Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung suchen nach neuen Ansätzen gegen Antibiotikaresistenzen. Dabei fanden sie Hinweise darauf, dass ein natürliches Antioxidans aus Grüntee die Empfindlichkeit von Bakterien für ein Antibiotikum wiederherstellen könnte.
Bei dem Wirkstoff handelt es sich um Epigallocatechingallat (EGCG), das im Grüntee in beachtlichen Mengen vorkommt. Die Wissenschaftler prüften, ob EGCG die Wirkung eines Antibiotikums auf das Wachstum des Bakteriums Pseudomonas aeruginosa beeinflusst. Dabei konnten sie zeigen, dass der antibiotische Wirkstoff Aztreonam die Bakterienvermehrung stärker hemmt, wenn EGCG mit im Kulturmedium enthalten ist.
Diese Wirkung konnte sowohl in vitro (im Reagenzglas) wie auch in vivo (in lebenden Organismen) nachgewiesen werden: Dazu behandelten die Wissenschaftler Wachsmottenlarven mit dem Antibiotikum und fügten teilweise EGCG hinzu. Auch hier ließ sich der synergistische Effekt feststellem, wenn beide Substanzen verabreicht wurden. Naturstoffe wie EGCG, die mit schon erprobten Antibiotika kombiniert werden, könnten demnach eine wichtige Möglichkeit sein, um die Lebensdauer eines Antibiotikums zu verlängern. Worauf genau dieser synergistische Effekt basiert, ist noch ungeklärt. Die Forscher wollen die Substanz daher nun weiterentwickeln, um den genauen Wirkmechanismus heraus zu finden.
Die Behandlung einer Infektion mit Pseudomonas aeruginosa gestaltet sich schwierig: Das Bakterium kann schwere und lebensbedrohliche Lungeninfektionen und Blutvergiftungen auslösen. Da es resistent gegen zahlreiche antibiotische Wirkstoffe ist, wird es oft mit Aztreonam behandelt. Doch auch gegenüber Aztreonam zeigen sich zunehmend Resistenzen. Pseudomonas aeruginosa ist extrem anspruchslos, was seine Umgebungsbedingungen angeht: Es kann sowohl in feuchter, wie auch in trockener Umgebung lange überleben. Patientinnen und Patienten mit einer geschwächten Immunabwehr werden besonders oft befallen.
Quelle:
https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/pharmazie/gruener-tee-gegen-antibiotikaresistenzen-infektionen/
Kommentar & Ergänzung:
Sehr interessanter Ansatz. Allerdings sind Effekte in Wachsmottenlarven nicht einfach 1:1 auf die Situation einer Infektion im menschlichen Organismus übertragbar. EGCG wird zwar aus dem Verdauungstrakt in den Körper aufgenommen, aber es stellt sich beispielsweise die Frage, ob eine ausreichend hohe Konzentration im Gewebe erreicht werden kann. Wachsmottenlarven kann man möglicherweise in EGCG fast «ersäufen».
Dass die Wissenschaftler die Substanz weiterentwickeln wollen, hat vielleicht weniger mit dem Erkennen des Wirkmechanismus zu tun, als mit den Chancen für eine Patentierung. EGCG als Naturstoff ist keine Erfindung und kann daher so nicht patentiert werden. Für weitere und wesentlich teurere klinische Forschung brauchen die Wissenschaftler wohl Industriepartner für Finanzierung. Solche Investitionen sind für Pharmafirmen aber nur interessant, wenn das Endprodukt patentierbar ist. Nur so lässt sich der Forschungsaufwand wieder einspielen. Selbst wenn diese Grüntee-Forschung erfolgreich sein sollte, werden wir also kaum einfach EGCG oder gar Grüntee zu uns nehmen, um die Wirksamkeit von Antibiotika zu verbessern. Es wird dann allenfalls ein patentiertes Pharmaprodukt auf den Markt kommen.
Diese Experimente am Deutschen Institut für Infektionsforschung zeigen aber, dass in Naturstoffen wie EGCG grosses Potenzial liegt.
Zur Wirkung von Grüntee habe ich eine Reihe von Beträgen publiziert. Eine Zusammenstellung dazu finden Sie im Heilpflanzen-Infoportal: Grüntee
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