„Phytotherapie ist plausibel, denn pflanzliche Mittel enthalten pharmakologisch aktive Inhaltsstoffe. Die Wirkung einiger Phytopharmaka ist recht gut durch klinische Studien belegt.“
Quelle:
http://praxis.medscapemedizin.de/artikel/4900614
Kommentar & Ergänzung:
Das Zitat stammt aus einem Interview mit Prof. Dr. med. Edzard Ernst auf dem Portal „medscapemedizin.de“.
Edzard Ernst ist emeritierter Professor für Alternativmedizin der Universität Exeter (Grossbritannien) und hat komplementäre Therapien mit wissenschaftlichen Methoden untersucht.
Der Aussage von Prof. Ernst kann ich nur zustimmen – natürlich. Phytotherapie basiert auf der Wirkung pharmakologisch aktiver Inhaltsstoffe.
Deshalb gibt es meines Erachtens auch keinen plausiblen Grund, Phytotherapie zur Komplementärmedizin zu zählen, wie das heute oft unreflektiert gemacht wird. Phytotherapie gehört am ehesten zur klassischen Naturheilkunde und ist damit ein (randständiger) Bereich der Medizin.
Siehe dazu auch:
Gehört Phytotherapie zur Komplementärmedizin?
Und ja:
„Die Wirkung einiger Phytopharmaka ist recht gut durch klinische Studien belegt.“
Das heisst aber auch:
Die Wirkung einiger Phytopharmaka ist nur schwach oder gar nicht durch klinische Studien belegt. Was heisst das nun?
Wir müssen einen sorgfältigen Umgang finden mit solchen Phytopharmaka, die nur schwach oder gar nicht klinisch belegt sind. Man kann nicht davon ausgehen, dass solche Präparate zum Vorneherein unwirksam sind. Vielleicht fehlt nur einfach das Geld für hochwertige Forschung, die zu verlässlichen Ergebnissen führt.
Meines Erachtens darf man auch Phytopharmaka anwenden oder empfehlen, die nur schwach oder gar nicht durch klinische Studien belegt sind. Eine plausible Begründung für die Anwendung zum Beispiel aufgrund von Wirkstoffen würde ich aber voraussetzen.
Allerdings sollte man sich oder anderen keine Sicherheit punkto Wirksamkeit vorspiegeln, die bei solchen Präparaten nicht vorhanden ist.
Es geht dabei um Transparenz. Ich muss wissen, auf welchem Boden ich mit einer Heilpflanzen-Anwendung stehe und dann kann ich entscheiden, ob ich ein Präparat anwende, auch wenn die Wirkung nicht durch Studien gesichert ist.
Wer Arzneimittel verkauft, empfiehlt oder verschreibt, sollte diese Transparenz gegenüber den Patientinnen und Patienten bieten können und nicht eine Sicherheit versprechen, wenn es sie nicht gibt. Es ist wichtig, auch mit unvollständiger Gewissheit umgehen zu können – unter anderem nur schon deshalb, weil die Gewissheit oft deutlich kleiner ist, als wir uns das vorstellen und gerne hätten.
An drei Punkten wäre es aber wichtig, möglichst hohe Gewissheit zu haben und auf Belegen für die Wirksamkeit auf der Basis von klinischen Studien zu bestehen:
- Über die Grundversicherung der Krankenkassen sollen nur Präparate abgerechnet werden können, deren Wirksamkeit mit hohem Evidenzlevel belegt ist. Andernfalls könnte man alles und jedes über die Grundversicherung abrechnen.
- Wenn das Präparat entscheidend ist für die Behandlung einer gefährlichen Krankheit. In solchen Situationen sollten Therapien bevorzugt werden, deren Wirksamkeit möglichst gut belegt ist.
- Wenn das Präparat sehr teuer ist. Es gibt viele teuer verkaufte Naturheilmittel, die weder plausibel noch in ihrer Wirksamkeit belegt sind. Da liegt der Verdacht auf Abzocke einfach nahe.
Phytopharmaka sind interessante Arzneimittel – wenn man sich kritisch, jedoch ohne Vorurteile mit ihnen auseinandersetzt.
Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz
Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
Kräuterwanderungen in den Bergen / Kräuterkurse
Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital:
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