytopharmakon extraktspezifische Studien vorliegen, könne man erkennen, ob das Präparat zuverlässig wirkt.

Der Markt der pflanzlichen Arzneimittel sei extrem heterogen. Selbst der Fachmann könne nicht ohne weiteres erkennen, ob für ein Arzneimittel eigene Studien und Wirksamkeitsnachweise vorliegen.

Hochwertige klinische Studien seien nur sinnvoll, wenn der pharmazeutische Hersteller klar definierte Extrakte oder Spezialextrakte entwickelt hat, erklärte Apotheker Dingermann. Spezialextrakte aus Pflanzen, die nach einem strikt einzuhaltenden spezifizierten Prozess produziert werden, sind durch einen Produktcode, beispielsweise EGb761, STW 3-VI oder BNO 1055, eindeutig erkennbar. Nur wenn solche Extrakte in klinischen Studien eingesetzt werden, könne man die erhaltenen Studienresultate zuverlässig auf künftige Produktchargen übertragen. Um mehr Transparenz im Phytomarkt zu schaffen, plant das KFN ein aktualisiertes «Kompendium Phytopharmaka» mit Phytopräparaten, zu denen veröffentlichte eigene klinische Studien vorliegen.

Quelle:

http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=57468

Kommentar & Ergänzung:

Prof. Dingermann spricht hier einen wichtigen Punkt an, der von Laien – aber auch von vielen Fachleuten – oft übersehen wird: Die Bedeutung der Arzneiform in der Phytotherapie. Wenn man es nämlich genau nimmt, dann kann man nicht sagen: Baldrian wirkt gegen Schlafprobleme, oder Johanniskraut gegen Depressionen. Man müsst immer noch dazu sagen, in welcher Form. Als Kräutertee? Pflanzentinktur? Fluidextrakt? Trockenextrakt? Frischpflanzensaft?

Wird die Heilpflanze Johanniskraut zu einer dieser Arzneiformen verarbeitet, so kommen unterschiedliche Ergebnisse heraus. Die verschiedenen Arzneiformen wirken nicht identisch, die Wirkungen unterscheiden sich mehr oder weniger.

Ob man das nun bedauert oder nicht: Valide klinische Studien gibt es in der Phytotherapie fast nur für standardisierte Extrakte, wie sie Prof. Dingermann oben beschreibt. Sie lassen sich patentieren und dadurch lohnt es sich für einen Hersteller, in die Forschung zu investieren. Durch die Standardisierung der Extrakte versuchen die Hersteller aber vor allem auch, die oft stark schwankenden Wirkstoffgehalte in den Heilpflanzen so weit wie möglich in den Griff zu bekommen. Dadurch soll ein Präparat entstehen, das konstante, über die Zeit vergleichbare Wirkungen zeigt.

Meine langjährige Erfahrung als Dozent für Phytotherapie zeigt mir immer wieder, wie wichtig es ist, dass Lernende die verschiedenen Arzneiformen genau verstehen. Die Qualität der verschiedenen „Kräuterpräparate“ ist sehr unterschiedlich. Wer sie beurteilen kann, erkennt diese Unterschiede und lässt sich weniger von cleverem Marketing blenden.

 

Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde

Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz

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