Wieder hat eine Pharmafirma mit Werbeaussagen für ein Medizinprodukt die Grenzen des Zulässigen überschritten: Die Firma Omega darf nach einem Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm (OLG) nicht mehr behaupten, sein „Abtei Husten Saft Eibisch und Honig“ wirke gegen alle Arten von Husten.
Der Abtei-Saft enthält als wirksame Bestandteile 250 mg Eibisch-Trockenextrakt und 750 mg Honig pro 15 ml. Reizlindernd sei die Anwendung sowohl bei trockenem Reizhusten, als auch bei produktivem Husten, behauptet Omega auf der Verpackung.
Gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse für die behauptete Reizlinderung liegen aber laut OLG allenfalls für trockenen Reizhusten vor. Die Richter verweisen auf eine entsprechende Publikation des Ausschusses für pflanzliche Arzneimittel (HMPC) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA), in der dem Eibisch eine Wirkung bei der Behandlung von Reizungen im Mund- und Rachenraum und damit verbundenem trockenem Reizhusten zugesprochen wird.
Belegt ist der Effekt nach Ansicht des OLG dagegen nicht bei produktivem Husten, geschweige denn bei „allen Hustenarten“. Veröffentlichungen, die der Hersteller präsentiert hatte, genügten nicht den Anforderungen, zumal sie weder den konkreten Saft noch dessen Hauptbestandteil Eibisch zum Gegenstand hatten. Deshalb wurden die Aussagen als irreführend verboten.
Hersteller Omega war vom Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) abgemahnt worden, hatte die verlangte Unterlassungserklärung aber mit der Einschränkung abgegeben, dass Aussagen zur Reizlinderung in den oberen Atemwegen weiter zulässig sein sollten. Dies beurteilten die Richter schon pharmazeutisch als widersprüchlich, da bei produktivem Husten der Reiz ja in den tieferen Atemwegen ausgelöst werde.
Quelle:
https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/markt/abtei-wirkt-nicht-bei-jedem-husten-erkaeltungsmittel/
Kommentar & Ergänzung:
Pharmafirmen geht mit ihren Werbeaussagen immer wieder mal an die Grenze des zulässigen oder darüber hinaus. Das gilt natürlich nicht nur für Hersteller von synthetischen Medikamenten, sondern genauso für pflanzliche Arzneimittel (Phytopharmaka), andere Naturheilmittel, Homöopathika, Anthroposophika oder was auch sonst immer.
Wer solche Präparate einsetzt oder einnimmt, sollte deshalb den Werbeaussagen nicht fraglos glauben.
Doch wie trennt man die Spreu vom Weizen und beurteilt die Glaubwürdigkeit von Aussagen und Versprechungen?
Hier finden Sie eine Checkliste mit 14 Prüfsteinen:
Naturheilkunde: Woran erkennen Sie fragwürdige Aussagen?
Wie man die Glaubwürdigkeit von Aussagen und Versprechungen prüft, können Sie auch lernen in den untenstehenden Lehrgängen:
Wer sich vertieftes Wissen über Wirkstoffe und Heilpflanzen-Anwendungen erwerben möchte, kann das in meinen Lehrgängen, dem Heilpflanzen-Seminar und der Phytotherapie-Ausbildung.
P.S.: Dass sich ein Gericht mit derart detaillierten Fachfragen befassen muss, ist eindrücklich und die Begründung der Entscheidung ist aus phytotherapeutischer Sicht nachvollziehbar.
In der Schweiz fehlt meinem Eindruck nach eine Instanz wie der VSW, die unhaltbare Werbeaussagen vor Gericht klärt. Auch bei uns werden nämlich viele Arzneimittel und Medizinprodukte mit fragwürdigen Versprechungen vermarktet.